Der Regenwurm als Helfer beim Humusaufbau

Bericht von Wolfgang Ritter von der Demeter- Herbsttagung am 25. Oktober 2015 im Rudolf Steiner Haus Nürnberg
Im Jahr des Bodens hatten die Organisatoren drei Referenten zum Thema „Humusbildung – bedeutend für den biologischen Landbau“ eingeladen.

Dr. Johannes Fetscher von der Heydenmühle, Werkstatt für behinderte Menschen in Ötzberg, sprach neben zwei weiteren Referenten über seine „Erfahrungen mit nachhaltigem Humusaufbau in einem Gartenbaubetrieb“. Der Referent hat mir freundlicherweise sein Manuskript zur Verfügung gestellt; ich gebe im Folgenden eine Zusammenfassung daraus.

Naturprinzip: „Alles, was nicht als Nahrung für Pflanze, Tier und Mensch verbraucht wird, kehrt in den Naturkreislauf zurück und wird zu Humus“. Er enthält die Nahrung für die Pflanzen. Fetscher berichtete zunächst von einem sehr beeindruckenden Erlebnis während seiner Zeit als Demeter-Berater in Nordrhein-Westfalen (1978-92).

Ein Betrieb hatte das Vieh abgeschafft und versorgte seine Böden mit Zwischenfrüchten. Nach der Wintergerste säte er im Juli ein vielseitiges Leguminosen-Gemenge aus und hatte dadurch ungeheure Mengen organischer Substanz, die er im Spätherbst häckselte und aufs Feld ausbrachte. Dann säte er einen frühen Hafer. Das funktionierte hervorragend: Der Boden wurde mit über 100 Punkten bewertet und der Hafer hatte traumhafte Hektoliter-Gewichte. Landwirt und Müller waren glücklich. Bei Bodenproben fielen die vielen schwarzen Regenwurmkanäle in dem gelben Lößlehm auf. Der Zwischenfruchtanbau war ein richtiger Vorstoß zur Belebung des Unterbodens.

20 Jahre später richtete Fetscher im eigenen Gartenbaubetrieb ein zweijähriges Luzerne- Klee-Gras-Gemenge in einer achtgliedrigen Fruchtfolge ein – und hatte ähnlich gute Erfolge. Jetzt begann er sich relativ intensiv für das Leben und Arbeiten der Regenwürmer zu interessieren und teilte die Ergebnisse seiner Forschungen anschaulich mit den Zuhörern der Herbsttagung. Fazit: Der Regenwurm ist ein wichtiger Helfer zum Aufbau von humusreichen Böden. Man muss ihm genügend Nahrung bieten: Mulchen mit gehäckselten Pflanzenresten, wie oben angeführt, ist ein guter Weg. Man kann aber auch Heu einsetzen. Außerdem spart man durch die Bodenbedeckung viel Hackarbeit und Wasser.

Im Jahr 2008 führte Fetscher einen Versuch durch, um zu erforschen, ob man mit Hilfe der Regenwürmer den Humusaufbau auch in tieferen Erdschichten erreichen kann. Dazu wurden zwei Beete eingerichtet, eines mit und eines ohne Kompost- bzw. Mulchauflage. Ergebnis: Die Würmer haben sich innerhalb von fünf Jahren durch die Gabe von einem Kilogramm Heu pro Quadratmeter verfünffacht. Statt 100 Würmer pro Quadratmeter wurden jetzt 500 Würmer gezählt. Auf dem Beet mit Mulchauflage gab es jetzt in 1,5 m Tiefe fast doppelt so viele Wurmröhren mit Humustapete als ohne Bodenbedeckung.

Dieser Helfer des Bio-Landwirts ist fünf Gefahren ausgesetzt: gefressen zu werden, auszutrocknen, die Wohnröhre zu verlieren, durch Agrarchemikalien vergiftet zu werden und zu verhungern. Das Verhungern ist neben dem Verlust der Wohnröhre durch Bodenbearbeitung nach Fetschers Erfahrung die häufigste Todesursache. Die beobachteten Lumbriciden leben etwa 10 bis 12 Jahre in derselben Röhre, werden etwa 15 g schwer und bis zu 30 cm lang. Je kräftiger der Wurm wird, umso tiefer kann er graben und damit die Bodenfruchtbarkeit mit seinem Tapetenbau nach unten tragen. Zwei Fütterungen pro Jahr sind nötig: je ein bis zwei kg pro Quadratmeter im Sommer und Winter.

Bundesverdienstkreuz für Felix Prinz zu Löwenstein
Der Bio-Verbraucher e.V. hat dem Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zur Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz mit folgenden Worten gratuliert: Sie haben das Thema Ökolandbau in der Mitte der Gesellschaft platziert und mit Ihrem Buch Food Crash klar gemacht, dass nur durch ihn die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden kann. Löwenstein hat geantwortet bedankt sich wie folgt bei uns:

Sehr geehrter Herr Ritter, herzlichen Dank für die Glückwünsche!
Als der Brief mit der Mitteilung kam, dass ich das BVK bekommen soll, hat mich das völlig
unerwartet erwischt. Ich weiß jetzt, dass daran schon seit 4 Jahren gewerkelt worden war…
Weil mir so etwas noch nicht passiert ist, war ich etwas unsicher, wie man damit umzugehen hat. Mir ist aber schnell klar geworden, dass es sich hier nicht um eine Privatangelegenheit handelt, sondern dass diese Auszeichnung öffentlich genutzt werden muss. Ich bin ja nicht der erste aus unseren Reihen, der etwas Vergleichbares bekommt, und jedes Mal, wenn das bislang passiert ist, fand ich das hoch erfreulich. Eine Gesellschaft hat solche Zeichen, um zu unterstreichen, was ihr wichtig ist. Wenn Protagonistinnen und Protagonisten des Ökolandbaus auf eine solche Weise geehrt werden, dann heißt das: „Ökolandbau ist der Gesellschaft wichtig. Deshalb muss man Menschen, die sich für ihn einsetzen, hervorheben.“ Dass diese Botschaft nicht ganz selbstverständlich ist, erlebe ich in der Diskussion immer wieder. Bauernverband oder Agrarindustrie und ihre politischen Unterstützer werden nicht müde zu erklären: „Ökolandbau ist eine ökonomische Nische und in dem Maß, in dem der Verbraucher seine Produkte haben will, soll er stattfinden.“

Wegen dieser Funktion der Auszeichnung ist es keineswegs nur eine Floskel, dass sie auch all den anderen Menschen gilt, die sich für den Ökolandbau engagieren. Da gibt es ja viele und unter ihnen nicht wenige, die es schon länger und unter sehr viel heroischerem Einsatz tun, als ich. Es liegt halt in der Natur der Sache, dass die im Rampenlicht geehrt werden, die dort ohnehin schon stehen. Im Übrigen kann mein eigenes Engagement ja nur stattfinden, wenn es Spaß macht. Und ein sehr wesentlicher Grund, weshalb es mir Spaß macht, sind die vielen wunderbaren mitstreitenden Menschen, denen ich ständig begegne bei irgendwelchen Versammlungen, Vorträgen oder in der politischen Arbeit. Auch deshalb sollten wir uns alle gemeinsam ausgezeichnet fühlen – im doppelten Wortsinn!
Herzliche Grüße
Felix Prinz zu Löwenstein