Email von Dr. Gerald Neubauer/ Campact e.V., www.campact.de
Hallo Wolfgang Ritter,
ich ahnte ja nicht, welche Abgründe ich finden würde, als ich 2015 mit meiner Arbeit gegen Glyphosat begann. Ich war neu bei Campact, Glyphosat mein erstes großes Thema. Ich besorgte den behördlichen Risikobericht für das Ackergift – mehr als 4.000 Seiten lang. Was ich sah, konnte ich kaum glauben: Der größte Teil des Textes war tatsächlich von Agrar-Giganten wie Monsanto und Co. verfasst. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hatte die Konzernvorlage weitgehend direkt übernommen, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit folgte dem wenig später.
Ich griff zum Telefonhörer und lernte von Experten unserer Partner noch Schlimmeres: Unabhängige Studien, die eine Krebsgefahr bei Mensch und Tier belegen, wurden einfach als „nicht relevant“ abgetan. Ein böser Trick, um das Ackergift als ungefährlich zu bezeichnen – trotz der dringenden Warnung durch die Krebsforscher der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Ich war richtig fassungslos.
Es folgte: harte Arbeit, um den Skandal öffentlich zu machen. Mit vielen Aktionen, einem starken Appell – und sogar tausenden Medizinerinnen und Medizinern, die ich überzeugen konnte, ihre Sorge vor Glyphosat deutlich zu machen. Der Erfolg kam: Wir erreichten, dass Glyphosat nicht für weitere 15 Jahre, sondern nur für 18 Monate neu zugelassen wurde.
Diese Monate laufen ab. Und mir ist klar: Das Thema Glyphosat rückt in den Hintergrund. Genau das aber, denke ich, käme den Verantwortlichen in der EU-Kommission sehr entgegen. Dass der Protest einschläft – und sie Monsanto & Co deren Goldesel, demnächst unbemerkt von der Öffentlichkeit, für lange Zeit weiter erlauben. Das aber dürfen wir auf keinen Fall zulassen! Glyphosat ist gefährlich – und doch nehmen wir es tagtäglich mit der Nahrung zu uns. Unsere Gesundheit aber sollte an erster Stelle stehen – und nicht die Gewinne der Agrar-Industrie.
Gemeinsam mit europäischen Partnern habe ich mir etwas ausgedacht: Wir starten schon im Januar eine Europäische Bürgerinitiative (EBI). Das ist das mächtigste Mittel für uns Bürgerinnen und Bürger, uns auf europäischer Ebene Gehör zu verschaffen. Das Ziel ist hoch: eine Million Unterschriften für ein Glyphosat-Verbot sollen her! Wir brauchen so viele – denn jede Stimme ist Öffentlichkeit. Und nur von viel Öffentlichkeit wird Brüssel sich beeindrucken lassen. Eine Millionen Unterschriften – das ist geballte Bürgermacht.
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