Besser, aber nicht ausreichend

Bioland-Präsident Jan Plagge kommentiert Beschlüsse der Agrarministerkonferenz zur Umsetzung der EU-Agrarpolitik

„Die heutigen Beschlüsse sind nach den zuletzt immer wieder gescheiterten und verschobenen Verhandlungen der Agrarminister*innen ein positives Zeichen. Anders als die Vorschläge von Landwirtschaftsministerin Klöckner zeigen sie mit einer dynamischen Umschichtung von Direktzahlungen aus der ersten Säule in Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule in die richtige Richtung. Um die nationalen und europäischen Umweltziele zu erreichen, reichen die Beschlüsse aber nicht aus. Dazu müssen in der kommenden Förderperiode sowohl das Finanzbudget für die Eco-Schemes stärker ansteigen als auch deutlich mehr Mittel aus der ersten in die zweite Säule umgeschichtet werden. Über dynamisch ansteigende Finanzmittel müssen schließlich die Leistungen der Landwirt*innen für den Umwelt- und Klimaschutz honoriert und der Ausbau des Ökolandbaus entsprechend der nationalen und europäischen Flächenziele für 2030 finanziert werden.“ Auf unserer Website haben wir die Bioland-Kernforderungen im Superwahljahr 2021 gesammelt: www.bioland.de

Bioland wird 50
Bioland feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. In Presseterminen, bei Hofbesuchen und mit vielen Jubiläumsaktionen erzählen wir entlang unserer Historie, woher Bioland kommt und wofür der Verband heute steht. Was 1971 mit einer Idee von 12 Frauen und Männern begann, hat sich zu Deutschlands größtem Bio-Anbauverband mit rund 10.000 Betrieben aus Erzeugung, Herstellung und Handel entwickelt. Die Bioland-Betriebe wirtschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette nach strengen Bioland-Vorgaben. Gemeinsam bilden sie eine Wertegemeinschaft zum Wohl von Mensch und Umwelt und setzen sich auf vielen Ebenen für die Anliegen des Ökolandbaus und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen ein.
Pressemitteilung vom 26.03.2021, gerald.wehde@bioland.de

Der Bio-Verbraucher e.V. gratuliert herzlich zum Jubiläum und freut sich auf weitere, gute Zusammenarbeit.

Eco-Schemes – die neue grüne Agrarpolitik – Hoffnung oder doch nur wieder Greenwashing?

Beitrag von Julia Mlawez, Bio-Verbraucher e.V.

Die Landwirtschaft steckt in einer Krise. Während immer mehr Bauern ihre Existenzen aufgeben müssen, Diversität verloren geht, wirkt die Politik nicht effektiv genug dagegen. Dabei betrifft es jeden von uns, denn es geht darum, was täglich auf unseren Tellern landet.

Die GAP (gemeinsame europäische Agrarpolitik) ist auf zwei Säulen aufgestellt, die wie folgt definiert werden:

Säule 1: Direktzahlungen an Höfe je Hektar Bewirtschaftung – ergo; umso größer ein Hof, desto mehr Geldleistungen erhält man. Aus dieser Säule werden ¾ des Geldes geschöpft
Säule 2: Hier gehen die Gelder an Maßnahmen, die an die Förderung des ländlichen Raums geknüpft sind. Diese Säule wendet sich eher an die kleinen Bauern und betrifft Artenschutz, Infrastruktur und vieles mehr.

Alle sieben Jahre wird das Geld für die Landwirtschaft aus der EU neu verhandelt. Julia Klöckner (CDU) sprach von einem Systemwechsel und einem Meilenstein für Europa. Zu klären gilt nur noch, was sie unter einem Systemwechsel versteht. Das System wird bisher von der industriellen Landwirtschaft dominiert. Der Trend in den letzten Jahrzehnten führte dazu, dass die Höfe immer größer und automatisierter wurden, große Monokulturen die Regel waren, welche mit starkem Pestizideinsatz aufrechterhalten wurden. Die Titelseiten überschlugen sich mit negativen Schlagzeilen von Missständen und Artensterben. Die gravierenden Zustände haben die mediale Aufmerksamkeit erreicht; nun ist es Zeit, seitens der Politik verantwortungsvoller zu handeln.

