Liebe Leserinnen und Leser,
der Preisverfall für landwirtschaftliche Erzeugnisse zwingt immer mehr kleinbäuerliche Betriebe zur Aufgabe, Massentierhaltung verseucht unsere Umwelt und Billigfleischangebote gefährden unsere Gesundheit. Dieser Info-Brief widmet sich einmal den verschiedenen Facetten der Landwirtschaft (siehe auch Rubrik 1, 2, 3 und 6). Zu Beginn zitiere ich, was mir der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) am 13. Januar mailte:
Der Trend zu Megamastanlagen geht weiter. In Deutschland konzentriert sich die Produktion von Fleisch auf immer weniger Betriebe, während sich zugleich das Höfe-Sterben ungebremst fortsetzt. Unser neuer Fleischatlas (www.bund.net/fleischatlas) zeigt den ganzen Zahlenhorror der Agrarindustrie. Hier einige Beispiele:
In den vergangenen 15 Jahren mussten bis zu 80 Prozent der Bauernhöfe die Tierhaltung aufgeben, während gleichzeitig bundesweit bis zu 50 Prozent mehr Fleisch produziert wird.
Im gesamten Bundesgebiet sind mehrere Hundert neue Mastanlagen geplant.
Für Geflügel sind Anträge für mindestens 10,8 Millionen Plätze bekannt, darunter mindestens 6,65 Millionen Mastplätze. Für Schweine wurden mindestens 720.000 neue Plätze beantragt.
In einer der größten Schweinemastanlagen Deutschlands fallen pro Jahr bis zu 100 Millionen Liter Gülle an. (Zitatende)
Die Landwirtschaft ist einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren – nicht ökonomisch aber existenziell. Hier dürfen nicht nur die Marktgesetze gelten. Wir haben schon öfter assoziative Zusammenarbeit vorgeschlagen. Das heißt: Bauern, Rohstoff-Verarbeiter, Händler und Verbraucher gehören an einen Tisch, um die gegensätzlichen Bedürfnisse kennenzulernen, Muster-Kalkulationen zu erstellen und zu veröffentlichen, Mengen und Preise zu vereinbaren, die allen am Wirtschaftsprozess Beteiligten einleuchten und unserer kleinbäuerlichen Landwirtschaft eine Überlebenschance bieten. Das hat jetzt auch der stellvertretende Präsident des Bayerischen Bauernverbandes erkannt: „Wir müssen ein Bündnis mit dem Verbraucher schmieden“, fordert Günther Felßner, zitiert in den Nürnberger Nachrichten vom 24.03.2016. Im Bio-Bereich haben mit assoziativer Zusammenarbeit begonnen.
Ermutigend ist die Abkehr großer Teile der Verbraucher von der „Geiz-ist-geil“-Mentalität im Lebensmittelsektor: Über 80 Prozent der Deutschen sind bereit, höhere Preise für Fleisch und Wurst zu zahlen, wenn sie dadurch zu besseren Haltungsbedingungen der Tiere beitragen können. Nur bei der deutschen Agrarpolitik ist dieser gesellschaftliche Wandel leider noch nicht angekommen. Quellen: BUND am 13.01.16 (s.o.), Nürnberger Nachrichten v. 24.03.16, S. 19.
Auch von der BioFach 2016 gehen positive Nachrichten aus: Immer mehr konventionell arbeitende Landwirte entdecken den lukrativen Bio-Markt und stellen um. Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind im Keller, mit Bio-Produkten kann man mehr verdienen, weil die Verbraucher das honorieren. Beispiele:
Konventionelle Qualität
Bio-Qualität
Schweinefleisch pro Kilogramm
1,30 €
3,65 €
Milch pro Liter
0,30 €
0,49 €
Allerdings bedeutet das Konvertieren zur Bio-Tierhaltung zunächst Investitionen, z.B. müssen größere Ställe gebaut werden, Weidegang muss möglich sein. Das kann mindestens 100.000 € kosten. Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 13.02.2016, S. 24
Seit der BioFach 2014 diskutiert die Bio-Branche unter dem Stichwort Bio 3.0, welche Schritte für die Zukunft nötig sind, um den Bio-Verbrauch in weiteren Kreisen der Bevölkerung noch akzeptabler zu machen. Wie das unter Mithilfe der Kommunen und Landkreise geschehen kann, zeigt Dr. Werner Ebert/ BioMetropole Nürnberg in Rubrik 6 auf.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter