Rückschritt für Verbraucher und Landwirte: Europaparlament stimmt für Deregulierung Neuer Gentechnik; Bioland kommentiert die EU-Parlamentsabstimmung

Das Europäische Parlament hat am Mittwoch über den Gesetzesentwurf zu den sogenannten „Neuen Genomischen Techniken“ (NGT) abgestimmt. Das Ergebnis: 307 zu 263 Stimmen bei 41 Enthaltungen für den Vorschlag der EU-Kommission. Damit rückt das Ende der Wahlfreiheit und des Vorsorge-Prinzips in Bezug auf Gentechnik näher. Kleiner Lichtblick: Immerhin stimmte eine Mehrheit für einige Mindestanforderungen für die Transparenz und Vorgaben zur Rückverfolgbarkeit. Darauf müssen die Mitgliedstaaten nun aufbauen, um die gentechnikfreie Landwirtschaft in Europa abzusichern.

„Das Parlaments-Votum ist voller Widersprüche. Es erkennt zwar einige wichtige Probleme im Zusammenhang mit der Deregulierung Neuer Gentechnik an, stellt aber keine konkreten Lösungen in Aussicht. Letztlich bleibt unter dem Strich stehen: Die Wahlfreiheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger in Bezug auf Gentechnik gerät immer mehr in Gefahr. Und landwirtschaftliche Betriebe sowie Züchter werden nicht vor der Abhängigkeit von Chemie-Konzernen durch die Patentierung auf Pflanzeneigenschaften geschützt“, kommentiert Bioland-Vizepräsident Sabine Kabath.

Während das Parlament einerseits für den Entwurf stimmte, der die Patentierung auf Pflanzeneigenschaften erst ermöglichen würde, erkannte es andererseits an, dass Patente auf Saatgut eine Bedrohung für den europäischen Züchtungssektor darstellen und sich der Patentschutz nicht auf genetisches Material erstrecken sollte, das auch durch konventionelle Züchtung gewonnen werden kann.

Ökolandbau weiter ohne Gentechnik, Ko-Existenzfrage unbeantwortet

Der Ökolandbau soll weiter für alle Arten von Gentechnik verschlossen bleiben, auch für die Neuen gentechnischen Verfahren. Änderungsanträge, mit denen Mitgliedstaaten daran gehindert worden wären, Koexistenzmaßnahmen für Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik zu ergreifen lehnte das Parlament ab.

Eine Stellungnahme des Rats der Europäischen Union wird noch erwartet, bevor die Trilog-Verhandlungen beginnen können. Sabine Kabath: „Es ist gut und richtig, dass der Rat der europäischen Union sich jetzt mehr Zeit nehmen wird. Die muss er nutzen: vor allem, um eine rechtssichere Lösung zu präsentieren, die Züchtung und Landwirtschaft vor Patenten schützt und um praktikable Koexistenz-Maßnahmen zu entwickeln. Nur so kann die Wahlfreiheit von Landwirt*innen, Lebensmittelherstellern und Verbraucher*innen doch noch gewährleistet werden.“

Quelle: Bioland-Pressemitteilung vom 7.02.2024, presse@bioland.de

20 Jahre Bio-Verbraucher e.V.

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Jahr feiern wir zwei Jubiläen: 100 Jahre biologisch-dynamische Landwirtschaft und 20 Jahre Bio-Verbraucher e.V. Zum ersten Jubiläum habe ich schon in Info-Brief 77/ Rubrik 2 etwas dargestellt und in diesem Info-Brief folgen weitere Berichte (siehe Rubriken 1 und 2). Die diesjährige Demeter-Herbsttagung in Nürnberg, am 17. November, wird dieses Jubiläum natürlich gehörig in den Blick nehmen. Merken Sie sich bitte diesen Termin schon einmal vor.

