Mit Bio zu einer modernen nachhaltigen Landwirtschaft

Ein Diskussionsbeitrag zum Öko- oder Biolandbau 3.0 von Vertretern der Organisationen Bio Austria, Bioland, Bio Suisse, Naturland und dem Forschungsinstitut für den biologischen Landbau (FiBL) vom 30.09.2015/ Auszug
Die vier Prinzipien der IFOAM bilden den Rahmen für Bio 3.0
Bei der Diskussion um den Bio- oder Ökolandbau der Zukunft stehen die Prinzipien der Internationalen Vereinigung biologischer Landbauorganisationen (IFOAM) an oberster Stelle. Die vier Prinzipien sind das Prinzip der Gesundheit, das Prinzip der Ökologie, das Prinzip der Gerechtigkeit und das Prinzip der Sorgfalt (IFOAM, 2015). Es wird die Aufgabe von Bio 3.0 sein, diese Prinzipien mit Hilfe von Indikatoren und Messgrößen zu konkretisieren. Zu den wichtigsten Elementen der IFOAM-Prinzipien gehören 1. der ganzheitliche Systemansatz, 2. die geschlossenen Kreisläufe, 3. die ausschließliche Verwendung von Naturstoffen als Betriebsmittel, 4. die konsequente Berücksichtigung des Tierwohls und 5. die hohe Unabhängigkeit und der Selbstbestimmungsgrad der landwirtschaftlichen Betriebsleiter.
1. Der ganzheitliche Systemansatz wird in keiner landwirtschaftlichen Methode so bewusst thematisiert und von der Praxis angewandt wie im Biolandbau. Die meisten politischen und ökonomischen Maßnahmen der Agrarförderung und auch die Vorschriften und Empfehlungen der vielen Nachhaltigkeitslabel sind in der Regel entweder sektoriell oder produktionszweigbezogen. Sie umfassen selten die Produktionsmaßnahmen, den Betrieb oder die Wertschöpfungskette umfänglich. Eine Industrialisierung des Anbaus zum Zwecke ökonomischer Skaleneffekte und stark vereinfachter Vermarktungs- und Logistikstrukturen kommt für den Ökolandbau nicht in Frage.
2. Die Schließung von Kreisläufen durch die enge Verbindung zwischen Pflanzenbau und Tierhaltung ist ein weiteres spezifisches Merkmal des Ökolandbaus, das in Zukunft gestärkt werden muss. Studien haben gezeigt, dass die gemischten Betriebe die wirkungsvollste Maßnahme sind, um die Eutrophierung der Umwelt mit Stickstoff und Phosphor zu vermeiden. Der Ökolandbau der Zukunft basiert immer auf Kreisläufen, welche einzelbetrieblich durch den klassischen Ansatz des gemischten Betriebs oder regional durch Betriebskooperationen geschlossen sind. In Zukunft ist auch der geschlossene Kreislauf mit den Verbrauchern und der Gesellschaft anzustreben.
3. Die Basierung auf Naturstoffen ist kein dogmatischer, sondern ein fachlich untermauerter Ansatz, welcher im Bio 3.0 noch konsequenter umgesetzt werden soll. Vor allem in den gartenbaulichen Sonderkulturen (speziell Wein, Obst, Beeren, Gemüse, Kartoffeln, Hopfen, Oliven, Nüsse, Zierpflanzen) funktionieren vorbeugende und systembezogenen bäuerliche Maßnahmen ungenügend, um die Erträge auf einem hohen Niveau zu halten und große jährlich Ertragsschwankungen zu vermeiden. Neben der Pflanzenzüchtung mit Schwerpunkt Resistenz oder zumindest Toleranz hat deshalb der biologische Pflanzenschutz einen hohen Stellenwert. Die wissenschaftlichen Meta-Analysen der Faktoren, welche auch im Ökolandbau gute Erträge garantieren, zeigt, wie wichtig die gute Kontrolle von Schädlingen und Pflanzenkrankheiten ist.
4. Das Wohl der Nutztiere ist ein entscheidendes Element der IFOAM-Prinzipien. Es soll bei Bio 3.0 noch höher gewichtet werden als dies bisher im Biolandbau geregelt war. Dies ist auch deshalb sehr wichtig, weil Tiere zu einem nachhaltigen System gehören (Kreisläufe) und weil ohne Nutztiere die Wiesen und Weiden als Hotspots der Biodiversität verschwinden würden. Zudem können nicht acker- und gemüsebaulich nutzbare Flächen – dank Wiederkäuern – für die menschliche Ernährung zugänglich gemacht werden. Die nachhaltige Tierhaltung wird auch im Konflikt zwischen Nutzung der Ackerflächen für Lebensmittel oder Futtermittel sehr wichtig (Teller-Trog-Debatte). Die vielfältigen Gründe, welche einen Verzicht des Ökolandbaus auf die Nutzung von Tieren nicht oder nur in Ausnahmefällen möglich machen, ist eine hohe Verpflichtung, die Tiere mit großem Respekt und Verantwortung zu behandeln. Die Richtlinien für die Tiergesundheit, das Tierwohl, den Transport und die Schlachtung sollen deshalb weiter verbessert werden. Durch die Zertifizierung sind diese Ansprüche auch sicherzustellen.