Kritisch zu betrachten ist die Verteilung der Gelder aus der ersten Säule, denn ein Hof ist umso umweltschädlicher, je größer er ist. Nun der angekündigte Systemwandel, die Eco-Schemes. 20 Prozent aus der ersten Säule werden nun an Umweltauflagen geknüpft, welche die einzelnen Mitgliedsstaaten selbstständig festlegen können. Hier kritisiert der Bauernverband, wann wird es eine einheitliche Regelung für die EU geben, im Ausland wird es, wie gewohnt, niedrigere Standards geben, so können die Bauern dort zu geringeren Kosten produzieren als in Deutschland. Es ergibt sich erneut ein Unterbietungswettbewerb und ein Wettbewerbsdruck für die deutschen Bauern, die am ökologischsten produzieren und dennoch am meisten darunter leiden.

Die Landwirtschaftsverbindungen protestieren schon seit Längerem; erinnert euch an die Demo in Berlin, wo Traktoren um die Siegessäule kreisten. Nicht überraschend ist, dass es den Bauern schon lange nicht gut geht, und wenn es darum geht, mehr Tierwohl und weniger Pestizide zu verwenden, heißt es dann, dass sich die Betriebe dies einfach nicht leisten können. In den neuen Eco-Schemes gibt es wieder keine Vereinbarung, die dieses Problem effektiv löst. Die Bauern, die ökologischer und bewusster wirtschaften verlieren Produktionsfläche, da sie Hecken und Blumenwiesen für den Schutz und Futterflächen für Wildtiere anbauen und dadurch einen Einkommensausgleich bekommen. Das ist zwar ein netter Ausgleich, aber keine effektive Lösung für das globale Problem. Viele Bauern bewirken bereits mit dem Anbau von Zwischenfrüchten, Maßnahmen für Klima und Umwelt. Dies sind aber keine neuen langfristigen Strategien, um etwas zu verändern. Präzisionslandschaft (Precision Farming) gilt als die passende Öko-Regelung. Damit ist die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen durch elektronische Technik gemeint. Dies führt dazu, dass man weniger Dünger und Pestizide anwendet. Ein Beispiel wäre, wenn man mit einem Traktor automatisiert über ein Feld fährt – viel Einfluss hat dieser Einsatz per se nicht auf die Umwelt. Bisher hat Deutschland Precision Farming nicht in seine Öko-Regelungen aufgenommen.

Ein weiterer Grund, warum die Agrarwende keine wirkliche Wende ist: die Mitglieder des Agrarausschusses sind Menschen aus dem industriellen Agrarbusiness. Zum Beispiel ist der Vorstandsvorsitzende einer aus der Großmolkerei in Bayern – Leute aus dem System machen Politik für das System.

Wir benötigen einheitliche Regelungen von der Politik für ganz Europa, damit der Wettbewerbsdruck in der Landwirtschaft die Luft ausgeht. Heute haben sich die Klimaziele geändert und dennoch debattieren die Politiker um Punkte, die vor drei Jahren festgelegt wurden. Wir benötigen wirksame Strategien, die dem Erhalt der Böden dienen, die Erosion vermeiden, die Übersäuerung des Wassers reduzieren und das Tierwohl verbessern.
Quellen: Beushausen, Katrin; Methmann, Chriss (Theory of Change – Der Podcast für progressive Politik (Im Versteck der Agrarlobby) (Veröffentlicht am 13.11.2020) [Zugriff am 01.12.2020], Blazekoviv, Jessica (Das neue Zauberwort der Agrarpolitik) https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-energie-und-umwelt/eco-schemes-das-neue-zauberwort-der-agrarpolitik-17036467.html [Zugriff am 03.12.2020] (Veröffentlicht am 16.11.2020), https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinsame_Agrarpolitik [Zugriff am 03.12.2020]
Siehe auch die Stellungnahme von Bioland zu diesem Thema in Rubrik 7/ Verbrauchermeinung