Hier möchte ich nun schon etwas zur Mitgliederversammlung des Bio-Verbraucher e.V. verraten. Sie soll im Jubiläumsjahr ein unvergessliches Ereignis werden; dazu wird sie bei einem unserer Firmenmitglieder in wunderbarem Ambiente stattfinden – im Tiergarten-Restaurant und Culinartheater Nürnberg. Wir werden am Tiergartentor mit einem Imbiss und einer Erfrischung am 22. Juli um 18.30 Uhr empfangen werden. Ein Tiergarten-Mitarbeiter wird uns dann mit durch den Zoo zum Tiergarten-Restaurant führen, wo uns die Inhaber, Helga und Peter Noventa, mit einem venezianisch-fränkischen Buffet im Glaspalast erwarten. Dazu werden Softgetränke, Bio-Wein und Bier serviert. Die Gaststätte ist bio-zertifiziert (Biokreis) und ist Träger der Tierschutz Kochmütze der Schweisfurth Stiftung (siehe auch: www.tiergartenrestaurant.de, www.p.noventa@culinartheater.de). Nach dem Essen wird uns ein Tiergartenmitarbeiter kurz das Klima- und Naturschutzkonzept des Tiergartens vorstellen. Auch der Landwirtschaftsbetrieb, der zum Zoo gehört, ist ein Bio-Betrieb. Nach den Regularien unserer Mitgliederversammlung können, wie üblich, Firmenmitglieder Ihren Betrieb und ihre Produkte/ Dienstleistungen kurz vorstellen – natürlich auch Helga und Peter Noventa, unsere Gastgeber. Am Ausgang des Tiergartens erhält jedes teilnehmende Mitglied, wie üblich, eine Tüte mit Bio-Produkten.

Während der Corona-Jahre hatten wir kaum Gelegenheit neue Mitglieder zu gewinnen. Mit Hinweis auf diese Mitgliederversammlung im Jubiläumsjahr können Sie vielleicht auch einige Familienmitglieder und Freunde für uns gewinnen. Denn dieses wunderbare Programm gehört zu den Leistungen, die für unsere Mitglieder im Jahresbeitrag enthalten sind. Übrigens, den Beitrag für persönliche Mitglieder haben seit unserer Gründung vor 20 Jahren nicht erhöht (24 Euro/ Jahr). Beitrittserklärungen finden Sie auf unseren Internetseiten, www.sei.bio/ Persönliche Mitgliedschaft. Gerne senden wir sie Ihnen auch zu. Als weiteres Werbeargument können Sie gerne auch auf unsere mehrmaligen jährlichen, kostenlosen Besuche bei unseren Firmenmitgliedern hinweisen, wo man oft etwas zu probieren bekommt und direkt beim Erzeuger einkaufen kann. Wenn Sie jemanden für uns werben, erhalten Sie ein kleines Dankeschön. Die offizielle Einladung zur Mitgliederversammlung versenden wir mit dem nächsten Info-Brief Anfang Juli. Den Termin, 22. Juli, merken Sie sich bitte jetzt schon vor.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Wolfgang Ritter

Warum Landwirte rebellieren

Der Bio-Verbraucher e.V. steht in ständigem Kontakt mit Bio-Erzeugern – auch um zu hören, wie es ihnen geht, welche Erfolge, welche Sorgen sie haben. Hier, was wir kürzlich erfuhren. Am 19.01.2024, schrieb uns der Öko-Geflügelhof Markus Winkelmann, Götzlesberg 6, 91220 Schnaittach, Tel. 09153-7802, www.hof-winkelmann.de, info@hof-winkelmann.de

Schon seit einigen Jahren werden immer mehr Vorschriften erlassen und Einschränkungen ausgesprochen, die es den Landwirten immer schwerer machen, wirtschaftlich zu arbeiten. Dies hat nichts mit der Bio-Branche zu tun, dies trifft alle Betriebe in Deutschland. Ein paar Beispiele:

  • Es werden immer mehr wertvolle Ackerflächen mit Photovoltaik zugepflastert. Es gäbe so viele ungenutzte Dächer oder z.B. autobahnnahe Flächen, die nicht zur Erzeugung von Lebensmitteln geeignet sind. Wieso nicht diese bevorzugen? Durch diese Vorgehensweise ist es immer schwieriger überhaupt Ackerflächen zu bekommen und die Preise dafür sind inzwischen in schwindelerregenden Höhen. Auch wir haben die letzten Jahre Pachtflächen wegen des Baus von PV-Anlagen und Gewerbegebiet verloren und bekommen keinen Ersatz dafür. Das Futter für die Tiere müssen wir trotzdem irgendwie erzeugen.
  • Jetzt kommt noch die verpflichtende Stilllegung von Flächen dazu, was im konventionellen Landbau durchaus Sinn macht, damit sich die Böden erholen können und danach wieder alles besser wachsen kann. Im Bio-Bereich wird durch die Fruchtfolge und den Verzicht auf Spritzmitteln ja sowieso die Bodenfruchtbarkeit sehr hoch gehalten. Eine komplette Brachlegung der Flächen bringt hier keinerlei Vorteil. Es steigt der Unkraut-Druck und das Futter für die Tiere fehlt.
  • Übrigens haben sehr viele Landwirte, auch die konventionellen, in den letzten Jahren sehr viel für die Bienen und Insekten getan, indem Zwischenfrüchte angebaut und Blühgräser bevorzugt werden. Hier hat sich wirklich was getan, ohne Sanktionen und Vorschriften!
  • Deutschland will bei den Lebensmitteln konkurrenzfähig zum Ausland sein. Deutschland ist aber auch das Land mit den strengsten Vorgaben bzgl. Tierwohl und Lebensmittelsicherheit und kontrolliert dies auch penibel. Die Bürokratie nimmt inzwischen bald mehr Zeit in Anspruch als die praktische Arbeit.
  • Es werden immer mehr Labels auf den Markt geworfen, nach denen wir uns richten müssen und kontrolliert werden. Wo führt denn das noch hin?
  • Und so sollen deutsche Lebensmittel günstig bleiben und mit den Waren die aus dem Ausland importiert werden, mithalten können? Häufig aus Ländern ohne Kontrollen, ohne Tierwohlvorgaben, dafür behandelt mit Mitteln, die bei uns verboten sind.
  • Um den Kostenunterschied auszugleichen und konkurrenzfähig zu bleiben, wurden vor Jahren in Deutschland Förderungen durch den Staat eingeführt. Diese wurden und werden nun immer mehr gekürzt. Dafür werden die Auflagen höher. So sind die Landwirte gezwungen, ihre Preise zu erhöhen, was aber nicht akzeptiert wird, weil ja die Produkte aus dem Ausland wesentlich günstiger sind. Das funktioniert so nicht….
  • Wir sollten doch eigentlich dahin kommen, dass wieder Landwirtschaft möglich ist, ohne staatliche Förderung zu erhalten! Und dies ist möglich, wenn nur die Bürokratie zurückgefahren wird. Wir, die Winkelmanns, überlegen auch ernsthaft, komplett auf die Zuschüsse zu verzichten. So können wir freier arbeiten, ohne Vorgaben, wann wie zu arbeiten ist. Der gesunde Erhalt von Flora und Fauna ist uns ganz wichtig und auch fast allen Landwirten, traue ich mich zu behaupten. Wer weiß denn besser, wann der Acker trocken genug ist zum Befahren, das muss nicht durch den Staat durch ein Datum festgelegt werden.
  • Durch die enorm gestiegenen Kosten überall haben wir finanziell momentan zu kämpfen und können nicht ohne weiteres auf die doch hohe Summe an Zuschüssen verzichten. Mit Ihrer Unterstützung schaffen wir es hoffentlich bald! Sie brauchen aber nicht zu fürchten, dass in diesem Fall der Bauer treiben kann, was er will. Bei uns sind immer noch ausreichend Kontrollen da durch Bio, Demeter und KAT….

Dies waren nun Beispiele konkret aus der Landwirtschaft, weshalb die Bauern auf die Straße gehen. Es steckt also viel mehr dahinter als nur die Abschaffung der Agrardieselvergünstigung und der Kfz-Steuer-Befreiung. Deshalb geben die Landwirte auch nicht nach. Die Zugeständnisse der Regierung sind nur ein Verschieben von Geld. Übrigens sind die Probleme bereits vor Jahren losgegangen unter der früheren Regierung. Die Ampel ist also nicht alleine schuld, sie führt es fort und muss es nun ausbaden.

