Konkurrenz und Kooperation

Zur Frage der Humanisierung der Wirtschaft – unter besonderer Berücksichtigung der Funktionsweise von Verbänden der Verbraucher – hat Horst Habisreitinger, verstorbenes Gründungsmitglied des Bio-Verbraucher e.V., 1959 promoviert. Er nennt die assoziative Zusammenarbeit aller am Wirtschaftsprozess Beteiligten „gemischte Gremien“. Wir bringen Auszüge aus seiner Schrift.

„Zusammenschlüsse von Wirtschaftssubjekten in ihrer Eigenschaft als Verbraucher müssen nicht auf jeden Fall als Widerspruch zum Wettbewerb als Wirtschaftsprinzip aufgefasst werden.“ (S. 94)

„Als direkte Folgerung für das vorliegende Problem der Realisierbarkeit von partnerschaftlicher Kooperation an Stelle gewaltsamen Interessenkampfes ergibt sich daraus die schlichte Forderung, sich mit dem anderen, dem Gegenspieler, konkret zusammenzusetzen. Jener andere, der Partner, aber ist in der vertikalen Beziehung nicht derjenige, der die gleichen direkten Interessen hat, sondern eben der Gegenspieler, z.B. Handel : Verbrauch usw.“  „Anders ausgedrückt: An Stelle der Gremien der Verbraucher allein, der Händler allein usw.  gemischte  Gremien treten, in denen alle an einer bestimmten wirtschaftlichen Sachlage interessierten potentiellen Kooperationspartner vertreten sind.“ (S. 100)

„Durch die gemischten Gremien würden die bestehenden einpoligen Kollektive nicht überflüssig, sie könnten von Fall zu Fall in den Ersteren vertreten sein.“ (S. 101)

„In der Bildung gemischter Gremien scheint eine echte Chance zu liegen, dass die oben aufgezeigten schizoiden wirtschaftlichen Erscheinungen überwunden werden, indem jene objektive gesamtwirtschaftliche Vernunft entwickelt wird, welche die Voraussetzung ist zur Verwirklichung des … Gemeinwohls. Was keine noch so gut gemeinten Appelle an den guten Willen je erreichen dürften, kann möglich werden, wenn jene Gebilde, die eine ersprießliche Koordination im volkswirtschaftlichen Raum ex definitione vereiteln, übergeleitet werden in Organe, in denen der wirtschaftende Mensch „das in der Welt handelnde soziale Wesen“ zu sein vermag.“

„Auf die eingangs dieses Abschnittes aufgeworfene Frage zurückblickend kann nunmehr festgestellt werden, dass eine Verhaltensweise des kompromisslosen Kampfes auch in den vertikalen funktionellen Beziehungen nicht natürlich ist, nicht unbedingt, sondern Folge einer  institutionellen Fehlentwicklung. Es besteht begründete Aussicht, dass durch Anpassung der Institutionen an den Menschen, an seine Sozialgestalt, die abnormen funktionellen Beziehungen sich normalisieren, … ohne … dass zuerst die Menschen „besser“ werden müssten.“ .S. 102)

„Insoweit die heutige Wirtschaft aber doppelt aus dem Lot geraten ist: Überschuss, d.h. Überwuchern in außer- bzw. überwirtschaftliche Zuständigkeiten – z.B. Sozialpsychagogik, besser: Sozialmanipulation durch Werbung – einerseits, mitmenschliches Defizit andererseits, kann die Zueinander-Gesellung von Herstellern, Händlern und Verbrauchern in gemischten Gremien als eine praktikable Ausgleichsmöglichkeit angesehen werden.“ (S. 104)

Quelle: Dr. Horst Habisreitinger, Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 43, herausgegeben von J. Broermann, Berlin (1959)

Ergänzung durch die Redaktion/ Wolfgang Ritter: Dr. Rudolf Steiners Anregung zur assoziativen Zusammenarbeit ist 100 Jahre alt, Dr. Habisreitinger schrieb seine Doktor-Arbeit vor über 55 Jahren. Erst ganz zaghaft beginnt jetzt „die Zueinander-Gesellung von Herstellern, Händlern und Verbrauchern in gemischten Gremien“ (vgl. dazu unsere jüngsten Berichte in den Info-Briefen 50 und 53).

