Besuch der Bioland-Gärtnerei Günter Sippel im Nürnberger Knoblauchsland

Bericht von Maris Bergmann und Wolfgang Ritter

Der Bio-Verbraucher e.V. bringt Bio-Erzeuger, Bio-Händler, Bio-Dienstleister und Bio-Verbraucher zusammen. Am  8. August 2021 waren wir bei einem Urgestein der Bio-Bewegung. Günter Sippel hat den elterlichen Betrieb schon 1964 auf Bio umgestellt und war damit der erste Bio-Landwirt im Knoblauchsland. Schon bald arbeitete er nach den Bioland-Richtlinien. Beim Rundgang durch den Verkaufsraum, die Lager- und Maschinenhallen und die Gewächshäuser erzählt uns der 82-jährige Gärtner aus seiner täglichen Arbeit.

 

Früh morgens wird geerntet, ein Teil der Ernte wird direkt vermarktet im eigenen Hofladen und auf Stadtmärkten. Die große Masse aber (etwa 85 Prozent) wird im eigenen Kühlraum zwischengelagert, bis es der Handel wochentäglich ab 14.00 Uhr abholt. Die regionale Fachmarktkette ebl ist der größte Abnehmer. Man bietet saisonales Freilandgemüse und Gewächshauskulturen.

 

Wie wächst gesundes Gemüse heran?

Für die Gesundheit der Böden ist der Fruchtwechsel wichtig. Dieser ist Voraussetzung für erfolgreiche Humusbildung. Ganz im Gegensatz zur Monokulturen, die Humus abbauen. Als Dünger werden Kalium-Spezialdünger mit hohen Gehalten an Magnesium und Schwefel sowie Haarmehlpellets als Stickstoffspender verwendet. Eine Phosphordüngung ist nicht erforderlich. Sehr wichtig ist die Bodenlockerung, aber ohne die Scholle zu wenden. Deshalb wird nicht gepflügt, sondern gestriegelt und geeggt. Wir sehen Striegelgerät und Egge, die mit einem kleinen Traktor auch in den Gewächshäusern eingesetzt werden können. Unkraut wird gehackt oder mit starken Gasbrennern abgeflammt. Dabei gilt, so Sippel: „Bekämpfe das Unkraut, solange du es noch nicht siehst – im Keimstadium“.

 

In den Gewächshäusern stehen derzeit Bohnen, Tomaten, Paprika. Sie werden gut belüftet. Trips, Blattläuse  und andere Schädlinge bedrohen die Kulturen. Gegen sie werden Nützlinge eingesetzt. Pflanzenkrankheiten werden mit biologischen Mitteln bekämpft. Die Bestäubung von Tomaten und Gurken erledigen fleißige Hummeln. Trotzdem ist auch viel Handarbeit nötig, denn Tomaten und Gurken müssen regelmäßig ausgegeizt werden, d.h. überflüssige Triebe werden ausgebrochen, damit große Früchte wachsen. Die regelmäßige Bewässerung erfolgt aus einem eigenen Brunnen von 60 Meter Tiefe. Sippel: „Im Ertrag ist keine Steigerung mehr möglich“. Wir dürfen von den vier Tomatensorten kosten.

 

Betriebserweiterung

Im Knoblauchsland bewirtschaftet Sippel 9,5 Hektar, davon ein Hektar unter Glas. Da hier eine Betriebserweiterung nicht möglich war, wurde nach der Wende in der Magdeburger Börde (Sachsen-Anhalt) ein Hof mit 40 Hektar Ackerland gekauft. Der Boden dort ist besser als in Nürnberg: 95 von 100 möglichen Bodenpunkten. Schon in 15 Metern Tiefe findet man genügend Wasser zur Versorgung der Kulturen. Dort werden Kartoffeln und Freilandgemüsesorten angebaut. Man hat auch zwei Kühlhäuser zur Verfügung, denn ein Transport der Ernte  nach Nürnberg erfolgt nur alle 14 Tage, damit sich der Transport rentiert. Sechs Mitarbeiter bewirtschaften den Betrieb dort. Sie wohnen in dem hofeigenen Bauernhaus. Auch in Nürnberg sind sechs Mitarbeiter tätig.

 

Nachfolge

Da Günter Sippel keine Kinder hat, die die Gärtnerei fortführen könnten, will man eine Familienstiftung gründen und einem geeigneten Gärtner auf diese Weise eine Existenz bieten, wenn er den Betrieb fortführt.

