Assoziative Zusammenarbeit verwirklicht

Auszug aus einem Bericht von Wolfgang Ritter
Assoziative Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen

1. im Bio-Verbraucher e.V.
Zu unseren Mitgliederversammlungen treffen sich Bio-Erzeuger, Bio- Händler, Bio-Dienstleister und Bio-Verbraucher, also alle am Bio-Wirtschaftsprozess Beteiligten. Man nimmt sich gegenseitig wahr, man schätzt sich. Firmenmitglieder können sich, ihre Arbeit und ihr Angebot vorstellen, Waren verkosten lassen und verkaufen. Es gibt ein Bio-Menü  und eine „Bio-Ausschüttung“ (eine Tüte mit Bio-Produkten verschiedener Unternehmen).  Jedes Jahr werden mehrere Bio-Ausflüge zu Bio-Erzeugern (Landwirten, Imkern, Bäckern, Brauern, Winzern usw.) organisiert, um sie und ihre Arbeitsweise kennenzulernen. Firmenmitglieder können Vorträge halten und Berichte für unseren Info-Brief oder Internetauftritt einreichen.

2. in der Stadt Nürnberg
Seit 2005 arbeiten wir regelmäßig mit der Bio-Metropole Nürnberg zusammen. In dieser Arbeitsgemeinschaft treffen sich alle am Bio-Wirtschaftsprozess Beteiligten und Interessierten. In den zweimonatlich stattfindenden Gesprächen geht es in erster Linie um Aktivitäten, wie Bio-Erzeugung und -Verbrauch in Stadt und Land gefördert werden können.  Dazu drei Beispiele:

1. Erstklässler in der Region erhalten jährlich etwa 10.000 gefüllte Bio-Brot-Boxen, um schon die Kinder mit Bio bekannt zu machen und ihre Eltern für Bio zu motivieren
2. jährlich wird im Juli ein dreitägiges Bio-Event, Bio erleben, auf dem Hauptmarkt in Nürnberg organisiert – mit etwa 100 Ausstellern und 20.000 Besuchern
3. immer wieder werden gemeinsame Aktionen in der Region durchgeführt, um z.B. alte Getreidesorten bekannt zu machen oder für regionale und saisonale Bio-Produkte zu werben (siehe auch www.biometropole-nuernberg.de).

3. Regional und national
Der Wunsch zu assoziativen Gesprächen kann von allen am Bio- Wirtschaftsprozess Beteiligten ausgehen. Dazu drei Beispiele:

1. Zusammen mit kleineren Demeter-Verbraucher-Verbänden und einigen Molkereien ließen wir Demeter-Joghurts der Molkereien Andechs, Schrozberg und Söbbeke untersuchen. Das Ergebnis: Joghurt aus Schrozberg wies geringere Gehalte an Fettsäuren der Gruppen n3 und CLA auf, was auf einen geringen Grünfutteranteil schließen ließ. In Gesprächen mit Wissenschaftlern, Molkereivertretern, Demeter-
Beratern und Bauern suchten wir Verbraucher nach Wegen, den Grünfutteranteil des Milchviehs im Einzugsgebiet von Schrozberg zu verbessern (siehe Berichte dazu Info- Brief 42/ April 2015/ Rubrik 4/ Qualitäts- und Preisrecherchen und Info-Brief 50/ April
2017/ Rubrik 1/ Assoziative Zusammenarbeit, auf www.netz.bio/ Archiv).
2. Der ökologische Obstbau in Deutschland sah sich vor große Herausforderungen gestellt. Um die Meinung der Verbraucher in künftige Produktions- und Vermarktungsstrategien mit einzubeziehen, hatte Die Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. (FÖKO) zu
einem eintägigen Runden-Tisch-Gespräch mit Obsterzeugern und –Vermarktern aus ganz Deutschland geladen. Man wollte u.a. wissen, welche Ansprüche die Verbraucher an deutsche Äpfel stellten. Wenn der Apfel ein perfektes Äußeres zeigen muss, dann bedeutet das mehr Aufwand, weil öfter gegen Schädlinge und Krankheiten biologisch
gespritzt werden muss. Wir hatten für diesen Termin eine kleine Umfrage durchgeführt. Ergebnis: Wichtig ist der Geschmack. Perfekte Äpfel schmecken nicht. Der bewusste Käufer nimmt kleinere Unebenheiten in Kauf, wenn der Apfel nicht schadstoffbelastet ist
und besser schmeckt (siehe Bericht dazu in Info-Brief 53 / Rubrik 1/ Assoziative Zusammenarbeit auf www.netz.bio/ Archiv).
3. Griechische und italienische Erzeuger wollten mit ihren Produkten in Deutschland Fuß fassen. In Gesprächen mit ihnen haben wir Möglichkeiten aufgezeigt, wie wir sie dabei durch unser Netzwerk unterstützen können. Sie folgten unserem Rat und konnten Geschäftsverbindungen anknüpfen, fanden Abnehmer für ihr Olivenöl, ihre Südfrüchte.

