Jugendverbände fordern mehr Mut in der Förderung einer zukunftsfesten nachhaltigen Landwirtschaft

Gemeinsame Presseerklärung von BNN.Next, Junges Bioland e.V., Junges Naturland vom
29.09.2023; Auszug aus dem Bericht von Christian Gadenne

Am 22. und 23. September trafen sich verschiedene Jugendorganisationen zum
Jugendpolitischen Forum „Zukunftsfeste Agrar- und Ernährungssysteme“ im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Berlin, welches das Ziel hatte, junge Menschen am Bericht des Transformationsbereichs „Nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme“ zu beteiligen. Das BMEL hat richtigerweise erkannt, dass junge Menschen eine wichtige Rolle in der Land- und Lebensmittelwirtschaft spielen. Vertreter*innen verschiedener Jugendverbände stellen folgende Forderungen auf, die für krisenfeste nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme notwendig sind:

Deregulierung der Gentechnik stoppen
Der Vorschlag zur Deregulierung der Gentechnik stellt alle Nachhaltigkeitsziele, die sich die EU-Kommission mit der Farm-to-Fork Strategie gestellt hat, in Frage. Die Verbraucher*innen in der Europäischen Union müssen auch weiterhin wählen können, ob sie gentechnisch veränderte Produkte kaufen wollen oder nicht. Daher braucht es die klare Kennzeichnung vom Saatgut bis zum Endprodukt. Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, ob nach traditionellen oder neuen gentechnischen Verfahren, befeuert Anbausysteme mit Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden. Dem Ökolandbau, der nach dem Prinzip der Risikominimierung
für Mensch, Tier und Umwelt arbeitet, widerspricht diese Risiko-Technologie. Daher ist es gut, dass der Entwurf der EU-Kommission anerkennt, dass Öko-Landwirt*innen weiterhin ohne Gentechnik arbeiten. Patente auf Pflanzen oder Eigenschaften von Pflanzen erzeugen neue
Abhängigkeiten und untergraben eine resiliente bäuerliche Landwirtschaft. Sie sollten
unbedingt verhindert werden. Die Industrie ködert die europäische Gemeinschaft mit fragwürdigen Deals und Nachhaltigkeitsversprechen, die sie bisher in keiner Weise eingehalten hat. Die Bundesregierung und das BMEL dürfen sich nicht davon blenden lassen. Wir fordern sie daher auf, sich dafür einzusetzen, dass es auch weiterhin eine patent- und gentechnikfreie
landwirtschaftliche Produktion und eine echte Wahlfreiheit für Verbraucher*innen gibt.

Ökolandbau in Forschung und Bildung ausbauen
Der Ausbau des Öko-Landbaus ist für die Transformation zu einem nachhaltigen
Ernährungssystem unabdingbar. Ein elementarer Eckpfeiler dieser Transformation ist die Investition in Forschung und Bildung im Öko-Landbau sowie der ökologischen
Lebensmittelwirtschaft. Nur wenn Jungbäuerinnen und -bauern sowie Auszubildende in Herstellung und Handel schon in ihrer Ausbildung Öko-Themen kontinuierlich vermittelt bekommen und Lehrkräfte Öko-Themen in ihrer Ausbildung erlernen, kann der Weg zu 30% Öko-Landbau bereitet werden.
Umso bedauerlicher und unverständlich für junge Öko-Landwirt*innen sowie Produzent*innen ist es daher, dass die Forschungsgelder für den Ökolandbau trotz anderer Erwartungen bei 2% der Mittel stagnieren. Wichtige Öko-Forschungsprojekte können dadurch nicht umgesetzt und entscheidende Zukunftspfade nicht ausgebaut werden.

0% MWSt auf Bio
Der Bio-Fachhandel und die Bio-Anbauverbände haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Bio heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Die Bio-Bewegung hat es geschafft, Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung gesellschaftlich zu verankern. Durch ihr konsequentes Engagement qualitativ hochwertige, ökologisch erzeugte Lebensmittel anzubieten, haben die ökologisch motivierten Hersteller sowie Groß- und Einzelhändler den Grundstein für den Erfolg von Bioprodukten gelegt. Bio ist kein Nischenmarkt mehr, sondern ein bedeutender Wirtschaftszweig, der einen zentralen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leistet.

Doch das bestehende System benachteiligt nachhaltig handelnde Unternehmen. Es werden
Unternehmen subventioniert, die zu Lasten von Umwelt und Klima wirtschaften. Dies ermöglicht ihnen, günstigere Preise anzubieten, weil sie Umweltfolgeschäden auf die Allgemeinheit abwälzen. Bio-Unternehmen hingegen preisen die höheren Kosten, die eine
nachhaltige und umweltschonende Produktion mit sich bringen, ein und machen damit die
Kosten von Ökosystemdienstleistungen sichtbar.

