Die Bienenweide

Beitrag (Ausschnitte) von Marc Schüller

Honig-Bienen sind auf die Blütensituation ihrer Umgebung angewiesen. Sie beweiden in ihrem etwa 3-Kilometer-Radius alle Blüten, die sogenannten Trachtpflanzen. Sie sammeln aus ihnen Pollen und Nektar, in kleinen Mengen Propolis. Dies ist zum einen der eiweißreiche Blütenstaub, den sie insbesondere zur Fütterung ihrer Larven benötigen, zum anderen ist Nektar der zuckerhaltige Blütensaft Grundlage des Honigs. Propolis sind Blüten- und Pflanzenharze, die im Bienenvolk antibakteriell wirken und das Volk vor Krankheiten schützt.

Dieses Anfliegen der Blüten und permanente Sammeln stellt die momentane Versorgung sicher, ist  aber auch der spätere Grundstock für die eingelagerten Wintervorräte. Nebenbei bestäuben sie die angeflogenen Pflanzen, verstärkt durch ihre hohe Präsenz im Frühjahr und ihrer Fähigkeit der Kommunikation. Sie bewirkt, dass sich ein Bienenvolk einig wird, von welcher Pflanzenart in diesem Moment gesammelt wird. Diese Blütenstetigkeit macht die Honigbiene besonders bei den Kulturpflanzen zum zentralen Bestäuber.

Wie bei anderen Weidetieren auch, ist die Qualität und die Vielfalt ihrer Nahrung Grundlage für eine gesunde Entwicklung, sowohl der einzelnen Bienen wie auch die des ganzen Volkes. Einseitige Ernährung, gar belastet mit Rückständen aus der Landwirtschaft, macht Bienen wie andere Lebewesen anfällig und letztlich krank. Die Trachtsituation ist stark von äußeren Einflüssen abhängig. Trockenheit, geringe Temperaturen und Wetterkapriolen insgesamt können trotz Vollblüte eine stete Versorgung der Bienen verhindern. Gerade der Klimawandel mit langen Hitze- und Trockenphasen schafft in Verbindung mit sandigen Böden eine Wasser-Not bei Trachtpflanzen, so dass sie ihre Produktion von Nektar einstellen.

In Landschaften, die von Monokulturen und Artenarmut geprägt sind, haben Bienen wie andere Insekten inzwischen große Probleme dauerhaft und gesund zu überleben. Die Blühphase jeder einzelnen Pflanze ist unterschiedlich. Insgesamt gesehen reicht sie in unseren Breiten von Februar bis in den November, in Städten und an geschützten Stellen zunehmend durchgehend. Die Hauptblühphase, die sogenannten Massentrachten, beschränken sich meist auf das Frühjahr und den Frühsommer. In erster Linie ist dies abhängig von der Dominanz einer einzelnen Pflanze oder einer Baumart. Klassische Trachtpflanzen sind der Löwenzahn, der Raps und Bäume wie die Robinie und die verschiedenen Lindenarten.

In der Regel handelt es sich bei Massentrachten oft um Kulturpflanzen, bei landwirtschaftlichen meist um die aus der konventionellen Bewirtschaftung. Daneben kann auch, wie die Imker sagen, der Wald „honigen“. Hier steht den Bienen, durchaus auch in großen Mengen, der sogenannte Honigtau, meist ein Baumsekret der Nadelbäume, zur Verfügung. Diese Zeiten des Überflusses stellen für die Bienen ihren Hauptarbeitseinsatz, ihren Leistungshöhepunkt dar. Dazwischen kümmern sie sich verstärkt um die Honigreifung, aber auch um sich selbst. In diesen Phasen ist die Bedeutung der vielen unterschiedlichen Wildblüten entscheidend, damit eine weitere, stete und qualitative Versorgung möglich ist. Gute Standorte zeichnen sich insbesondere durch diese Nahrungsmöglichkeiten zwischendurch, imkerlich genannt Läppertrachten, aus. Sie finden sich in naturbelassenen und naturnahen Landschaften, jedoch oftmals auch in Städten.

Die Bienen produzieren durch dieses System in der Regel erheblich mehr, zudem reine Sortenhonige, die sich geschmacklich, damit auch preislich deutlich von den Standorthonigen unterscheiden. Allerdings geht dies durch den deutlich erhöhten Durchsatz an Nektar und Bienen, der Arbeitsintensität ohne Verschnaufpausen, der regelmäßigen Transporte zu neuen Standorten und letztendlich auch der imkerlichen Praxis auf Kosten der Bienengesundheit, ja des Tierwohls. Unsere Honigbienen sind ein Teil der Landschaft, ob sie kulturell gepflegt wird oder naturbelassen ist. Sie sind ein wichtiger und unverzichtbarer Motor im gesamten ökologischen Kreislauf. Diese gegenseitige Abhängigkeit bedarf einer guten Balance zwischen der Insektenwelt insgesamt und deren Nahrung auf der Weide, den Blühpflanzen.

Quelle: Marc Schüller (eigene Zuschrift); Der Autor ist Imker-Berater beim Anbauverband  Biokreis e.V. (Dort erschien der Beitrag in den Bio-Nachrichten, Ausgabe 02/ April 2020, Mitglied im  Bio-Verbraucher e.V. und seit Mai 2020 Stadtrat in Nürnberg