Wie sieht der Ökolandbau der Zukunft aus?

Vier Ansichten von Jungbauern, erschienen in Lebendige Erde 1/ 2017, www.lebendigeerde.de; Auszug: Wir geben hier drei Ansichten wieder.

Ökolandbau als weltweite Agrarkultur
Henrik Maaß, junge AbL

Ich sehe im Ökolandbau die Landwirtschaft der Zukunft. Dabei ist Ökolandbau nicht nur ein Zertifizierungs- oder Anbausystem, sondern eine Agrarkultur. In der Ökobranche sehe ich zur Zeit die Gefahr, sich zu sehr an den Mainstream anzupassen, um damit gesellschaftlichen Zwängen zu entsprechen. Mein Wunsch ist, dass sich der Ökolandbau seinen Grundwerten und Prinzipien treu bleibt und sich am Leitbild einer biobäuerlichen Agrarkultur weiter entwickelt. Schwachpunkte im Ökolandbau sehe ich z.B. in den Wachstumsschritten. Die Nachfrage nach Bioprodukten ist viel größer als die Erzeugung und es wird zwanghaft versucht, an Rohware zu kommen, wobei Regionalität oft vernachlässigt wird. Dadurch bleiben die Erzeugerpreise zu niedrig und der wirtschaftliche Druck aus der kapitalistischen Denkweise (mehr Wachstum) wird so groß, dass letztendlich die ökologischen Werte unter den Tisch fallen.

Die Entwicklung des Ökolandbaus muss gemeinsam mit gesellschaftlicher Veränderung einhergehen. Interessant ist hier z.B. die Degrowth-Bewegung. Der Ökolandbau sollte sich als ein Teil der Bewegung für Ernährungssouveränität verstehen, solidarisch mit Kleinbauern weltweit und gemeinsam mit der Gesellschaft, um unser gesamtes Ernährungssystem ökologischer und sozial gerechter zu gestalten.

Prinzipien der Nachhaltigkeit für die gesamte Landwirtschaft
Theresa Ungru, konventionelle Landwirtin

Ich finde es toll, was der ökologische Landbau macht. Doch ich sehe auch Grenzen. Nicht jeder Betrieb kann ein Ökobetrieb werden. Der Betrieb bestimmt, wo man ist. Hier gilt es, die Chancen zu sehen und das Beste daraus zu machen. Für den Ökolandbau wünsche ich mir natürlich auch, dass er weiter wächst und viele Konsumenten überzeugen kann. Weil die Prinzipien der Nachhaltigkeit, die der Ökolandbau in seinen Statuten hat, für alle Landwirte gelten sollten. Ich habe mich diesen auch verpflichtet, jedoch ohne Siegel. Für beide Landwirtschaftsformen (konventionell und ökologisch) wäre mehr unternehmerisches Denken erstrebenswert: Startups, nicht immer nur neue Ställe bauen, sondern innovativ werden, statt passiv abzuwarten.

Vertrauen der Verbraucher nicht enttäuschen
Stefanie Pöpken, provieh

Ich sehe den Ökolandbau als Vorreiter einer artgemäßeren Nutztierhaltung. Zwar gibt es hier auch noch Konflikte zu lösen, wie beispielsweise die männlichen Eintags-Küken bei der Legehennen-Zucht, die männlichen Kälber in der Milchviehhaltung oder die ganzjährige Anbinde-Haltung von Milchkühen. Dennoch habe ich den Ökolandbau bzw. viele seiner Mitglieder bisher als selbstkritisch und lösungsorientiert wahrgenommen und bin überzeugt, dass er sich dieser Probleme stellen wird.

Von all dem kann auch die konventionelle Landwirtschaft profitieren und bei der Nutztierhaltung einiges verbessern. Ein Großteil der Verbraucher schenkt dem Ökolandbau sehr viel Vertrauen und ist bereit, für Bioprodukte mehr Geld auszugeben. Dieses Vertrauen gilt es auch zukünftig zu erhalten. Hier hoffe ich auf eine offene und transparente Kommunikation seitens der Bioverbände. Es wäre schön, wenn sich noch mehr Landwirte für die ökologische Landwirtschaft entscheiden würden. Im Grunde geht es doch um nichts anderes, als nachhaltig mit den Tieren und der Natur im Einklang zu wirtschaften und die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten.