Erste assoziative Gespräche im ökologischen Obstbau

Bericht von Jutta Kienzle, FÖKO-Beraterin, und Wolfgang Ritter, Bio-Verbraucher e.V.

Der ökologische Obstbau in Deutschland sieht sich vor große Herausforderungen gestellt.

Im konventionellen Obstanbau wird den Bauern der Erzeugerpreis von den fünf großen Einzelhandelsketten in Europa (Schwarz (= Lidl/Kaufland), Aldi, Metro, Edeka, REWE) diktiert. Diese diktierten Preise sind oft nicht ausreichend, um langfristig überleben zu können. Immer mehr konventionelle Erzeuger suchen deshalb ihr Heil im Bio-Anbau, wo bisher noch anständig bezahlt wird und stellen um – auch in anderen Regionen Europas. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, kann aber auch sehr schnell zu einer Konventionalisierung des Bio-Anbaus führen, da die Vermarktung der zusätzlichen Bio-Äpfel wohl vor allem über die Einzelhandelsketten erfolgen wird. Dabei besteht das Risiko, dass der Bio-Apfelanbau in die gleiche Preisdruck-Spirale gerät wie der konventionelle Anbau – mit sehr negativen Konsequenzen für das Anbausystem.

Durch das konventionelle Apfelangebot sind die Kunden nicht nur in Bezug auf die Verkaufspreise verwöhnt, sondern auch in Bezug auf die äußere Qualität. Konventionelle Erzeuger setzen chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel nicht nur für die Pflanzengesundheit ein, sondern auch für ein makelloses Aussehen ihrer Produkte. Um in der äußeren Qualität einigermaßen mithalten zu können, sehen sich die biologisch arbeitenden Obsterzeuger in Deutschland immer stärker gefordert, dies nun – wenn auch mit zugelassenen Biomitteln – ebenfalls zu tun. Dies widerspricht aber dem Grundgedanken des Bio-Anbaus, solche Mittel nur dann einzusetzen, wenn es zwingend notwendig ist. Einträge in die Umwelt sollten auch mit zugelassenen Bio-Mitteln (z.B. Kupfer), so weit wie möglich reduziert bleiben. Man steht also vor der Frage: Wie groß ist die Toleranz der Verbraucher, wenn biologisch erzeugte Äpfel keine perfekte Oberfläche aufweisen?

„Die Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V.“ (FÖKO) arbeitet seit 2004 an der Weiterentwicklung des Bio-Anbausystems, an Strategiefragen zur Gesunderhaltung der Pflanzen im Hinblick auf die Grundprinzipien des Ökolandbaus in Deutschland. Vertreter der Obstbauern, Wissenschaftler und Berater kamen nun zu der Einsicht, dass das Konzept zur Gesunderhaltung der Kulturpflanzen im ökologischen Obstbau eigentlich als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden müsse und bei künftigen Beratungen der Verbraucher miteinbezogen werden sollte. Das Zukunftskonzept dürfe nicht nur auf den Maßnahmen basieren, die in den Betrieben durchgeführt werden, sondern auch darauf, ob Verbraucher höhere Preise akzeptierten und welche Kriterien sie an die innere und äußere Qualität anlegten.

Am 5. und 6. Dezember 2017 fand ein erstes assoziatives Gespräch statt. Die FÖKO hatte Bio-Obsterzeuger aus allen Regionen Deutschlands, „Bündler“ (=Firmen, die das Obst bei kleineren Erzeugern abholen und zu den Zentrallagern bringen), Händler und Verbraucher nach Kassel eingeladen, um ihre Sicht auf Bio-Obst-Qualität und –Preise einzubringen. Die Verbraucher waren durch Slow Food und den Bio-Verbraucher e.V. vertreten.

Die Stellungnahmen, die Wolfgang Ritter für den Bio-Verbraucher e.V. abgab, basierten auf einer von ihm im November 2017 durchgeführten Blitzumfrage zum Apfelkauf. Die Ergebnisse dazu sind in diesem Info-Brief in der Rubrik 7/ Verbrauchermeinung dargestellt. Die Ergebnisse der Beratungen in Kassel werden derzeit von FÖKÖ ausgewertet und sollen in einem Strategiepapier münden. FÖKO und der Bio-Verbraucher e.V. sind nun Partner und werden künftig zusammen arbeiten. Wir werden weiter berichten.