20 Jahre Zukunftsstiftung Landwirtschaft – eine starke Initiative

Bericht von Wolfgang Ritter

Der Bio-Verbraucher e.V. arbeitet mit kleineren und größeren Partnern zusammen. Einer unserer größeren Partner wurde vergangenes Jahr (2020) 20 Jahre alt und hat immer wieder neue Initiativen ins Leben gerufen oder sich an ihnen wesentlich beteiligt. Hier ein Überblick über 20 Jahre zivilgesellschaftliche Aktivitäten.

2000 Gründung der Zukunftsstiftung Landwirtschaft Das starke Engagement der GLS Treuhand für den Ökolandbau und die ökologische Saatgutzüchtung soll dadurch sichtbarer gemacht werden. Von 20 Organisationen, Unternehmen und Privatpersonen werden rund 3 Millionen DM Gründungskapital bereitgestellt.

2001 Die erste Saatgut-Tagung findet in Kassel unter dem Titel: „Ökologisches Saatgut – Kapital von Morgen; Neue Wege in der Pflanzenzüchtung“ statt.

2002 Gründung des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und Finanzierung des Gründungskonzeptes des BÖLW (Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft)

2003 Save Our Seeds (SOS), die erste Kampagne des Berliner Büros, setzt sich europaweit für die Reinhaltung des Saatgutes von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ein. Über 300.000 Unterschriften werden gesammelt und das Reinheitsgebot in der EU durchgesetzt.

2004 Start des Informationsdienst Gentechnik, der tagesaktuell über Zusammenhänge und Hintergründe der Agro-Gentechnik informiert. Der Informationsdienst wird von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft im Auftrag von neunzehn Umwelt-, Verbraucher- und Landwirtschaftsorganisationen herausgegeben.
Gründung des Tierzuchtfonds gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund, der Schweisfurth Stiftung und bis 2008 auch von ProVieh: Ziel ist eine eigenständige, ökologische Tierzucht, die nicht auf Höchstleistung setzt.

2005 SOS organisiert die erste Europäische Konferenz gentechnikfreier Regionen in Berlin.

2006 Start der Aktion Bantam-Mais: Alle Anbaustandorte der samenfesten Mais-Sorte „Golden Bantam“ werden in einer Karte eingetragen. So demonstrieren Gärtner*innen und Privatpersonen erfolgreich gegen den Anbau von Gentechnikmais und machen auf die Gefahr seiner Auskreuzung aufmerksam.

2008 Veröffentlichung der wichtigsten Aussagen des Weltagrarberichts. Dieser wurde ab 2003 von über 400 Wissenschaftler*innen im Auftrag der Weltbank und der UN erarbeitet. Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft war durch Benny Haerlin im Aufsichtsrat vertreten und betreibt seit 2009 eine Webseite zu dem Bericht.

2011 Gründung „Meine Landwirtschaft“ durch die Zukunftsstiftung Landwirtschaft und andere Organisationen. Dieses neue Bündnis organisiert 2011 die erste „Wir haben es satt“-Demo in Berlin.

2013 Gründung der Kampagne „Freiheit für die Vielfalt“, die im folgenden Jahr erfolgreich eine von der EU-Kommission vorgeschlagene Saatgutrichtlinie verhindert, die biologisches und Erhaltungssaatgut gegenüber industriellen Hybriden noch mehr benachteiligt hätte.

2014 „Farbe der Forschung“, der zweite Wissenschaftskongress der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, findet zum Thema „Beziehungsnetzwerke“ in Berlin statt. Spendenrekord beim Saatgutfonds: Erstmals können in einem Jahr über eine Million Euro für die Forschung und Entwicklung in der ökologischen Pflanzenzüchtung gesammelt werden.

2015 Der erste 2000 m² Weltacker wird eröffnet. Er vermittelt, wie viel Ackerfläche global pro Mensch zur Verfügung steht und wie unser Lebensmittelverbrauch deren Bestellung bestimmt. 2017 hat er über 100.000 Besucher*innen auf der Internationalen Gartenausstellung in Berlin.
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2016 Der Saatgutfonds wird 20 Jahre alt. Mit seiner Unterstützung stehen inzwischen circa 100 ökologisch gezüchtete Getreide- und Gemüsesorten zur Verfügung.

2017 Gründung des Bildungsfonds Landwirtschaft, um die gezielte Förderung von Bildungs- und Ausbildungsprojekten in der Landwirtschaft zu verstärken. Veröffentlichung einer Schrift zur integralen Produktivität anlässlich der Debatte „Bio 3.0“. Ein Beitrag gegen die Konventionalisierung des Ökolandbaus. Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft fördert mit 30.000 Euro die Gründung der BioHöfe Stiftung. In die Stiftung der GLS Treuhand und der Stiftung Ökologie & Landbau können Höfe als Schenkung eingebracht und deren zukünftige ökologische Bewirtschaftung gesichert werden.

2019 Start der SOS-Kampagne für ein weltweites Moratorium bei der Freisetzung von Gene Drives. Neuer Spendenrekord beim Saatgutfonds: 1,8 Millionen Euro können für die Ökozüchtung gesammelt werden.

