Genome Editing – gesetzliche Regelung dringend benötigt

„Genome Editing“ – dieser Begriff sorgt derzeit vor allem in der Biobranche für Furore. Grund dafür ist, dass die damit bezeichneten neuen Gentechnik-Verfahren nicht als Gentechnik deklariert sind. Dies geht auch aus der Stellungnahme des EuGH-Generalanwalts Michal Bobek hervor, laut der mithilfe von Genome Editing gezüchtete Organismen nicht unter geltendes europäisches Recht für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) fallen. Folglich kommt es zu keiner Prüfung möglicher Risiken für Gesundheit und Umwelt. Ein rechtskräftiges Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in dieser Sache wird noch in diesem Jahr erwartet. Um auf die Politik einzuwirken, hat der Naturkosthersteller Rapunzel die Initiative FOODprint ins Leben gerufen. Diese fordert, die neuen Verfahren der Genombearbeitung als Gentechnik einzustufen und somit den entsprechenden gesetzlichen Regelungen zu unterwerfen.

Herkömmliche Pflanzenzüchtung – ein langwieriger Prozess 
Bei der herkömmlichen Pflanzenzüchtung (nicht gentechnische Verfahren) werden neben der natürlichen Kreuzung von Pflanzen auch spontane oder chemische bzw. durch Bestrahlung ausgelöste Veränderungen im Pflanzengenom genutzt, ohne dass genau bekannt ist, an welchen Stellen im Genom die Veränderungen erfolgen. Daher müssen in einem anschließenden Selektionsprozess aus einer Vielzahl diejenigen behandelten Zellen bzw. Pflanzenklone identifiziert und selektiert werden, die die gewünschte(n) Veränderung(en) enthalten.

Zielgerichtete Eingriffe ins Erbmaterial durch Genome Editing
Im Gegensatz dazu, aber auch zu den bisherigen gentechnischen Verfahren, ist Genome Editing nicht nur einfacher und schneller durchzuführen, sondern vor allem auch zielgenauer. Dabei ist Genome Editing als Sammelbegriff für verschiedene neue molekularbiologische Methoden zu verstehen: mittels „Gen-Chirurgie“, d.h. dem zielgerichteten Eingriff ins Erbmaterial (Genom) einer Zelle, können Gene ausgetauscht, entfernt oder hinzugefügt werden. Zu den Methoden zählen beispielsweise TALEN, OGM und insbesondere CRISPR/Cas9. In der Pflanzen- und Tierzucht sollen dadurch ertragreichere oder krankheitsresistente Sorten bzw. Rassen entstehen. In der Medizin erhofft man sich Fortschritte im Hinblick auf die Therapie von Krankheiten wie z.B. Krebs.

Risiken noch nicht abzuschätzen
Die komplexen Zusammenhänge in Pflanzen und Tieren sind bis heute unverstanden. Noch ist daher unklar, welche Folgen derartige Eingriffe ins Erbgut haben. Beim Einsatz der neuen Gentechnologien kann es auch zu ungewollten Nebeneffekten kommen, da Veränderungen des Erbguts auch an ungeplanter Stelle im Genom möglich sind. Dies kann zum Beispiel die Funktion von nicht-Ziel-Genen beeinflussen oder im Falle ganzer Chromosomen auch andere nicht-Ziel Chromosomen zerstören.

Vorsorgeprinzip muss zum Tragen kommen
Das Gentechnik-Recht der EU beruht auf dem im EU-Vertrag festgeschriebenen Vorsorgeprinzip: Zum Schutz von Umwelt und Gesundheit müssen mögliche Risiken durch die Verwendung von Gentechnik bei Tieren und Pflanzen streng kontrolliert werden. Dies umfasst Pflichten zu Risikoprüfung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit.

Genome Editing und Bio sind unvereinbar
„Wirtschaften ohne Gentechnik gehört zu den Bio-Grundprinzipien“, bekräftigt die IFOAM Organics International, der internationale Zusammenschluss der Bio-Bewegung. Ähnlich sieht es der Vorsitzende des Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein: „Bio und Gentechnik gehen zwei völlig unterschiedliche Wege.“ Die politische Sprecherin von Demeter, Antje Kölling warnt davor, dass auch die neuen Methoden, die technisch in das Genom eingreifen, Nebeneffekte haben, die nicht abzuschätzen sind. Allen gemeinsam ist die Forderung nach einer rechtlichen Regulierung der neuen Gentechnik.

Jetzt aktiv werden
Rapunzel hat daher mit zahlreichen Kooperationspartnern (u.a. Bioland, BÖLW, Demeter) die Initiative FOODprint gegründet. Gefordert wird vor allem eine eindeutige Regulierung nach europäischem Gentechnik-Recht. Aber auch Transparenz und die Kennzeichnung entsprechender Produkte werden verlangt. Außerdem soll die Politik gentechnikfreie und ökologische Züchtung fördern, um die biologische Vielfalt zu erhalten.

Bitte unterstützen Sie die Initiative und unterzeichnen Sie die Petition bis zum 30. April 2018. Dies ist entweder mittels Unterschriftenliste oder online möglich. Alle Informationen und Links finden sich auf www.rapunzel.de/foodprint.

Bericht von Daniela Mayr/ Bio-Verbraucher e.V.; Quellen: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Internetseiten von Rapunzel, Demeter und BÖLW