Die ersten Erfolge biologisch-dynamischer Landwirtschaft

Ernst Stegemann (1882–1943) war der erste biologisch-dynamische Landwirt. Er war Anthroposoph mit einem 150 Hektar großen Mischbetrieb in Marienstein, auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Hamburg. Stegemann besuchte im Juni 1924 den Landwirtschaftskurs in Koberwitz (heute Kobierzyce, Polen), bei dem Dr. Rudolf Steiner (1861–1925) die historischen Grundlagen für den biologisch-dynamischen und ökologischen Landbau legte. Stegemann war Gründungsmitglied des Experimentierkreises anthroposophischer Bauern und Gärtner, der von Steiner während des Koberwitz-Kurses gegründet wurde. Im Vorfeld des Kurses gab Steiner Stegemann erste Einblicke in die landwirtschaftliche Praxis. Steiners Auftrag an die Bauern und Gärtner des Experimentierkreises lautete, seine „Hinweise“ für eine neue und damals noch namenlose Landwirtschaft zu erproben, festzustellen, was funktioniert, und dann die Ergebnisse zu veröffentlichen und damit die „Ära der Geheimhaltung“ zu beenden. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten die Mitglieder des Zirkels die Vertraulichkeit des Kurses und der Experimente wahren. Die vorliegende Arbeit enthüllt einige der frühesten Ergebnisse der Probe von Steiners Indikationen. Bei Stegemann steigt der Jahresertrag der Zuckerrüben über acht Jahre mit Hilfe der Biodynamik um bis zu 26 % (gegenüber dem Basisjahr 1923). Der Jahresertrag für „Getreide“ steigt mit Hilfe der Biodynamik um bis zu 42% (im Vergleich zum Basisjahr 1923). Stegemanns Längsertragsdaten wurden im Juni 1931 den Mitgliedern des Experimentierkreises unter Geheimhaltung auf seinem Hof in Marienstein (damals Provinz Hannover; heute Niedersachsen) vorgelegt und scheinen nun von diesen Zwängen der Vertraulichkeit befreit zu sein.

Quelle: Paull, J. (2023). Erträge der biologisch-dynamischen Landwirtschaft von Ernst Stegemann (1882-1943): Versuchskreisdaten des ersten biologisch-dynamischen Landwirts. Europäische Zeitschrift für Agrar- und Lebensmittelwissenschaften, 5(5), 1–4. https://doi.org/10.24018/ejfood.2023.5.5.699

Bio-Farm bei Rom

In der Nähe vom Flughafen Rom-Fiumicino haben wir kürzlich eine große Bio-Farm entdeckt. Über 200 Rinder grasen hier auf mehreren Weiden des 270 Hektar großen Betriebes. Auf dem Foto sieht man einige unter Olivenbäumen grasen.

Im Hofladen wird neben Bio-Rindfleisch, Bio-Käse und Demeter-Olivenöl auch Bio-Gemüse und  -Obst aus eigener Erzeugung angeboten. Einige Getreide und Konserven runden das Sortiment ab.

Zur Zeit arbeitet man gerade daran, künftig auch Gäste unterbringen zu können. Eine Alternative für Rom-Besucher. Man spricht auch Englisch.

Azienda Agricola Boccea, www.agricolaboccea.it, info@agricolaboccea.it, Tel. ++39 0661 5973 16, Handy +39 335 3091 91

Jahresbilanz zur Biofach 2024: Bio-Lebensmittelbranche entwickelt sich stabil

BÖLW fordert entschlossene politische Rahmensetzung, damit Unternehmen den Umbau des Ernährungssystems gestalten können

Nürnberg, 13.02.2024. Zum Start der Biofach, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, veröffentlicht der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) die aktuellen Branchen-kennzahlen. Demnach stieg der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland im Jahr 2023 um fünf Prozent auf 16,1 Milliarden Euro. Mit rund 1,94 Millionen Hektar werden nun knapp 12 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet. Gut 14 Prozent aller Höfe in Deutschland arbeiteten nach den strengen Vorgaben der EU-Bio-Verordnung oder den darüber hinaus gehenden Regeln der Öko-Verbände. Insgesamt gab es 36.535 Bio-Höfen in ganz Deutschland.

Tina Andres, Vorstandsvorsitzende BOELW, bilanziert: „Das Plus der Bio-Lebensmittelwirtschaft bei Umsatz und Flächen zeigt, wie stabil die Branche ist. In anspruchsvollen Zeiten übernehmen Bio-Unternehmer und -Unternehmerinnen Tag für Tag erfolgreich Verantwortung für Gemeingüter wie Böden, Gewässer, Artenvielfalt und Klima oder die ländliche Entwicklung. Mit ihrer Kreislaufwirtschaft ohne chemisch-synthetische Pestizide und ihrer artgerechten, flächengebundenen Tierhaltung trägt die Bio-Produktion maßgeblich dazu bei, Umweltschäden von 90 Milliarden Euro durch die Landwirtschaft in Deutschland zu reduzieren. Dieser Beitrag wird bisher aber viel zu wenig honoriert. Bund und Länder müssen für ihre ambitionierten Bio-Ziele endlich die notwendigen Ressourcen bereitstellen. Unser Agrar- und Ernährungssystem ist aktuell für 25 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, deshalb braucht es – wie bei der Energiewende – auch für den Umbau von Lebensmittelerzeugung und -konsum endlich die politische Entschlossenheit und die Ressourcen, die dieser Dimension gerecht werden!