Was wir jetzt benötigen, sind positive Anreize, um die Kosten gerechter zu verteilen. Um der
Marktverzerrung entgegenzuwirken und Verbraucher finanziell zu entlasten, wäre eine
Absenkung der Mehrwertsteuer für Bio-Produkte auf null Prozent sinnvoll.

Über den Tellerrand: Bio für Alle auch in der Außer-Haus-Verpflegung
Die Bundesregierung setzt sich verstärkt für die Förderung von Bio-Kantinen ein. Mit der
Einführung der neuen Bio-Außer-Haus-Verpflegungs-Verordnung (Bio-AHVV) und der
überarbeiteten Bundes-Kantinenrichtlinie werden die politischen Rahmenbedingungen
geschaffen, um den Anteil von Bio-Lebensmitteln in Kantinen auf 30 Prozent zu erhöhen.

Doch es braucht auch konkrete Umsetzungsmaßnahmen. Reine Quoten nützen wenig, wenn die Umstellung nur sehr schleppend vorangeht. Andere Länder in Europa wie z.B. Österreich haben gezeigt, dass die Förderung von Beratung sowie eine zeitweise Übernahme der Zertifizierungskosten ein wirksamer Hebel sind. Zudem müsse der Auf- und Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten unterstützt werden. Darüber hinaus sollte der Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Kantinen sukzessive auch über das 30-Prozent-Ziel hinaus erhöht werden.

Geschlechtergerechtigkeit: Eine Bedingung für nachhaltige Ernährung
Frauen sind in der männerdominierten Land- und Lebensmittelwirtschaft nach wie vor
strukturell benachteiligt beim Zugang zu Land, Krediten, Technologien und Bildung. In den
meisten Kontexten ist die klassische geschlechtsspezifische Arbeitsteilung richtungsweisend: Frauen versorgen den bäuerlichen Haushalt und unterstützen die Männer als Helferinnen oder Arbeiterinnen, nicht als gleichberechtigte Landwirtinnen, obwohl sie über landwirtschaftliches Wissen, Expertise und Erfahrungen verfügen. Diese Einstellung bleibt erhalten, häufig auch bei
den Frauen, die die gängige Rollenverteilung nicht hinterfragen.

Um den Herausforderungen, vor die der Klimawandel die Land- und Lebensmittelwirtschaft stellt, bestmöglich begegnen zu können, müssen Frauen und Männer ihre Perspektiven gleichberechtigt einbringen und genauso gleichberechtigt nach Lösungen suchen können. Wenn das nicht geschieht, besteht die Gefahr, dass sich die Benachteiligung von Frauen fortschreibt –
mit negativen Folgen für das Klima, die Land- und Lebensmittelwirtschaft und die Ernährungssicherheit.

Mehr Informationen: www.bioland.de/junges-bioland, christian.gadenne@bioland.de

Die Zukunft is(s)t Bio!

Diese Woche trifft sich die Bio-Welt auf der BioFach in Nürnberg. „Die Nachfrage nach Bio-Erzeugnissen geht seit Jahrzehnten in eine Richtung, und zwar nach oben”, so Jan Plagge, Präsident von Bioland e. V. „Der Bio-Umsatz in den Corona-Jahren war überdurchschnittlich und wir konnten mindestens das Level aus 2020 mit 22 Prozent Umsatzzuwachs halten.“

Zwar habe aufgrund der allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Verlagerung zum Discounter stattgefunden, doch trüge bei vielen Erzeugnissen das Preisimage der großen Handelsketten. Plagge stellt klar, dass der Naturkostfachhandel nicht immer automatisch teurer ist, wie auch die offiziellen Zahlen des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zeigen. „Insgesamt sind Bio-Lebensmittel im vergangenen Jahr um 7 Prozent teurer geworden und damit deutlich weniger als konventionelle mit 12 Prozent Steigerung”, ergänzt Plagge.

Quelle: Auszug aus Pressemitteilung Bioland e.V. vom 10. Februar 2023

Iss, was um die Ecke wächst – die Regioplus Challenge

Was für eine Challenge. Der Anspruch ist, sieben Tage nur Lebensmittel zu essen und zu trinken, die in einem Umkreis von höchstens 50 Kilometer um den eigenen Wohnort herum bio, fair und saisonal angebaut wurden. Mit der Regioplus Challenge fordert die Öko-Modellregion ihre Bürgerinnen und Bürger heraus. Die Challenge findet vom 26. September bis 2. Oktober 2022 statt.

Es klingt einfach, doch ein Blick in den Vorratsschrank verrät: Der Kaffee kommt aus Peru, der Käse aus dem Allgäu und selbst die Äpfel sind vom Bodensee. Mit der Regioplus Challenge regen neun bayerische Öko-Modellregionen dazu an, sich darüber Gedanken zu machen, woher die täglich verwendeten Lebensmittel kommen. Dabei sind die Bürgerinnen und Bürger eingeladen, Bio-Produkte aus der Region zu entdecken.

„Es freut mich, dass die Regioplus Challenge diesen Herbst wieder stattfindet und regionale Bio-Spezialitäten in den Fokus setzt. Ich möchte dazu ermuntern, sich dieser Herausforderung zu stellen“, sagt Britta Walthelm, Referentin für Umwelt und Gesundheit in Nürnberg. „Ein Einkauf auf den Nürnberger Bauernmärkten und bei Direktvermarktenden zeigt die saisonale Vielfalt und inspiriert zu herbstlichen Rezeptideen.“

Die Spielregeln

Sieben Tage essen und trinken, was maximal 50 Kilometer um den eigenen Wohnort entstanden ist. Jede Zutat eines Gerichts sollte diese Voraussetzung erfüllen. Es fängt bei A wie Apfel an und hört mit dem Z am Wortende von „Salz“ noch lange nicht auf. Das Plus in der Challenge steht für bio, saisonal und fair. Darauf sollte zusätzlich geachtet werden und mit möglichst vielen Bio-Zutaten gekocht werden. Dank der drei Joker muss niemand auf seinen morgendlichen Kaffeegenuss oder die Schokolade am Abend verzichten.

Die Challenge ist eine Aktion in der Öko-Modellregion Nürnberg, im Nürnberger Land und in Roth. Seit 2015 arbeitet man daran, Stadt und Land nachhaltiger zu verknüpfen und den Bio-Anteil zu erhöhen. Weitere Informationen unter www.oekomodellregionen.bayern/nachrichten/regioplus-challenge-2022

Warum sich Mitmachen lohnt?

Mitmachen lohnt sich für unsere Region, das Klima und für jeden, weil jeder Einkauf zählt und unsere Region so viel Leckeres zu bieten hat. Produkte, die im Einkaufskorb landen, beeinflussen die Landwirtschaft und Landschaft, die Artenvielfalt und nicht zuletzt auch das Klima. So, wie der Massenverbrauch von Palmöl Urwälder in Indonesien vernichtet, genauso erhält der Genuss von heimischem Obst die Streuobstwiese vor der Haustüre. Die Challenge bietet die Möglichkeit, die eigene Region und neue Lieblingsrezepte zu entdecken.

Zum Mitmachen kann man sich einfach auf regiopluschallenge.com anmelden und wird ab Mitte September mit Tipps und kleinen Aufgaben versorgt. Einkaufsmöglichkeiten und Rezeptideen gibt es ebenfalls auf der Seite.

In Nürnberg findet zur Vorbereitung auf die Challenge am Mittwoch, 21. September 2022, der Fermentier-Workshop „Garten im Glas“ statt. Mit Isi Kunath vom Flametti wird fränkisches Kimchi zubereitet. Am 25. September 2022 erscheint ein Koch-Podcast mit Challenge-tauglichen Gerichten von „Heimatgenuss und Weltwürze“ auf Spotify. Alle Aktionen auf regiopluschallenge.com

Rezeptwettbewerb

Wer bei der Challenge mitmacht, hat im Nu einige Rezepte zusammen, die regional, bio und saisonal sind. Mit dem Lieblingsrezept können Bürgerinnen und Bürger beim Rezeptwettbewerb der Öko-Modellregion mitmachen. Die Rezepte können über die Regioplus-Seite bis Dienstag, 2. Oktober 2022, eingereicht werden und die Gewinnerinnen und Gewinner dürfen sich über eine kleine Überraschung freuen.

Kontakt

Öko-Modellregion Nürnberg, Nürnberger Land, Roth

Franziska Distler

oekomodellregion@stadt.nuernberg.de

Tel.: 0911-231-10624

 

Besuch bei Gemüsegärtnerei Höfler GbR im Knoblauchsland

Die Höfler GbR ist die einzige Demeter-Gärtnerei im Nürnberger Knoblauchsland. Am 13. August hat uns Peter Höfler durch seinen Betrieb geführt. Es ist ein Großbetrieb: sieben Hektar, davon fünf unter heizbarem Hochglas. Spezialität: Tomaten und Minigurken. In einem weiteren Betrieb in Weißenbronn werden Schlangengurken kultiviert. Die Kulturperiode reicht von Februar bis November, die Erntezeit von Juni bis November. Dann werden die Gewächshäuser leer geräumt; das Tomaten- und Gurkenkraut geschreddert und mit verottetem Schafs- und Hühnermist kompostiert. Von den zwei Hektar Freifläche wird zweimal im Jahr Kleegras geschnitten und zu Pellets gepresst.