Quelle: Vierteljahresschrift Anthroposophie, Weihnachten 2022

Die Ära Maly ist vorbei, der Beauftragte für das Netzwerk Biometropole bleibt

Dr. Werner Ebert im Interview mit Wolfgang Ritter

  1. Die Ära Maly (Oberbürgermeister)/ Pluschke (Umweltreferent) geht nun zu Ende, du wirst die Arge BioMetropole Nürnberg weiter führen. Wie kam es zur Gründung? Waren Maly und Pluschke damals schon im Amt?

Ulrich Maly war gerade ein Jahr Oberbürgermeister. Peter Pluschke war noch Leiter der Stadtentwässerung und Umweltanalytik; er wurde 2008 zum Umweltreferenten gewählt. Der Start von Bio in Nürnberg ist wirklich schon lange her. Der erste Stadtratsbeschluss war 2003. Gefordert wurde er von aktiven Unternehmern, wie z.B. Hubert Rottner, dem Gründer der BioFach Messe. Initiiert wurde der Beschluss von Stadträtinnen der CSU und Bündnis90/Die Grünen, die SPD schloß sich dem an. Ein sehr wichtiger Hintergrund war, dass zu der Zeit Renate Künast Landwirtschaftsministerin war und erstmals in großem Stile deutschlandweit den Ökolandbau und die Bio-Branche gefördert wurde. Dies motivierte seitdem Städte und Landkreise selbst aktiv zu werden. Seitdem ist ja Bio richtig kommunal und regional geworden.

2. Wie hast du die Zeit mit diesen beiden Politikern erlebt? Anregend, unterstützend, abwägend, bremsend?

Oberbürgermeister und Umweltreferent sind natürlich zentrale Personen, wenn es um die Förderung einer Wirtschaftsbranche und um den Einsatz von gesunden Bio-Lebensmitteln geht. Beide haben wichtige Türen für Bio geöffnet, etwa auf Ebene der EU, des italienischen Netzwerkes „Cittá del Bio“, im deutschen Städtetag oder über die deutschen Bio-Städte. Beide haben auch den Kongress StadtLandBio, der parallel zur BioFach stattfindet, mit befördert. Überhaupt ist die BioFach natürlich ein wichtiges Aushängeschild für Nürnberg; beide waren auf der Messe immer als Vertreter Nürnbergs sichtbar. Klar, kann man immer mehr tun. Bei den Veranstaltungen und Empfängen des Oberbürgermeisters hätte ich mir mehr Bio gewünscht. Damit würde zwar nicht der Markt verändert, es hätte jedoch eine hohe Symbolwirkung. Ob Lebensmittel mit viel Chemie oder Konservierungsstoffen produziert werden, hat ja unmittelbaren Einfluss auf unsere Gesundheit. Ich kann mir für die Arbeit im Referat für Umwelt und Gesundheit sehr gut vorstellen, diesen Zusammenhang noch stärker herauszustellen.

3. Von wem gingen üblicherweise die Ideen und Initiativen in der Arge aus – von diesen beiden Vorgesetzten, von anderen Ämtern, von dir selbst, von den anderen Mitgliedern der Arge (Unternehmer und zivilgesellschaftliche Organisationen)?

Für mich ist nicht wichtig, von wem die Ideen ausgehen. Wichtig ist mir ein Umfeld zu haben, in dem Ideen gedeihen und das Menschen mit Ideen anzieht. So ging der Anstoß, Bio erleben durchzuführen, ja von den Bio-Verbrauchern aus.  Die essbare Stadt haben der Ernährungsrat bzw. Bluepingu in Nürnberg auf den Egidien-Platz und den Platz vor der Jakobskirche gestellt. Natürlich gingen auch wichtige Initiativen von uns aus, wie z.B. die Einrichtung der Öko-Modellregion, Förderprojekte zum Urgetreide Emmer oder das Netzwerk „Bildung. Ernährung. Ökolandbau“. Die Aufgabe von Oberbürgermeister und Referent ist dabei oft, politische Unterstützung vor allem im Stadtrat, aber auch durch Landes- und Bundesregierung zu organisieren. Hier konnte ich mich auf beide immer verlassen.

4. Wenn du nun auf über die 17-jährige Arbeit der Arge BioMetropole Nürnberg zurückblickst: Was waren Ereignisse, an die du dich gerne erinnerst, was waren große Herausforderungen, Pleiten und Erfolge?

