Neue Studien entlarven Gentechnik-Mythen

Ein herbizidresistenter Mais ist die erste mit neuer Gentechnik veränderte Pflanze, für die in der Europäischen Union (EU) die Zulassung beantragt wurde. Darauf wiesen mehrere gentechnikkritische Organisationen heute bei der Vorstellung einer Studie zu „Produkten und Profiteuren“ neuer Verfahren wie Crispr/Cas hin. Diese und eine weitere internationale Studie stellen gängige Behauptungen über angeblichen Nutzen des sogenannten Genome Editing wissenschaftlich begründet in Frage.

Der Mais DP915635, der auch ein Gift des Baumfarns gegen den Schädling Maiswurzelbohrer produzieren kann, wurde vom amerikanischen Saatgutunternehmen Corteva entwickelt. Wie die Organisation Testbiotech bereits kürzlich erläuterte, kombinierte Corteva dabei alte und neue Gentechnik (Crispr/Cas). „Das mehrstufige Verfahren kann viele ungewollte Veränderungen im Erbgut auslösen, die mit Risiken einhergehen“, warnte Geschäftsführer Christoph Then. „Die Eigenschaften der Gentechnik-Pflanzen bringen keine echten Vorteile für die Umwelt.“

Ähnlich ist auch ein Fazit der Studie „Neue Gentechnik: Produkte und Profiteure, Leere Versprechen für eine bäuerliche Landwirtschaft und das Klima“ der österreichischen Organisation Global 2000 und der deutschen Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut). Herbizidresistenz sei immer noch ein Hauptziel des Genome Editing. „Das Versprechen der Unternehmen: ‚weniger Pestizideinsatz dank neuer Gentechnik‘ lässt sich damit nicht erreichen“, konstatierte Studienautorin Eva Gelinsky. „Auch beim Kampf gegen die Klimakrise helfen solche Pflanzen nicht.“ Zwar habe Corteva im Labor einen trockenheitstoleranten Mais entwickelt. Wie der sich aber in der Umwelt verhalte, sei bislang nicht bekannt. „Viele angekündigte Pflanzen verschwinden wieder“, so die Erfahrung der Agrarwissenschaftlerin, die die Entwicklung genomeditierte Pflanzen seit 2016 beobachtet. Sie rechnet nicht damit, dass in den nächsten Jahren klimaresistente Exemplare auf den Markt kommen werden. „Wir brauchen eine große Reform des Agrarsystems und nicht punktuelle technische Lösungen“, pflichtete ihr die Biobäuerin Maria Vogt bei.

Widerlegt sieht die Studie die Behauptung, die Crispr-Technologie mache die Pflanzenzüchtung preiswerter und ermögliche sie damit auch mittelständischen Unternehmen. Denn allein Corteva habe einen Patentpool von 48 grundlegenden, teils unentbehrlichen Patenten erworben, für die jeder Nutzer eine Lizenz kaufen müsse. „Das Unternehmen kann den Pool nutzen, um Wettbewerber zu kontrollieren und die eigene marktbeherrschende Stellung abzusichern“, heißt in der Studie. Allein die hohe Anzahl von insgesamt mehreren Hundert Grundlagenpatenten zeige, „dass die mittelständischen Züchter bereits in diesem frühen Stadium der Technologieentwicklung weitgehend abgehängt sind.“ Im Blick auf aktuelle Deregulierungsdiskussionen in der EU verlangten die Studienautorinnen von der Politik, dass alle gentechnisch veränderten Pflanzen in Europa auch künftig auf Risiken geprüft und gekennzeichnet werden müssten.

Die geltenden EU-Regeln nicht nur beizubehalten, sondern sogar zu verschärfen, fordert eine neue Studie des europäischen Wissenschaftlernetzwerks Ensser im Auftrag der grünen Fraktion im Europaparlament. Sie wendet sich gegen eine Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die vom European Academies Science Advisory Council (EASAC) unterstützt worden war. Die Leopoldina hatte die europäische Politik im Dezember 2019 aufgefordert, genomeditierte Organismen vom Gentechnikrecht auszunehmen, wenn „keine artfremde genetische Information ins Genom eingefügt ist und/oder eine Kombination von genetischer Information vorliegt, die sich ebenso auf natürliche Weise oder mittels konventioneller Züchtungsverfahren ergeben kann“. Wie die Ensser-Studie kritisiert, habe die Leopoldina dabei nur eine begrenzte Zahl von Publikationen berücksichtigt, und die Ergebnisse von mindestens 200 hochrelevanten veröffentlichten wissenschaftlichen Studien außer Acht gelassen. Diese belegten, dass sich die durch Genome Editing verursachten genetischen Veränderungen, anders als von der Leopoldina behauptet, grundlegend von natürlich vorkommenden Mutationen unterschieden. Dass Pflanzen mittels Gentechnik präziser und damit sicherer verändert werden könnten, sei wissenschaftlich nicht evident – auch nicht bei neuen gentechnischen Verfahren. Und schließlich gebe es keine Belege dafür, dass die Gentechnik die Erträge als solche erhöht oder gar den Hunger reduziert habe.
Quelle:https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/34302/ vom 26.04.21