In das Erdreich in den Gewächshäusern wird im Winter der mit den biodynamischen Präparaten behandelte Kompost sowie Kali eingearbeitet. Mit den Jungpflanzen werden im Februar dann auch die Kleegraspellets zur ständigen Stickstoffversorgung ausgebracht. Der Humusgehalt im Boden erreicht durch diese natürliche Düngung Höchstwerte.

Die Pflanzen werden mit Wasser aus eigenen Brunnen und mit dem Regenwasser versorgt, das man von den Gewächshausdachflächen gewinnt. In Weißenbronn hat man einen riesigen Regenwassertank. Die Gewächshäuser werden mit Gas beheizt. Wasser- und Wärmeversorgung erfolgen computergesteuert. Schädlinge (Weiße Fliege, Blattlaus, Trips) werden mit Nützlingen (z.B. Marienkäfer) bekämpft.

Die Höfler GbR beliefert verschiedene Einzelhandelsketten und die ebl-Bio-Fachmärkte. Manche der Ketten kooperieren mit den Anbauverbänden Demeter, Bioland oder Biokreis. Höfler hat die Zertifizierungen aller drei und verpackt seine Demeter-Erzeugnisse auch mit Bioland- und Biokreissiegel. Wer bestimmt, wie viel der Erzeuger für seine Tomaten und Gurken erhält? Die Einkäufer der Supermarktketten. Jetzt, im Sommer, wo es riesige Mengen an Gemüse gibt, drücken sie den Preis. In solchen Zeiten kommt es vor, dass die Ernte tonnenweise vernichtet werden muss, weil auch die Einkäufer sie nicht in den Supermarktfilialen loswerden. Wer kann in solchen Situationen mehrere Tonnen Tomaten oder Gurken abnehmen und verarbeiten? Höfler hat damit begonnen, Überschüsse zu Passierten Tomaten zu verarbeiten. Die Gläser und auch Frischware kann man jederzeit am Automaten vor den Gewächshäusern im Götzenweg kaufen.

Nach dem Rundgang durch die Gewächshäuser konnten wir verschiedene Sorten Tomaten und Gurken probieren, wurden mit einem leckeren Imbiss bewirtet und konnten Gemüse kaufen. Erfahrung: Es gibt noch Tomaten, die so schmecken, wie selbstgezogen.

Kontakt: Höfler GbR, Irrhainstrasse 33, 90427 Nürnberg; Betrieb mit Verkaufsautomat: Götzenweg; Zweigstelle: 91560 Weißenbronn: Lehrweg 333; www.hoefler-biogemuese.de

 

Freispruch im Südtiroler Pestizidprozess

Liebe Leserinnen und Leser,

das war mal eine gute Nachricht: Freispruch im Südtiroler Pestizidprozess, eine Meldung des Umweltinstituts München.

„Nach zwei Jahren ist der Südtiroler Pestizidprozess endlich Geschichte! Denn am Freitag hat das Landesgericht Bozen unseren Mitarbeiter Karl Bär freigesprochen. Nachdem bereits im Januar der letzte der 1376 Kläger seinen Strafantrag zurückgezogen hatte, beantragte die Staatsanwaltschaft am Freitag eine Änderung der Anklage, durch die auch der noch im Raum stehende Vorwurf der Markenfälschung hinfällig wurde.

Mit dem Freispruch ist der Versuch der Südtiroler Landesregierung und der Obstlobby, Kritik am Pestizideinsatz juristisch zu unterbinden, endgültig gescheitert. Dass Südtirol ein Pestizidproblem hat, ist eine Wahrheit, die auszusprechen uns niemand verbieten kann. Damit ist das Urteil wegweisend für Menschen in ganz Europa, die sich für eine gesunde Umwelt einsetzen und dafür juristisch angegriffen werden. Bis zu diesem Erfolg war es ein langer und mühsamer Weg, den wir nur dank der großartigen Hilfe unserer Unterstützer*innen meistern konnten. Vielen Dank an alle, die uns in den letzten Jahren mit Tatkraft, Solidarität und Geld unterstützt haben! Nur dank Ihnen war es uns möglich, die Klage so erfolgreich abzuwehren.“