Margarine − Bio kann nicht punkten

Bericht von Daniela Mayr

Öko-Test (10/2017) hat 20 Margarinen und Streichfette untersucht, darunter vier Bio-Marken.
Mehr als die Hälfte – genau elf Produkte – erhalten ein „mangelhaft“ oder sogar „ungenügend“. Ausgerechnet bei den getesteten Bio-Marken fällt das Ergebnis nicht positiv aus: das mit einem „befriedigend“ am besten bewertete Produkt ist die „Margarine Dreiviertelfett“ von „Alnatura“. Es folgt die „Rapunzel Prima Reine Pflanzenmargarine“, die von Öko-Test ein „ausreichend“ bekam, sowie die „Alsan-Bio Margarine“ und die „Landkrone Bio-Margarine“ mit lediglich einem „ungenügend“. Ein „gut“ erhalten nur drei Produkte aus dem konventionellen Bereich, u.a. die Margarine „Vita D’Or Classic“ des Discounters „Lidl“.

Die Bewertung setzte sich zusammen aus dem Testergebnis der Inhaltsstoffe, die mit 70 Prozent in die Bewertung einfloss, sowie dem Testergebnis der Fettzusammensetzung mit 30 Prozent. Bei der Untersuchung der Inhaltsstoffe ging es vor allem die Fettschadstoffe 3-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureester. Diese können bei der Raffination pflanzlicher Fett und Öle entstehen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung bezeichnet sie als „prozessbedingte Kontaminanten in Lebensmitteln, die ein gesundheitsschädigendes Potential aufweisen und daher in Lebensmitteln unerwünscht sind“ (BfR 07.07.2016). Ebenfalls im Fokus der Untersuchung standen Mineralöl-Kohlenwasserstoffe, die aus Verpackungen auf die darin befindlichen Lebensmittel übergehen und sich im menschlichen Körper anreichern können. Tierexperimentelle Studien deuten auf die Möglichkeit von Organschäden hin.

Im Hinblick auf die Fettzusammensetzung wurde zum einen der Anteil der gesättigten zu den ungesättigten Fettsäuren analysiert. Ein hoher Anteil an Palm- und Kokosfett zu Lasten der ungesättigten Fettsäuren, die sich positiv auf die Cholesterinwerte auswirken können, führte zu einer ungünstigen Beurteilung vieler Produkte. Zum anderen wurde das Verhältnis der Omega-3 zu Omega-6-Fettsäuren untersucht. Hier wurden Produkte abgewertet, die ausschließlich Omega-6-reiche Öle, wie z.B. Sonnenblumenöl, und keine Omega-3-reichen Öle, wie z.B. Rapsöl, enthalten. Schließlich führten den Produkten zugesetzte Aromen zu einer Abwertung.

Ein weiteres Kriterium für die Produktebewertung war der Aspekt der Nachhaltigkeit im
Hinblick auf das verwendete Palmöl. Hier wurde das RSPO (Roundtable of Sustainable Palm Oil)-Label zugrunde gelegt, das auf zertifiziertes Palmöl hinweist. Während bei den konventionellen Produkten größtenteils konkrete sowie lückenlose Nachweise über die Verwendung von zertifiziertem Palmöl über die gesamte Lieferkette hinweg fehlen, sind die Hersteller aller getesteten Bio-Marken sogar nach strengeren, über das RSPO-Label hinaus reichenden, Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Weitere Kriterien waren, ob der Anbau auf Torfböden stattfindet, und ob hochgiftige Pestizide auf den Plantagen eingesetzt werden. Beides führte jeweils zu einer Abwertung.

Die getesteten Produkten bewegen sich in einer Preisspanne von 0,75 € bis 3,70 € pro 500 g (konventionelle Produkte) bzw. 2,50 € bis 3,98 € pro 500 g (Bio-Produkte). Zwei der mit „gut“ getesteten Produkte sind gleichzeitig die günstigsten, während die teuersten konventionellen Produkte mit „mangelhaft“ und „ungenügend“ bewertet wurden.

Zusammengefasst stehen Verbraucher derzeit vor einem Dilemma: entweder sie wählen eine mit „gut“ bewertete konventionelle Margarine, die jedoch aus ökologischer Sicht erhebliche Nachteile aufweist, oder sie entscheiden sich für eine Bio-Margarine, auch wenn diese gesundheitlich bedenkliche Stoffe enthalten.

Tipp des Bio-Verbraucher e.V.: Kaufen Sie gar keine Margarine. Verwenden Sie zum Kochen und Braten heimische Öle (z.B. aus Raps und Sonnenblumen). Als Brotaufstrich eignen sich eine Vielzahl veganer Aufstriche sowie die große Palette der Milchprodukte.

Die Palmölproblematik

Bericht von Daniela Mayr (Quellen: Internetseiten der Hersteller, Dokumente WWF, Nabu, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft)

Der Begriff „Palmöl“ und die damit verbundene Problematik sind in jüngster Vergangenheit zunehmend in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Dennoch wissen die wenigsten Verbraucher, dass Palmöl in einer großen Menge, vor allem konventioneller, Produkte des täglichen Bedarfs enthalten ist.