Nach dem Scheitern der europäischen „Farm-to-Fork“-Strategie ist klar, dass die Ziele der Strategie, nämlich die Reduzierung von Düngemitteln, Antibiotika und Pestiziden, nur durch eine gezielte Stärkung der ökologischen Produktion erreicht werden können. Nur mit deutlich mehr Bio kann Politik gemeinsam mit Wirtschaft sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern unser Ernährungssystem zukunftsfest machen. Die Zeit drängt: Um Artensterben und Klimawandel zu bewältigen und unsere Lebensmittelproduktion dauerhaft sicher zu machen, brauchen wir jetzt mehr Tempo bei der ökologischen Transformation!“

Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand BÖLW, fordert: „Politik muss Unternehmen, die in den notwendigen Umbau unseres Ernährungssystems investieren wollen, Perspektive geben. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir muss dafür sorgen, dass unsinnige Bürokratie bei der Agrarförderung abgebaut wird. Denn Höfe, die nach dem Bio-Recht wirtschaften erbringen bereits hohe Umweltleistungen. Der Fehler, dass sie seit 2023 nicht mehr „Green by Concept” sind, muss rückgängig gemacht werden. Auch die mittelständische Bio-Ernährungswirtschaft, die es für resiliente Wertschöpfungsketten braucht, muss von Bürokratie entlastet und gezielt gefördert werden. Mehr Vielfalt auf dem Acker gibt es nur mit einer vielfältigen, dezentralen Bio-Verarbeitung! 

Es ist entscheidend, die einseitige Ausrichtung der Forschungsförderung zu beenden und die Bio-Züchtung zu stärken. Sie zielt darauf ab, dass Pflanzen ohne Pestizide auskommen und effizienter mit Dünger umgehen können. Das kommt der gesamten Landwirtschaft zugute. Bundesminister Özdemir hat zugesagt, 30 Prozent der Forschungsmittel für ökologische Forschung bereitzustellen, auch um die Bio-Züchtung zu stärken. Wenn das Forschungsministerium jedoch deutlich mehr Mittel für Gentechnikforschung als für innovative Bio-Züchtung bereitstellt, untergräbt dies die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung.

Der von der Bundesregierung begonnene Umbau der Tierhaltung muss forciert werden. Wir brauchen zur Finanzierung einer besseren Tierhaltung eine Abgabe auf Fleisch und eine Unterstützung besserer Haltungsverfahren, die Bio nicht diskriminiert.

Nach dem Scheitern der Pestizidreduktionspläne der EU bleibt als einzig wirksames Instrument der Öko-Landbau, um Artenvielfalt, Böden und Wasser vor synthetischen Pestiziden zu schützen. Auf über 95 Prozent der Bio-Flächen werden keinerlei Pflanzenschutzmittel eingesetzt, chemisch-synthetische Pestizide sind komplett verboten.”

Tina Andres: „Mit ihren Deregulierungsplänen für neue Gentechniken wollen EU-Kommission und Europaparlament ein Agrar- und Ernährungssystem fortschreiben, das Klima und Artenvielfalt zerstört. Statt weiter auf Heilsversprechen der Gentechnik-Lobby hereinzufallen, müssen EU, Bund und Länder den einzig funktionierenden Systemansatz stärken, der Ressourcenschutz in seiner DNA trägt und auch von den Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptiert und gewünscht wird – und Bäuerinnen und Bauern vor Patenten auf Saatgut schützt.”

Bio-Entwicklung in Zahlen

Landwirtschaft: 80.459 Hektar mehr Fläche für Bio-Anbau. Bildlich gesprochen haben die Höfe im Jahr 2023 täglich eine Fläche von der Größe von 307 Fußballfeldern auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Insgesamt wurden in Deutschland 11,8 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet. Die gesamte Öko-Fläche betrug 1.940.301 Hektar (+4,3 Prozent). Etwa zwei Drittel dieser Bio-Flächen erfüllten darüber hinaus die strengeren Standards der Bio-Verbände. Diese Flächen verzeichneten einen Zuwachs von rund 4,1 Prozent auf 1.234.022 Hektar. Im Jahr 2023 wurde jeder siebte Hof ökologisch bewirtschaftet (14,3 Prozent), was insgesamt 36.535 Bio-Höfen in ganz Deutschland entsprach.