Quelle: newsletter@umweltinstitut.org vom 09.05.2022

Tierhaltungskennzeichnung: Bio-Stufe als höchster Standard geplant

Noch eine gute Nachricht von Bioland-Präsident Jan Plagge: „Umwelt-, klima- und tierfreundliches Bio ist völlig zu Recht vom Agrarminister zum Leitbild der Landwirtschaft gemacht worden. Dass nun auch bei der geplanten Tierhaltungskennzeichnung die Leistungen des Ökolandbaus mit einer eigenen Bio-Stufe als höchstem Standard für die Verbraucher*innen sichtbar werden, ist folgerichtig und sehr zu begrüßen. Die heute vorgestellten Eckpunkte eines gesetzlich verbindlichen Pflichtkennzeichnungssystems, das wir als Bioland schon seit vielen Jahren fordern, sind zudem vor allem eines: der Startschuss zu deutlich mehr Transparenz für Verbraucher*innen bei ihrer Kaufentscheidung.“

Quelle: Bioland-Pressemitteilung vom 07.06.2022, leon.mohr@bioland.de

Mein Kommentar: Wir freuen uns auch über diesen Erfolg, aber das Tierleid in der Massentierhaltung nimmt damit kein Ende. Wir wünschen uns auch in diesem Punkt durchgreifende Verbesserungen. Diese Forderung haben wir Cem Özdemir übermittelt.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Wolfgang Ritter

 

Ganz oder gar nicht – Nose-to-Tail und Leaf-to-Root

Wie und warum ein Bio-Koch alle Teile von Gemüse und Tier verwertet

Liebe Leserinnen und Leser,

heute einige Argumente für eine saisonale und regionale Bio-Küche. Argumente, auch gegen die Meinung, Bio sei für den Normal-Verbraucher zu teuer:

Eine Mousse aus Schweinezunge oder eingelegte Kohlrabistiele – das klingt für die meisten Menschen gewöhnungsbedürftig. Sollte es aber nicht, findet Bio-Spitzenkoch und Bioland-Partner Simon Tress. In seinen Gerichten verwertet er alle Produkte in Gänze – vom Blatt bis zur Wurzel, von der Nase bis zum Schwanz.

Für manche ist Simon Tress ein Vorbild, andere werfen ihm vor, polarisieren zu wollen. Für ihn selbst ist das, was er da tut, einfach normal. „Meine Familie arbeitet schon seit 71 Jahren ökologisch. Da ist doch klar, dass man den nächsten Schritt geht“, sagt er. Der nächste Schritt, das ist nicht nur der Grundsatz, alle Bio-Produkte für seine Gerichte aus einem Umkreis von maximal 25 Kilometern zu beziehen oder die Etablierung eines CO2-Menüs. Es ist eben auch der klare Anspruch, alle verwertbaren Teile von Gemüse und Tieren zu nutzen.

„Nicht wir machen den Teller, sondern die Natur“, sagt Tress, der zugleich Bioland- und Demeter-Partner ist. In seiner Küche landet nur, was gerade verfügbar ist – und das wird dann vollständig ausgekostet. So zum Beispiel bei Kohlrabi: Aus den Blättern werden Chips, die Stiele werden dünn aufgeschnitten und roh mariniert, aus der Schale stellt Simon ein geschmackintensives Pulver her, das er als besonderen Kick über die fertige Speise streuen kann, und das eigentliche Fruchtfleisch wird fermentiert. Eine Knolle – etliche Möglichkeiten.

Tress ist selbst auf dem Bauernhof großgeworden. Und was man heute als Food-Trends mit „Nose-to-Tail“ oder „Leaf-to-Root“ bezeichnet, war dort einfach Alltag. Die Familie verwertete alles, was das jeweilige Produkt hergab – nicht nur, weil es ökologisch sinnvoll ist, sondern auch aus reiner Wirtschaftlichkeit. Aus dem klassischen Bauernhof ist inzwischen ein Bio-Unternehmen geworden. Gemeinsam betreibt die Familie Tress ein Bio-Hotel, vier Bio-Restaurants und stellt zusätzlich Fertigprodukte in Bio-Qualität her. Überall setzt sich das fort, was Simon und seine drei Brüder in ihrer Kindheit auf dem Bauernhof gelernt haben.