In der alltäglichen Arbeit erscheinen Maßnahmen oft schwierig, es geht nur zäh vorwärts. Wenn ich jedoch  innehalte und auf diesen längeren Zeitraum schaue, staune ich aber dann doch, was wir alle zusammen erreicht haben. Im Jahr 2003 gab es so gut wie kein Bio-Essen in den Einrichtungen und bei Veranstaltungen der Stadt. Bei den Kitas liegt der Bio-Anteil mittlerweile bei 75%.  Auf dem Christkindlesmarkt gibt es zu Bratwurst, Glühwein und Lebkuchen immer eine Bio-Alternative. In der Rathauskantine ist eines von vier Gerichten bio. Die Berufsschulen für Ernährung und Versorgungsmanagement sowie die Berufsschule für Köche, Bäcker, Metzger sind (und das deutschlandweit einmalig) bio-zertifiziert. Die Projekte und Erfolge der Öko-Modellregion sind da noch gar nicht mitgezählt.

Am Anfang haben uns viele mit dem Bio-Thema auch nicht ernst genommen. Mittlerweile haben wir viel Rückenwind und offene Türen. Vor allem die Bayerische Staatsregierung fördert den Ökolandbau und vor allem auch die Öko-Modellregionen auf beachtlichem Niveau. Das Ziel 30% Ökolandbau bis 2030 ist ambitioniert, aber auch erforderlich. Auf Bundesebene gibt es die Zukunftsstrategie Ökolandbau. Und sogar auf EU Ebene passieren aktuell interessante Dinge. So soll es eine EU weite Ernährungsstrategie geben und im Rahmen des Green Deal der EU soll die Förderung des Ökolandbaus ein wichtiges Ziel innerhalb der EU sein.

5. Wie sieht die Zukunft der Arge BioMetropole Nürnberg aus? Welche Ziele hast du dir gesetzt? Welche Unterstützung erhoffst du dir?

Der Stadtrat hat im Oktober ja noch neue Ziele bis zum Jahr 2026 beschlossen. Das ist unser Arbeitsauftrag. Es muss sich aber auch noch zeigen, wie der neue Oberbürgermeister Marcus König und der neue Stadtrat sich beim Thema Bio positionieren. Vor dem Hintergrund von Bayern bioregio 2030, der Bio-Initiative der Staatsregierung, und der verbesserten Förderung durch das Bundesprogramm Ökolandbau erwarte ich weiter Unterstützung. Britta Walthelm, die neue Referentin für Umwelt und Gesundheit, wird das Thema Bio sicher genauso aufgreifen wie Dr. Pluschke. Ich erhoffe mir, dass die Unterstützung durch Initiativen, Vereine, Verbände und Unternehmen in Nürnberg weiter zunimmt und wir Bio noch mehr zum Markenzeichen für Nürnberg machen können. Über die Erarbeitung einer Ernährungsstrategie, so der Stadtratsbeschluss im Oktober, versuchen wir ab dem nächsten Jahr auch besondere Beteiligungsmöglichkeiten zu bieten. Insofern sprechen wir mittlerweile nicht mehr von der Arge, sondern vom Netzwerk Biometropole. Dies soll zum Ausdruck bringen, dass Bio nicht nur ein Projekt der Stadt ist, sondern in Nürnberg und in der Region breit verankert und durch das Engagement vieler Menschen getragen ist.

Kontakt: Dr. Werner Ebert, Stadt Nürnberg, Referat für Umwelt und Gesundheit, Hauptmarkt 18, 90403 Nürnberg, Tel: 0049 911 231 4189, werner.ebert@stadt.nuernberg.de

Chef des Umweltamtes wird Ehrenmitglied

Am 29. April 2019 fand die diesjährige Mitgliederversammlung des Bio-Verbraucher e.V. statt. Etwa 100 Mitglieder waren gekommen, um den Vorstandsbericht zu hören, Entlastung zu erteilen, ein Bio-Menü einzunehmen, Bio-Getränke zu genießen, Berichte anwesender Firmenmitglieder zu hören, etwas zu verkosten und eine Tüte voll Warenproben mitzunehmen.

Das außergewöhnliche Ereignis in diesem Jahr war aber: Der Leiter des Umweltamtes der Stadt Nürnberg, Dr. Peter Pluschke, und der Leiter der Arbeitsgemeinschaft BioMetropole Nürnberg, Dr. Werner Ebert, wurden als Ehren-Mitglieder in den Bio-Verbraucher e.V. aufgenommen. In der Urkunde dazu heißt es: „Mit der Ehrenmitgliedschaft werden herausragende Leistungen in der Verbreitung der Bio-Idee unter Erzeugern, Dienstleistern und Verbrauchern gewürdigt.“