Bio-Marktentwicklung: Umsatz mit Bio-Lebensmitteln mit erfreulichem Plus. Der Gesamtumsatz betrug 2023 16,1 Milliarden Euro (+5 Prozent). Der Lebensmitteleinzelhandel steigerte seine Bio-Umsätze um 7,2 Prozent auf 10,8 Milliarden Euro und erreichte insgesamt einen Marktanteil von 67 Prozent. Davon entfielen 40 Prozent auf die Discounter. Drogeriemärkte kamen im Trockensortiment auf einen Marktanteil von 25 Prozent dank breitem Sortiment bei günstigen Preisen. Im Vergleich zu 2019 zeigte der klassische Lebensmitteleinzelhandel 2023 ein Bio-Plus von 47 Prozent. Das Plus über alle Einkaufsstätten lag im gleichen Zeitraum bei 31 Prozent.

Bio-Läden und Bio-Supermärkte konnten 2023 leicht positive Umsätze verbuchen. Nach einer schwächeren ersten Jahreshälfte legte der Umsatz im zweiten Halbjahr deutlich zu. Der Bio-Fachhandel zeigte sich 2023 stabil mit einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro, was einem Zuwachs von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Zusammen mit den Non-Food-Artikeln ergab sich ein Umsatz von 3,8 Milliarden Euro.

Andere Einkaufsstätten wie Reformhäuser, Hofläden, Online-Handel, Wochenmärkte, Bäckereien und Metzgereien erzielten kleine Zuwächse von zwei Prozent und erreichten einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro. Nach einem Minus von 18 Prozent im Jahr 2022 ist das ein beachtliches Ergebnis. Besonders Lebensmittelhandwerk und Wochenmärkte sorgten für ein Plus.

Preisentwicklung: Bei einer Gesamtinflationsrate von neun Prozent für Lebensmittel im Jahr 2023 hatten Bio-Lebensmittel erneut eine bremsende Wirkung. Sie waren Vergleich nur um fünf Prozent teurer.

Trends im Bio-Lebensmittelmarkt: Einige Trockenprodukte gehörten 2023 zu den Gewinnern. Dazu zählten verpackte Backwaren, Süßwaren und Tiefkühlkost, aber auch Brotaufstriche, Feinkost und gekühlte Feinkost mit jeweils zweistelligem Umsatzzuwachs. Milchalternativen, die seit Jahren stark zulegen, gehörten mit einem Plus von 15 Prozent zu den Publikumslieblingen. Bei Bio-Frischeprodukten verzeichneten Käse und Wurst (vor allem in der verpackten Version) einen Anstieg der Verkaufsmengen von sechs beziehungsweise fünf Prozent. Grund waren vor allem Neulistungen in Discountern. Der Anteil der Handelsmarken lag 2023 bei 56 Prozent des Bio-Umsatzes, 2022 waren es noch 52 Prozent.

Hätten Sie es gewusst?

  • Insgesamt über 21.000 Bio-Hersteller und Gastronomen sorgten 2022 in Deutschland für Vielfalt auf dem Tisch.
  • 50 Prozent weniger Einsatz von fossiler Energie im Öko-Pflanzenbau – dank des Verzichts auf chemisch-synthetische Pestizide und Stickstoffdünger.
  • Deutschlands Nachbarn sind Spitzenreiter bei den Bio-Pro-Kopf-Ausgaben: Das Trio Schweiz (441 Euro), Dänemark (369 Euro) und Österreich (287 Euro) lag 2022 vor Deutschland mit 184 Euro.

Den Bio-Branchenreport 2024 mit allen Daten, Analysen und Quellenangaben können Sie hier downloaden: https://www.boelw.de/branchenreport24

Alle BÖLW-Presseinfos finden Sie auf https://www.boelw.de/presse/meldungen/

4.954 Zeichen (ohne Hintergrund), Abdruck honorarfrei, um ein Belegexemplar wird gebeten. Ansprechperson: Astrid Zand, BÖLW-Pressestelle, presse@boelw.de, +49 30 28482-307

Fotos von Tina Andres und Peter Röhrig finden Sie zur Veröffentlichung im Zusammenhang mit dieser Meldung auf https://www.boelw.de/service/mediathek/personen/.

 

Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeugerinnen, Verarbeiter und Händlerinnen von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von über 55.000 Bio-Betrieben 15,3 Milliarden Euro umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind unter anderem: Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Biokreis, Bioland, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Dachverband ökologische Pflanzenzüchtung in Deutschland, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Interessensgemeinschaft der Biomärkte, Naturland, Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe.

Wer wir sind: https://www.boelw.de/ueber-uns/mitglieder

Pressemitteilung BÖLW vom 13.02.2024