Die Richtlinien des ältesten Bio-Verbandes verbieten die Enthornung und die Züchtung genetisch hornloser Tiere. Für die Mitglieder des Demeter-Verbands steht der Respekt vor dem Lebewesen an erster Stelle. Sie passen ihre Tiere nicht einfach den „Produktionsbedingungen“ an, sondern bauen Ställe, die groß genug sind für die Bedürfnisse ganzer Kühe, zu denen die Hörner einfach dazu gehören. Die Bauern nehmen sich Zeit für aufmerksames Beobachten und bauen eine vertrauensvolle Beziehung auf, um angemessen auf die Herde einwirken zu können. So minimieren sie das Verletzungsrisiko.
So ist es ihnen möglich, anhand der Körperhaltung anderer Kühe deren Stimmung und Absicht zu erkennen. Dies ist für das Zusammenleben in einer Herde sehr wichtig. Zu jeder Zeit ist die Rangordnung untereinander bedeutend und das Verhalten hochrangiger Majestätinnen und übergeordneter Artgenossen müssen rasch erkannt werden. Die Silhouette der Hörner hebt sich vom kompakten Körperbau ab und erleichtert den Kühen so das Erkennen. Mit Hörnern gelingt die Kommunikation untereinander optimal. Selbst kleine und feine Bewegungen reichen aus, um den eigenen Rang und einen Anspruch einer Artgenossin gegenüber deutlich zu machen. Gestik und Kommunikation der Kühe untereinander wird durch die Hörner unterstützt. So zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass es in enthornten Herden mehr körperliche Rangordnungs-Auseinandersetzungen und Kopfstöße unter den Kühen gibt als in horntragenden Herden.
Sehr feinfühlig werden die Hornspitzen übrigens auch zu anderen angenehmen Dingen eingesetzt. Beim gezielten Fellkratzen an entlegenen, nicht mit der Zunge erreichbaren Körperstellen sind sie sehr praktisch einsetzbar. Und das darf sogar manchmal die Freundin genießen.
Doch das Horn wächst nicht nur äußerlich – auch im Inneren passiert jede Menge! Denn die Hornzapfen sind innen hohl und dort unmittelbar mit den Stirn- und Nasennebenhöhlen verbunden. Zu Beginn eines Kuhlebens ragt die Stirnhöhle erst ein klein wenig in das Horn hinein. Im Laufe der Jahre breitet sie sich jedoch aus – nimmt immer mehr Volumen ein, bis schließlich fast der komplette Hornzapfen „ausgehöhlt“ ist. Wie beim Menschen sind die Stirnhöhlen auch bei der Kuh durchlüftet und mit dem Rachenbereich verbunden, in den beim Wiederkäuen auch Gase aus dem Pansen gelangen. So ist nachvollziehbar, dass die Kuh beim Wiederkauen ihre Verdauung selbst in der äußersten Hornspitze wahrnimmt – bedingt durch die Verbindung zu den Nasennebenhöhlen.
Auffällig ist, dass die Hörner von Kühen, die in heißen Klimazonen leben, viel größer sind als die von Kühen in gemäßigten Zonen. Die Hornscheide dieser Kühe ist auch wesentlich dünner. Deswegen geht man davon aus, dass Hörner grundsätzlich wie eine Klimaanlage funktionieren. Die Körperwärme kann über die stark durchbluteten Hörner an die Umgebung abgegeben werden. Insbesondere in heißen Klimazonen und bei Weidetieren im Sommer trägt das Horn dadurch zum Wohlbefinden der Tiere bei.
Milchqualität
Die Milchqualität wird von vielen Faktoren und ganz besonders von der Fütterung beeinflusst. Derzeit gibt es keinen wissenschaftlich anerkannten Beweis zum Einfluss der Hörner auf die Milchqualität. Dennoch berichten relativ viele Menschen mit Milchunverträglichkeiten darüber, dass sie die Milch von Kühen mit Hörnern besser vertragen als die von Kühen ohne Hörner. Was diese gute Wirkung verursacht, müsste durch weitere, sehr aufwändige Forschungen ermittelt werden. Verschiedene ganzheitliche Untersuchungsmethoden konnten bereits Unterschiede zwischen der Milch von horntragenden und enthornten Kühen aufzeigen.
Ausschnitt aus: www.demeter.de/kuehe-haben-hoerner