 

Kontakt und Verkaufszeiten: Bioland-Gärtnerei, Günter Sippel, 90425 Nürnberg-Wetzendorf, Tel. 0911-33 22 06, Fax 0911-37 88 75, Hofladen: Mo, Mi, Fr 12:00 – 13:30 u. 18:30 – 20:00 Uhr, Bauernstand: in Nürnberg am Hauptmarkt: Di und Fr 07:30 – 09:45 Uhr, in Nürnberg-Langwasser, Heinrich-Böll-Platz: Sa 07:30 – 09:45 Uhr

Wie bildet man Assoziationen – Teil 2

Auszüge aus einem Beitrag von Rudolf Isler (Teil 1 in Info-Brief 59/ Juli 2019)

Assoziationen haben nicht die Aufgabe, Preise direkt zu beeinflussen und festzulegen. Das heißt: Preise müssen sich im Markt frei bilden können. Dabei kommt es aber darauf an, wie sich die anbietenden und die nachfragenden Personen verhalten wollen. Darüber können sie Vereinbarungen treffen.
1. Ein starkes Hindernis ist der internationale Handel. Mit Konsumenten, die im Ausland einkaufen, weil es dort günstiger ist, können sich die inländischen Produzenten nicht kooperativ zusammensetzen, und ebenso ist keine Assoziation möglich mit Produzenten, die ihre Produktion ins Ausland verlagern, weil die Produktionskosten dort niedriger sind. Dass man auf ein solches Wirtschaftsverhalten vertraglich verzichtet, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine Assoziation überhaupt zustande kommt.
2. Ein weiteres Hindernis sind die Eingriffe des Staates in die Wirtschaft durch Subventionen und Begünstigungen aller Art. Für viele dieser Staatseingriffe würden die Gründe wegfallen, wenn die Wirtschaftsteilnehmer vertraglich darauf verzichteten, die Verhältnisse in anderen Ländern auszunützen und dadurch die inländischen Preise auf ein Niveau weit unter die «richtigen» Preise zu drücken.
3. In einen Assoziationsvertrag gehören auch detaillierte Vereinbarungen darüber, wie die Wirtschaftsteilnehmer sich bemühen wollen, die Ressourcen zu schonen und die Natur nicht zu schädigen.
4. Die Unternehmer werden sich verpflichten, die Erträge so unter alle Mitarbeiter zu verteilen, dass deren Bedürfnisse möglichst gut befriedigt werden.
5. Damit jeder die Situation derer, denen er gegenübersitzt, verstehen kann, ist innerhalb der Assoziation die ehrliche, nicht manipulierte Buchführung offenzulegen.
6. Ein prinzipielles Ziel der assoziativen Wirtschaft ist es, soziale Aufgaben nicht an die staatliche Politik abzuschieben, sondern selbst in die Hand zu nehmen.
7. Ein weiterer wichtiger Punkt hat sehr weitreichende rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen: Die Grundeigentümer verpflichten sich, Grund und Boden nicht zu verkaufen, nicht zu vererben und nicht zu beleihen. Der Boden wird dann nicht mehr wie eine Ware behandelt. Solange der Boden einen Preis hat, der durch spekulativen Handel beeinflusst ist, verfälscht er die Gesamtstruktur der Preise. Als Kostenfaktor wirkt er verteuernd.
8. Die Teilnehmer werden sich auch verpflichten, den Boden, das Leihkapital und das Beteiligungskapital (Eigenkapital) so zu behandeln, dass sie denjenigen Personen zur Verfügung gestellt werden, die sie benötigen und die für ihre Verwendung die nötigen fachlichen und moralischen Fähigkeiten haben.
9. Die genannten Vereinbarungen haben Konsequenzen für die Buchführung (u. a. für die Bewertung und Abschreibung des Anlagevermögens), die ebenfalls ausführlich dargestellt werden müssen.
10. Weiter ist es denkbar und für die Sache förderlich, dass die Assoziationsteilnehmer darauf hinarbeiten, ihre Tausch- und Kaufgeschäfte durch Verrechnung in einem autonomen, vom Staat und den heutigen Banken unabhängigen Geldsystem abzuwickeln, das heißt mit einem Geld, das durch diese Verrechnung als Kaufgeld entsteht und nicht wie das heutige Geld durch Kredite und Schulden.

Diese Aufzählung macht deutlich, dass das Vertrauen, das in einer Assoziation eine große Rolle spielt, ein solides Fundament braucht und fortwährend sorgfältig gepflegt werden muss. Mit Wirtschaftsteilnehmern, welche die genannten Voraussetzungen ablehnen, ist die Bildung einer Assoziation unmöglich.
Quelle: Rudolf Isler, Ueli Hurter, Assoziatives Wirtschaften – Was verstand Rudolf Steiner unter einer wirtschaftlichen Assoziation?, Dornach 2019, https://www.goetheanum-verlag.ch/nc/einzelansicht/ artikel/assoziatives-wirtschaften/shop/5987/