Hintergrund
Palmöl wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen, die als sehr ertragreich eingestuft werden kann. Aus diesem Grund kann Palmöl sehr preiswert produziert werden. Weitere Vorteile sind sein neutraler Geschmack, seine Hitzebeständigkeit und seine sehr lange Haltbarkeit. Eingesetzt wird es zum größten Teil (71 Prozent) im Bereich Nahrungsmittel, z.B. für Riegel oder Aufstriche, ein weiterer Anteil (24 Prozent) im Bereich Industrie, z.B. für die Herstellung von Seifen, sowie zu einem kleinen Anteil (5 Prozent) zur energetischen Nutzung, z.B. Kraftstoff (Zahlen jeweils Stand 2015). Die Anbaugebiete, vor allem Indonesien und Malaysia, die zusammen mit 85 Prozent den Großteil ausmachen, befinden sich in den tropischen Regionen. Charakteristisch für diese ist der Regenwald mit seiner einzigartigen und hohen Artenvielfalt. Die Rodung des Regenwaldes zu Gunsten von Anbauflächen für Palmöl führt zum einen zur Reduzierung diverser Tier- und Pflanzenarten, zum anderen zu einem hohen CO2-Ausstoß. Der Einsatz hochgiftiger Pestizide trägt überdies zu einer dauerhaften Schädigung des Bodens bei. Somit ist der Anbau von Palmöl aus ökologischer Sicht als äußerst bedenklich zu bezeichnen.

Lebensmittelkennzeichnung
Bis zur Lebensmittel-Informationsverordnung der EU, die am 13. Dezember 2014 in Kraft trat, war für den Verbraucher nicht erkennbar, ob ein entsprechendes Lebensmittel Palmöl enthält. Seit diesem Zeitpunkt muss jedoch nicht nur der Klassennamen („Pflanzenöl“), sondern auch die spezielle pflanzliche Herkunft angegeben werden („Palmöl“). Dadurch wird nun deutlich, wie viele Produkte tatsächlich Palmöl enthalten. Diese größere Transparenz ist für den Verbraucher zunächst sehr positiv zu bewerten.

Nachhaltiges Palmöl
Verwirrend für den Verbraucher ist jedoch der Aspekt Nachhaltigkeit in Bezug auf Palmöl. Im Zuge der Palmöl-Problematik wurde der sogenannte RSPO (Round Table of Sustainable Palm Oil) vom WWF ins Leben gerufen, der die Einhaltung von Mindeststandards propagiert. Dies bedeutet zunächst, dass der RSPO kein Öko-Label ist und somit auch nicht alle Bio-Produkte RSPO-zertifiziertes Palmöl enthalten. Der NABU weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es auch bei Bio-Produkten keine Garantie gibt, dass nicht zuvor Regenwald gerodet wurde. Beim Anbau von Bio-Palmöl wird jedoch im Gegensatz zu konventionell angebautem Palmöl auf den Einsatz von hochgiftigen Pestiziden und den Anbau auf Torfböden verzichtet. Der Anteil an Bio-Palmöl ist jedoch (noch) verschwindend gering.

Haltung der Bio-Hersteller
Hersteller von Bio-Produkten begegnen der Palmöl-Problematik auf unterschiedliche Art und Weise: So setzt der Hersteller RAPUNZEL bewusst fair gehandeltes Palmöl in seinen Produkten ein. Als Grund gibt RAPUNZEL die positiven Eigenschaften von Palmöl und den Mangel an Alternativen an (so müssten z.B. Emulgatoren eingesetzt werden, um die Nachteile alternativer Öle wie etwa Sonnenblumenöl auszugleichen). Im Gegensatz dazu verzichtet das Unternehmen SONNENTOR ausdrücklich auf Palmöl in seiner kompletten Produktpalette, da es die „fortschreitende Zerstörung des Regenwaldes nicht unterstützen möchte“. Als Alternativen nennt das Unternehmen Sonnenblumenöl, Olivenöl und Kakaobutter.

Bio-Palmöl oder völliger Verzicht?
Da meist unbekannt ist, welche Produkte Palmöl enthalten, hilft nur ein Studieren der Inhaltsstoffe, um Palmöl zu identifizieren und so gegebenenfalls vermeiden zu können. Mittlerweile gibt es für viele Produkte entsprechende Alternativen, die ohne Palmöl auskommen. Ansonsten sollte der bewusste Verbraucher zumindest auf Bio-Palmöl ausweichen.