Wie bildet man Assoziationen – Teil 2

Auszüge aus einem Beitrag von Rudolf Isler (Teil 1 in Info-Brief 59/ Juli 2019)

Assoziationen haben nicht die Aufgabe, Preise direkt zu beeinflussen und festzulegen. Das heißt: Preise müssen sich im Markt frei bilden können. Dabei kommt es aber darauf an, wie sich die anbietenden und die nachfragenden Personen verhalten wollen. Darüber können sie Vereinbarungen treffen.
1. Ein starkes Hindernis ist der internationale Handel. Mit Konsumenten, die im Ausland einkaufen, weil es dort günstiger ist, können sich die inländischen Produzenten nicht kooperativ zusammensetzen, und ebenso ist keine Assoziation möglich mit Produzenten, die ihre Produktion ins Ausland verlagern, weil die Produktionskosten dort niedriger sind. Dass man auf ein solches Wirtschaftsverhalten vertraglich verzichtet, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine Assoziation überhaupt zustande kommt.
2. Ein weiteres Hindernis sind die Eingriffe des Staates in die Wirtschaft durch Subventionen und Begünstigungen aller Art. Für viele dieser Staatseingriffe würden die Gründe wegfallen, wenn die Wirtschaftsteilnehmer vertraglich darauf verzichteten, die Verhältnisse in anderen Ländern auszunützen und dadurch die inländischen Preise auf ein Niveau weit unter die «richtigen» Preise zu drücken.
3. In einen Assoziationsvertrag gehören auch detaillierte Vereinbarungen darüber, wie die Wirtschaftsteilnehmer sich bemühen wollen, die Ressourcen zu schonen und die Natur nicht zu schädigen.
4. Die Unternehmer werden sich verpflichten, die Erträge so unter alle Mitarbeiter zu verteilen, dass deren Bedürfnisse möglichst gut befriedigt werden.
5. Damit jeder die Situation derer, denen er gegenübersitzt, verstehen kann, ist innerhalb der Assoziation die ehrliche, nicht manipulierte Buchführung offenzulegen.
6. Ein prinzipielles Ziel der assoziativen Wirtschaft ist es, soziale Aufgaben nicht an die staatliche Politik abzuschieben, sondern selbst in die Hand zu nehmen.
7. Ein weiterer wichtiger Punkt hat sehr weitreichende rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen: Die Grundeigentümer verpflichten sich, Grund und Boden nicht zu verkaufen, nicht zu vererben und nicht zu beleihen. Der Boden wird dann nicht mehr wie eine Ware behandelt. Solange der Boden einen Preis hat, der durch spekulativen Handel beeinflusst ist, verfälscht er die Gesamtstruktur der Preise. Als Kostenfaktor wirkt er verteuernd.
8. Die Teilnehmer werden sich auch verpflichten, den Boden, das Leihkapital und das Beteiligungskapital (Eigenkapital) so zu behandeln, dass sie denjenigen Personen zur Verfügung gestellt werden, die sie benötigen und die für ihre Verwendung die nötigen fachlichen und moralischen Fähigkeiten haben.
9. Die genannten Vereinbarungen haben Konsequenzen für die Buchführung (u. a. für die Bewertung und Abschreibung des Anlagevermögens), die ebenfalls ausführlich dargestellt werden müssen.
10. Weiter ist es denkbar und für die Sache förderlich, dass die Assoziationsteilnehmer darauf hinarbeiten, ihre Tausch- und Kaufgeschäfte durch Verrechnung in einem autonomen, vom Staat und den heutigen Banken unabhängigen Geldsystem abzuwickeln, das heißt mit einem Geld, das durch diese Verrechnung als Kaufgeld entsteht und nicht wie das heutige Geld durch Kredite und Schulden.

Diese Aufzählung macht deutlich, dass das Vertrauen, das in einer Assoziation eine große Rolle spielt, ein solides Fundament braucht und fortwährend sorgfältig gepflegt werden muss. Mit Wirtschaftsteilnehmern, welche die genannten Voraussetzungen ablehnen, ist die Bildung einer Assoziation unmöglich.
Quelle: Rudolf Isler, Ueli Hurter, Assoziatives Wirtschaften – Was verstand Rudolf Steiner unter einer wirtschaftlichen Assoziation?, Dornach 2019, https://www.goetheanum-verlag.ch/nc/einzelansicht/ artikel/assoziatives-wirtschaften/shop/5987/

Wie bildet man Assoziationen – Teil 1

Auszüge aus einem Beitrag von Rudolf Isler (Teil 2 folgt in Infobrief 60)

Ein Kartell ist eine vertragliche Verbindung von Produzenten und Händlern, welche die gleichen Waren in ihrem Angebot haben. In ihren Abmachungen legen sie fest, dass bestimmte Mindestpreise nicht unterboten werden dürfen. Dadurch treten sie den Abnehmern ihrer Produkte mit gebündelter Macht gegenüber und unterdrücken die Preiskonkurrenz am Markt. Assoziationen sind das Gegenteil von Kartellen, weil in ihnen die Anbieter sich mit ihren Käufern zu Gesprächen treffen, also nicht mit Personen mit gleichen, sondern gerade mit gegensätzlichen Interessen. Assoziationen sind daher vergleichbar mit jeder vernünftigen Verkaufsverhandlung, in der ja auch die Anbieter den Käufern begegnen. Dort geht es aber um die Vereinbarung von Preisen für die Waren, die im konkreten Fall verkauft und gekauft werden sollen. Die Assoziationen dagegen schauen die Preise in einem größeren Rahmen an. Wenn sie feststellen, dass es unrichtige Preise gibt, die den Produzenten nicht eine angemessene Existenz ermöglichen, überlegen sie, mit welchen Maßnahmen erreicht werden kann, dass die Preisverhältnisse vernünftig werden. Sie legen keine Preise fest, sondern es geht um Maßnahmen auf der Seite der Produktion. Die Produktion hat die Aufgabe, immer vom Bedarf und nicht vom Gewinnstreben auszugehen. Die Produzenten müssen daher, sowie sie den Bedarf festgestellt haben, die Menge ihrer Produkte anpassen, entweder durch Erweiterung oder durch Verkleinerung der Produktion.

Praktische Konsequenzen in der heutigen Zeit
Der Bildung einer Assoziation im Sinne von Rudolf Steiner stehen heute viele rechtliche und wirtschaftliche Voraussetzungen entgegen, die vom Egoismus als Triebfeder des Wirtschaftens ausgehen. Es wird daher trotz guter Einsichten nicht möglich sein, eine Assoziation zustande zu bringen, wenn man nicht verbindlich vereinbart, dass man sich ganz anders verhalten will, als es heute üblich ist. Wir gehen davon aus, dass eine Assoziation durch einen Vertrag gebildet wird. In diesem Assoziations-Vertrag müssen Einschränkungen vereinbart werden, die viel strenger sind als das, was die heutigen Gesetze erlauben. Diese Vereinbarungen werden die Grundlage bilden, auf der Assoziationen überhaupt erst zustande kommen können.
Quelle: Rudolf Isler, Ueli Hurter, Assoziatives Wirtschaften – Was verstand Rudolf Steiner unter einer wirtschaftlichen Assoziation?, Dornach 2019, https://www.goetheanum-verlag.ch/nc/einzelansicht/ artikel/assoziatives-wirtschaften/shop/5987/