Oft wird gesagt, dass bio zu teuer sei – auch in der Gastronomie. Simon Tress sieht das anders und beweist mit seinem Ansatz das Gegenteil. Denn der Einsatz regionaler und saisonaler Lebensmittel im Ganzen sowie der Fokus auf Gemüse statt auf Fleisch machen sein Konzept rentabel. Er findet: „Nachhaltigkeit darf keine Bürde sein. Man muss sich selbst fordern und aufs Produkt konzentrieren.“ Wenn sich mehr Hobby- und Profi-Köche und -Köchinnen für die Verwertung aller Pflanzen- und Tierteile begeistern, könnten diese nachhaltigen Geschmackserlebnisse für viele weitere Menschen zur Normalität werden.
Quelle: Pressemitteilung Bioland e.V. vom 12. Mai 2021, leon.mohr@bioland.de

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter

Besser, aber nicht ausreichend

Bioland-Präsident Jan Plagge kommentiert Beschlüsse der Agrarministerkonferenz zur Umsetzung der EU-Agrarpolitik

„Die heutigen Beschlüsse sind nach den zuletzt immer wieder gescheiterten und verschobenen Verhandlungen der Agrarminister*innen ein positives Zeichen. Anders als die Vorschläge von Landwirtschaftsministerin Klöckner zeigen sie mit einer dynamischen Umschichtung von Direktzahlungen aus der ersten Säule in Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule in die richtige Richtung. Um die nationalen und europäischen Umweltziele zu erreichen, reichen die Beschlüsse aber nicht aus. Dazu müssen in der kommenden Förderperiode sowohl das Finanzbudget für die Eco-Schemes stärker ansteigen als auch deutlich mehr Mittel aus der ersten in die zweite Säule umgeschichtet werden. Über dynamisch ansteigende Finanzmittel müssen schließlich die Leistungen der Landwirt*innen für den Umwelt- und Klimaschutz honoriert und der Ausbau des Ökolandbaus entsprechend der nationalen und europäischen Flächenziele für 2030 finanziert werden.“ Auf unserer Website haben wir die Bioland-Kernforderungen im Superwahljahr 2021 gesammelt: www.bioland.de

Bioland wird 50
Bioland feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. In Presseterminen, bei Hofbesuchen und mit vielen Jubiläumsaktionen erzählen wir entlang unserer Historie, woher Bioland kommt und wofür der Verband heute steht. Was 1971 mit einer Idee von 12 Frauen und Männern begann, hat sich zu Deutschlands größtem Bio-Anbauverband mit rund 10.000 Betrieben aus Erzeugung, Herstellung und Handel entwickelt. Die Bioland-Betriebe wirtschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette nach strengen Bioland-Vorgaben. Gemeinsam bilden sie eine Wertegemeinschaft zum Wohl von Mensch und Umwelt und setzen sich auf vielen Ebenen für die Anliegen des Ökolandbaus und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen ein.
Pressemitteilung vom 26.03.2021, gerald.wehde@bioland.de

Der Bio-Verbraucher e.V. gratuliert herzlich zum Jubiläum und freut sich auf weitere, gute Zusammenarbeit.

Chef des Umweltamtes wird Ehrenmitglied

Am 29. April 2019 fand die diesjährige Mitgliederversammlung des Bio-Verbraucher e.V. statt. Etwa 100 Mitglieder waren gekommen, um den Vorstandsbericht zu hören, Entlastung zu erteilen, ein Bio-Menü einzunehmen, Bio-Getränke zu genießen, Berichte anwesender Firmenmitglieder zu hören, etwas zu verkosten und eine Tüte voll Warenproben mitzunehmen.

Das außergewöhnliche Ereignis in diesem Jahr war aber: Der Leiter des Umweltamtes der Stadt Nürnberg, Dr. Peter Pluschke, und der Leiter der Arbeitsgemeinschaft BioMetropole Nürnberg, Dr. Werner Ebert, wurden als Ehren-Mitglieder in den Bio-Verbraucher e.V. aufgenommen. In der Urkunde dazu heißt es: „Mit der Ehrenmitgliedschaft werden herausragende Leistungen in der Verbreitung der Bio-Idee unter Erzeugern, Dienstleistern und Verbrauchern gewürdigt.“

 

Bio-Wachstum und Verbraucherverhalten

Liebe Leserinnen und Leser,

in den vergangenen 10 Jahren hat der Bio-Verbraucher e.V. mehrmals Umfragen zum Bio-Konsum durchgeführt – bei den eigenen Mitgliedern und bei Fremden (aktuell am 15. Und 16. Februar 2019; siehe www.netz.bio/Unser Blog oder www.sei.bio/Unser Blog). Auch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung ließ kürzlich über 1000 Konsumenten befragen (siehe Ökobarometer 2018 bei www.bmel.de oder www.netz.bio/ Unser Blog oder www.sei.bio/Unser Blog). Alle Umfrage-Ergebnisse zeigen:
• Der Bio-Konsum steigt stetig an; auch künftig wollen Verbraucher mehr Bio kaufen. Die Party ist noch nicht zu Ende, würden Börsianer sagen.
• Die Motivation für Bio-Einkäufe ist in erster Linie altruistisch. Dass Bio gesünder ist und oft besser schmeckt, tritt als Argument für den Bio-Konsum zurück hinter dem Wunsch, mit dem Einkauf den Klimakatastrophen entgegen zu wirken, die Umwelt zu verbessern, das Engagement der Bio-Erzeuger zu unterstützen, das Tierwohl zu fördern, die Artenvielfalt zu erhalten. Dafür ist man bereit einen höheren Preis zu zahlen.
• Der Einstieg in den Bio-Konsum geschieht am häufigsten über frische Bio-Nahrungsmittel. Nach und nach wendet man sich auch Bio-Getränken, Bio-Kosmetik, Bio-Haushaltsmitteln und Bio-Kleidung zu.

