Wie kann man der Inflation begegnen?

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist klar, die in der letzten Zeit gestiegenen Preise für Produkte und Dienstleistungen erfordern einen Ausgleich auf der Einnahmenseite bei den Konsumenten, die über begrenzte Mittel für den Konsum verfügen (Lohn- und Gehaltsempfänger, Arbeitslose, Rentner, Studierende). Die Gewerkschaften versuchten in diesem Jahr recht erfolgreich das für ihre Klientel zu erreichen. Wie kann man aber vermeiden, dass die erhöhten Löhne und Gehälter die Preise weiter nach oben treiben, es zu der befürchteten Lohn-Preis-Spirale kommt. Für das politische Handeln sehe ich mit André Bleicher kurzfristig zwei Möglichkeiten: Preisobergrenzen setzen und Übergewinnbesteuerung. Das erste Mittel wird schon verwendet; eine „Preiskommission“ zur Regulierung des Gasmarktpreises wurde eingesetzt und ein Konzept entworfen. Das zweite Mittel in die Hand zu nehmen, scheinen Politiker weltweit zu scheuen, dabei wäre hier viel zu holen. Durch Corona und Krieg wurden und werden in manchen Branchen Gewinne gemacht, die ihre üblichen Margen weit übertreffen. Ein Beispiel: Die Gewinne der sechs Mineralölgesellschaften Saudi Aramco, BP, Total, Shell, ExxonMobile und Wintershall Dea, lagen im ersten Halbjahr um 60 Milliarden über denen des Vorjahreszeitraumes. Hochgerechnet auf den gesamten Mineralölmarkt und das ganze Jahr, kommt man nach einer Studie von Trautvetter und Kern-Fehrenbach (Kriegsgewinne besteuern 2022) zu einem weltweiten Übergewinn von 1,16 Billionen US-Dollar. Für Deutschland ergibt sich ein rechnerischer Übergewinn von 110 Milliarden Euro im Jahr.

Mittel- und langfristig muss geändert werden, was die Krisen hervorruft

Um mittel- und langfristig gefährliche, existenzbedrohende Krisen, wie Inflation, Stagflation, Deflation zu vermeiden, müssten lebenswichtige Branchen, wie die Energiewirtschaft, vergesellschaftet, d.h. entprivatisiert werden. Der Staat könnte zunächst privat geführte Mineralölgesellschaften enteignen, um sie kapitalneutral führen zu lassen, d.h. ohne den Zwang den Kapitalmarkt mit Gewinnen bedienen zu müssen. Natürlich müsste man darauf achten, dass nicht nur die Eigentümer ausgewechselt würden, sondern dass das Unternehmen Gemeinwohl verpflichtend geführt wird. Das würde erlauben, eine assoziative Energiewirtschaft zu betreiben, die sowohl die Interessen von Industrie und Handel als auch die privater Verbraucher berücksichtigt. Enteignung verlangt nach dem Grundgesetz eine Entschädigung. Ein Konzept, wie eine solche Kapitalneutralisierung gelingen kann, wird gegenwärtig von André Bleicher und Kollegen erarbeitet (vgl. Bleicher, S. 12, Fußnote 7).

Quelle: André Bleicher: Preisbildung, Inflation, Geld, In: Sozialimpulse, Rundbrief Dreigliederung des sozialen Organismus, Heft 2, Juli 2023, Stuttgart

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Wolfgang Ritter