Assoziationen zwischen Industrie und Landwirtschaft – Teil 2

Auszüge aus: Rudolf Isler, Nachhaltigkeit?! Wege aus der Krise durch freie Initiativen – Wirtschaft, Staat und Kultur neu denken, Dornach/ Schweiz 2013, S. 219 ff., Copyright mit freundlicher Genehmigung durch den Verlag am Goetheanum (Teil 1 finden Sie in Info-Brief 41)

Wenn man das alles bedenkt, ist es nicht mehr so erstaunlich, dass Steiner empfahl, das Erste, was erreicht werden müsste, seien Assoziationen zwischen der Industrie und der Landwirtschaft, denn hier besteht die größte Notwendigkeit für ausgleichende Maßnahmen. In solchen Assoziationen müssen alle Beteiligten etwas von der Polarität zwischen Industrie und Landwirtschaft verstehen und damit auch von Ur-Produktion und Bodenfruchtbarkeit in der landwirtschaftlichen Individualität. Die Unterscheidungsgrenze muss nicht zwischen der Industrie und der Landwirtschaft gesucht werden, denn wir haben ja auch in der Landwirtschaft Maschinen und Gebäude. Der Industrialismus und der Kapitalismus ragen weit in die Landwirtschaft hinein. Durch ihre Arbeit bringen die Bauern aus dem Boden und aus der ganzen lebendigen Natur wirtschaftlich wertvolle Produkte hervor, und durch die Maschinen und Gebäude machen sie ihre Arbeit effizient. Sie arbeiten mit zwei Arten von Produktionsmitteln, mit der Natur und mit den technischen Arbeitshilfen, aber nicht etwa in der gleichen, sondern in polar entgegengesetzter Art. Die Unterscheidungsgrenze liegt also zwischen der Produktivität des fruchtbaren Bodens und den von Menschen geschaffenen Arbeitshilfsmitteln und Einrichtungen.
Steiner stellte im 13. Vortrag seines «Nationalökonomischen Kurses» (Rudolf Steiner Verlag Dornach/ Schweiz, 1979) dar, dass uns durch technische und organisatorische Erfindungen Arbeit erspart wird, körperliche Arbeit an der Natur. Diese Rationalisierung ist ja gerade in der Landwirtschaft in größtem Umfang geschehen, und die Arbeit an den Maschinen hat auch in der biologischen Landwirtschaft stark zugenommen, mit allen Vor- und Nachteilen. Wirtschaftliche Werte stammen einerseits aus dem bearbeiteten Boden und andererseits aus der effizient gemachten Arbeit. Der fruchtbare Boden kann durch die Benutzung und Pflege an Produktivität zunehmen, aber die Maschinen und Gebäude nehmen durch die Benutzung immer im produktiven Wert ab.
Durch solche Überlegungen erhalten wir die Grundlagen dafür, dass wir die Stellung der Land- und Waldwirtschaft in der Gesamtwirtschaft nach und nach besser verstehen und die drängenden Probleme der Nachhaltigkeit nicht in der Politik, sondern in der Wirtschaft selbst lösen können. Wenn wir Bodenschätze verbrauchen und auch aus den Abfällen nicht mehr zurückgewinnen können, müssen wir wissen, dass wir diesen Verlust nur dadurch kompensieren können, dass wir die Lebendigkeit und Leistungsfähigkeit des fruchtbaren Bodens verbessern. Das ist nicht eine Aufgabe der Staatspolitik, sondern der Wirtschaft.
Als Vorbild kann die Arbeit der Handelsfirma Remei AG mit den Baumwollbauern in Indien und Tansania gelten. Es geht darum, den Bauern an jedem Ort und in jeder Region die Möglichkeit zu geben, die für den Aufbau der Bodenfruchtbarkeit nötige Arbeit zu leisten, die immens ist. Gut wird diese Arbeit nur, wenn die Bauern sie so leisten, wie sie es verstehen können, aus den Einsichten, die sie haben und sich möglicherweise mit unserer Hilfe erarbeiten. Es handelt sich um eine Entwicklungsarbeit, die an jedem Ort, in jeder Region individuell aufblühen muss. Siehe: www.remei.ch