Auch das erfolgreiche Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ in Bayern zeigt, dass vielen Bürgern die Umwelt und der Artenschutz ein Anliegen ist. Bio-Bauern pflegen eine enkeltaugliche Landwirtschaft, in dem sie auf Kunstdünger und chemische Pflanzenschutzmittel verzichten, weil diese den Insekten und Vögeln den Garaus machen.

Nun gibt es ein gewichtiges Argument der Bauern: Wenn immer mehr Landwirte zum Bio-Anbau konvertieren, wächst das Bio-Angebot. Wird der Bio-Konsum mitwachsen? Wenn nicht, werden die Marktkräfte für sinkende Erzeugerpreise sorgen. Das wiederum wird dazu führen, dass auch immer mehr kleinere Bio-Bauern aufgeben müssen, weil sie dem Preisdiktat der großen Handelsketten nicht folgen können. Schon jetzt gelte für sie die Losung: Wachse oder weiche. Oder: Suche dir eine Nische.

Bauern, Handel und Konsumenten stehen vor einer großen Herausforderung: Will man, dass der Umwelt zu Liebe immer mehr Bio angeboten und konsumiert wird, dann muss man jede Initiative der Handelsketten begrüßen, ihr Bio-Sortiment zu erweitern, eigene Bio-Siegel einzuführen und Bio günstiger anzubieten als der Bio-Fachhandel oder der Bio-Bauer im eigenen Hofladen. Großen Konsumentengruppen wird dadurch Bio nahegebracht, immer mehr Bevölkerungsschichten können sich Bio leisten. Aber, was wird aus dem kleineren Bio-Erzeuger und dem Bio-Fachhandel? Werden ihnen die Kunden treu bleiben? Können sie etwas Besonderes bieten, z.B. bessere Beratung oder Bio-Ware mit Siegeln der Anbauverbände, die eine bessere Qualität versprechen? Schon bieten die ersten Discounter solche an: Demeter-Produkte gibt es bei Kaufland, Bioland-Produkte bei Lidl.

Der Verdrängungswettbewerb ist systemimmanent. Sind Vereinbarungen, wie sie jetzt Lidl mit Bioland getroffen hat (siehe Rubrik 1/ Assoziative Zusammenarbeit in diesem Info-Brief). ein Ausweg? Müssten nicht assoziative Branchen-Gespräche auf regionaler und nationaler Ebene geführt werden, in denen Mengen- und Preisvereinbarungen getroffen würden, die allen Bio-Anbietern die Existenzsicherung gewährleistet? Nahrungsmittelerzeugung ist die Grundlage unseres Lebens und Bio-Landwirtschaft wichtig für die Wiederherstellung einer intakten Umwelt. In dieser Hinsicht bedeutete jeder Bio-Landwirt, der aufgeben müsste, einen Verlust. Wir, die bewusst kaufenden Verbraucher, können durch unseren Einkauf dafür sorgen, dass auch kleinere Bio-Bauern und der Bio-Fachhandel morgen noch existieren können.

Ihr Wolfgang Ritter

Bioland für mehr Öko-Landbau – Lidl-Kooperation stärkt heimisches Bio

Auf der Internationalen Grünen Woche lud Bioland heute zur Podiumsdiskussion mit Bioland-Präsident Jan Plagge, dem Geschäftsleiter Einkauf von Lidl Deutschland Jan Bock und dem Bioland-Bauern Konrad Stöger aus dem Allgäu, der innerhalb der neuen Kooperation zwischen dem Discounter und Bioland Erzeugnisse zuliefert. Neben der Vorstellung der Handelspartnerschaft beleuchteten die Podiumsteilnehmer vor allem die Hintergründe und das Vorgehen auf dem Weg zu dieser Kooperation. „Maßgeblich für unsere Entscheidung war die Fragestellung, was wir insgesamt erreichen wollen. Nämlich einen umfassenden ökologischen Umbau der Land- und Lebensmittelwirtschaft“, so Plagge. „Unser gemeinsames Ziel ist es, den heimischen ökologischen Landbau zu fördern und voranzubringen. Nicht, weil es um Profite oder Wachstum geht – sondern weil es eine Notwendigkeit ist.“