Neue Gentechnikverfahren führen zu Schäden im Erbgut

„Die Gentechnik-Schere CRISPR/Cas verursacht Schäden beim Schneiden“ überschreibt unser Partner Informationsdienst Gentechnik einen Bericht zu neuen Verfahren der Gentechnik, zu denen der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2018 geurteilt hat, dass auch sie nach dem Europäischen Gentechnikrecht reguliert und gekennzeichnet werden müssen. Verbraucher wollen weder Gentechnik noch neue Gentechnik (siehe auch Rubrik 5/ Grüne Gentechnik und andere Angriffe auf die Bio-Landwirtschaft in Info-Brief 56/ Oktober 2018).

Das gentechnische Verfahren CRISPR/Cas verursacht bei Eingriffen ins Erbgut mehr Schäden als bislang vermutet. Das zeigt eine Studie von Wissenschaftlern des renommierten britischen Wellcome Trust Sanger Institute. Sie hatten systematisch das Erbgut verschiedener Zelllinien von Mäusen und Menschen untersucht, nachdem mit dem CRISPR/Cas-Verfahren einzelne Gen-Sequenzen aus dem Erbgut entfernt worden waren. Dabei stießen die Forscher darauf, dass der Eingriff in bis zu 20 Prozent der Fälle zu unerwarteten Defekten im Erbgut geführt hatte. Mal gingen größere Stücke DNA verloren, andere Erbgutschnipsel wurden umgedreht oder an einer falschen Stelle eingebaut.

Dies sei die erste systematische Suche nach unerwarteten Nebeneffekten von CRISPR/Cas in therapeutisch relevanten Zelllinien gewesen, sagte Professor Allan Bradley, einer der Autoren der Studie. Er riet dazu, beim Einsatz der Gentechnik-Schere in der Gentherapie beim Menschen vorsichtig vorzugehen und sehr sorgfältig nach möglichen schädlichen Effekten zu suchen. Bereits vor einigen Wochen hatte ein schwedisches Forscherteam gemeldet, dass CRISPR/Cas indirekt die Entstehung von Krebs fördern könnte. Die Wissenschaftler waren darauf gestoßen, dass CRISPR/Cas besonders gut in Zellen funktioniert, denen ein bestimmtes Protein für die DNA-Reparatur fehlt. Gerade solche Zellen neigen aber dazu, unkontrolliert zu wachsen und sich zu Tumorzellen zu entwickeln. „Transplantieren wir solche Zellen einem Patienten, könnten wir demnach versehentlich die Entstehung von Krebs fördern“, zitierte das Wissenschaftsmagazin Scinexx einen der Studienautoren.

In beiden Fällen handelte es sich um den Einsatz gentechnisch veränderter Zellen zu therapeutischen Zwecken bei Menschen. Offen bleibt die Frage, was sich aus den Studienergebnissen für die Anwendung von CRISPR/Cas und anderen Genome Editing Verfahren bei Tieren und Pflanzen folgern lässt. Die Süddeutsche Zeitung zitierte einen bekannten Gentechniker mit dem Argument, dass große DNA-Abschnitte nur verloren gehen könnten, „wenn die Crispr-Technologie zum Schneiden der DNA eingesetzt werde. Zahlreiche Anwendungen zielten jedoch darauf ab, lediglich einzelne Bausteine in Genen zu verändern oder Gene stumm zu schalten.“ Doch auch dabei wurden immer wieder unerwünschte Nebeneffekte nachgewiesen, wie die Organisation Testbiotech in einem Bericht zusammenstellte. Der Londoner Molekularbiologe Michael Antoniou argumentierte auf dem Portal GMWatch, dass für die beobachteten Effekte der Reparaturmechanismus der Zelle verantwortlich sei. Es helfe deshalb nichts, CRISPR noch zielgenauer oder effektiver zu machen, die Effekte blieben die gleichen.
W.R./Quelle: https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/33310/#gsc.tab=0 vom 24.08.2018