Mehr Bioland-Erzeugnisse für weitreichenden Klima-, Umwelt- und Naturschutz
Dürresommer, Unwetter, Artensterben oder weiterhin zugelassene Pestizide haben laut Bioland gezeigt, dass die Politik im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes nicht mit dem nötigen Nachdruck agiert. „Um die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Land- und Lebensmittelwirtschaft zu unterstützen, setzen wir auf eine verantwortungsvolle Sortimentsentwicklung“, erläutert Bock. „Wir freuen uns, mit der Kooperation einen Partner an der Seite zu haben, der auf 50 Jahre Erfahrung im Bereich der ökologischen Landwirtschaft zurückgreifen kann und uns ermöglicht, unseren Kunden hochwertiges Bio von heimischen Bauern anbieten zu können.“

Plagge ergänzt: „Wir erreichen mit Lidl ganz andere Käuferschichten. Das Mehr an Käufern sorgt auch für ein Mehr an Umweltschutz, da jedes heimisch und nach strengen ökologischen Richtlinien produzierte Erzeugnis einen Beitrag dazu leistet. Der ökologische Landbau nach Bioland-Standards hat zahlreiche Werkzeuge an der Hand. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen wie eine an die Fläche angepasste Zahl von Tieren oder vielfältige Fruchtfolgen auf dem Acker, die die Fruchtbarkeit der Böden erhalten. Wichtig ist außerdem die Rückbindung von CO2 in den Böden, das gelingt über Humusaufbau. So wird nicht nur weniger CO2 verursacht, sondern die Landwirtschaft wird gleichzeitig widerstandsfähiger gegenüber Klimaeinwirkungen, wovon wir alle profitieren.“

Einsatz zum Schutz der Landschaft & Kultur
Auch Konrad Stöger, Bioland-Landwirt schreibt der Partnerschaft eine wichtige Aufgabe zu: „Ökolandwirtschaft ist die einzig richtige Form der Landwirtschaft, um unsere Lebensgrundlagen auch für folgende Generationen zu erhalten. Große Handelsketten wie Lidl haben viele Kunden, die bislang wahrscheinlich noch nie in Berührung mit unseren hochwertigen, heimischen Produkten gekommen sind. Dies betrifft vor allem jüngere Altersgruppen. Es ist für uns eine Chance, Verbraucher wachzurütteln und großen Akteuren in der Lebensmittelbranche faire Handlungswege aufzuzeigen.“

Fairplay und eine Ombudsstelle machen es möglich
Zur Frage im Podium, wie die Absicherung der Landwirte und Hersteller wie Molkereien aussehe, verweist Bioland stolz auf die neu entwickelten Fairplay-Regeln und die Besonderheit einer neu eingerichteten Ombudsstelle. „Lidl verpflichtet sich im Kooperationsvertrag zu fairen Verhandlungen mit seinen Lieferanten in der gesamten Lieferkette bis zum Bauern und zur Auszahlung auskömmlicher Erzeuger- und Herstellerpreise, damit eine nachhaltige Betriebsentwicklung aller Akteure einer Wertschöpfungskette möglich ist. Wenn diese und die zusätzlich vertraglich vereinbarten Fairplay-Regeln nicht eingehalten werden, können sich benachteiligte Bioland-Lieferanten an unsere Ombudsstelle richten. Stellt die Ombudsstelle eine Verletzung der Fairplay-Regeln fest, kann Bioland Sanktionen gegenüber Lidl aussprechen. So wird ein maximaler Schutz der Lieferanten erreicht sowie eine Gleichbehandlung aller Beteiligten sichergestellt“, so Plagge. „Die Einrichtung eines solchen Verfahrens seitens eines Erzeugerverbandes ist einzigartig, und dass Lidl sich darauf eingelassen hat, unterstreicht deren Ernsthaftigkeit“, ergänzt Plagge.

Das bestätigt auch Bioland-Landwirt Stöger: „Durch die vertragliche Absicherung der Fairplay-Regeln und der Einrichtung der Ombudsstelle fühle ich mich wohl mit der Kooperation.“
Bioland hat die Fairplay-Regeln auf der Delegiertenversammlung Ende November 2018 endgültig verabschiedet und die Ombudsstelle offiziell eingerichtet. Als Ombudsleute fungieren der Kartellrechtsexperte Christoph Peter und der Trierer Rechtsprofessor Frank Immenga.
Pressemitteilung Bioland e.V. vom 17.01.2019