2020 Auf dem Weltacker in Berlin entsteht der erste Klima-Acker. Das Buch von Hans Herren und Benny Haerlin zum zehnjährigen Jubiläum des Weltagrarberichts wird von Biovision und der Zukunftsstiftung Landwirtschaft veröffentlicht.
Quelle: Jubiläumsbroschüre 20 Jahre Zukunftsstiftung Landwirtschaft, S. 4 ff., Auszüge, www.zukunftsstiftung-landwirtschaft.de

Aktuelle Saatgutauswertung: Eine Partie mit Gentechnik verunreinigt

In den diesjährigen Kontrollen von Saatgut auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) haben die zuständigen Landesbehörden in einer von insgesamt 685 beprobten Saatgutpartien Verunreinigungen nachgewiesen. Dabei handelte es sich um eine verunreinigte Maissaatgutpartie, die in Baden-Württemberg entdeckt wurde. Im Rahmen der Kontrollen nicht aufgedeckt wurde die Verunreinigung einer Zuckermaispartie, die erst im Juni 2020 bekannt wurde, auch, da Zuckermais im Rahmen des jährlichen Monitorings bisher nicht überwacht wird. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits rund 2,3 Millionen Körner des Zuckermaises in sechs Bundesländern auf einer Gesamtfläche von ca. 37 Hektar ausgesät worden. Aufgewachsene Pflanzen wurden nach Behördenangaben vor der Blüte vernichtet. Insgesamt beprobten die Behörden in diesem Jahr weniger Kulturarten und deutlich weniger Saatgutpartien als in den letzten Jahren. 2019 wurden 785 Partien überprüft, 2018 waren es 839 und 2017 insgesamt 886. Greenpeace, Bioland und die IG Saatgut fordern die Bundesländer auf, ihre Saatgutkontrollen zu verstärken und Saatgut auch auf Verunreinigungen mit neuer Gentechnik zu überprüfen.

„Eine konsequente Umsetzung der Nulltoleranz für Gentechnik im Saatgut ist für die Sicherung einer gentechnikfreien Landwirtschaft existentiell“, sagt Jan Plagge, Präsident Bioland e.V. „Wir betrachten daher mit Sorge, dass in diesem Jahr deutlich weniger Partien beprobt wurden als noch in den vergangenen. So sank 2020 die Anzahl der Maisproben gegenüber den Jahren 2016 bis 2018 um 20 Prozent, von 518 auf 415. Die Probenzahl beim Raps reduzierte sich 2020 mit 212 Proben im Vergleich zum Höchststand 2012 mit 347 Proben noch stärker. Anstatt weniger zu kontrollieren, sollten die Bundesländer ihr Monitoring deutlich verstärken. Bei Kulturarten, die wie Mais oder Raps einem hohen Verunreini­gungsrisiko ausgesetzt sind, genügt die derzeitige stichprobenartige Untersuchung eines Teils der Partien nicht. Um unsere Nahrung gentechnikfrei zu halten ist es bei diesen Risikokulturen notwendig, alle Saatgutpartien zu überprüfen. Dabei muss auch Zuckermais vor Aussaat kontrolliert werden.“
Quelle: Pressemitteilung Bioland e.V. vom 11.11.2020, gerald.wehde@bioland.de

Glyphosatklage: Bayer verliert in der Berufung

Im ersten großen Glyphosat-Musterprozess hat die Bayer-Tochter Monsanto auch die Berufung verloren. Zwar reduzierte der Richter den in der ersten Instanz verhängten Schadenersatz. Doch er bestätigte: Glyphosat ist krebserregend und Monsanto hat das verschwiegen.

Der unheilbar an Lymphdrüsenkrebs erkrankte Platzwart Dewayne Johnson war das erste Glyphosat-Opfer, das vor Gericht Recht bekam. Zu 289 Millionen US-Dollar Schadenersatz verurteilte eine Jury in San Francisco im August 2018 die Bayer-Tochter Monsanto. Später reduzierte die Richterin die Strafzahlung auf 78 Millionen Dollar. Dennoch legte Monsanto Berufung ein.

Darüber hat nun der California Court of Appeal entschieden. Das Gericht reduzierte die Strafe aus formalen Gründen noch einmal auf 20,5 Millionen Dollar (17,9 Millionen Euro). Die Summe setzt sich zu gleichen Teilen zusammen aus dem Schadenersatz, der Dewayne Johnson zugesprochen wird, und einer Strafzahlung. Denn auch das Berufungsgericht sah es als erwiesen an, dass das Pestizid Roundup die Krebserkrankung Johnsons verursacht hat und dass Monsanto die Krebsgefahr absichtlich verschwieg.

„Unserer Ansicht nach hat Johnson zahlreiche und auch belastbare Beweise dafür vorgelegt, dass Glyphosat zusammen mit den anderen Inhaltsstoffen in Roundup seinen Krebs verursacht hat“, stellte das Gericht fest. Es sah auch „substanzielle Beweise dafür, dass Monsanto vorsätzlich und bewusst ohne Rücksicht auf die Sicherheit Anderer handelte“. Aufgrund dieser Beweise hätten die Geschworenen in der ersten Instanz zurecht „böswillige Absicht“ auf Seiten Monsantos festgestellt und damit die Strafzahlung begründet.

Für Bayer ist die Entscheidung eine herbe Niederlage. Der Konzern hatte darauf gebaut, dass eine nur aus Berufsrichtern zusammengesetzte Beschwerdekammer anders urteilen würde als eine aus juristischen Laien bestehende Geschworenen-Jury. Bayer bezeichnete die Entscheidung wegen der gekürzten Zahlung als „Schritt in die richtige Richtung“; wiederholte, dass es sich bei Roundup um ein sicheres Produkt handele und kündigte an, Rechtsmittel zu prüfen. Die Klage von Dewayne Johnson und zwei weitere Musterprozesse, bei denen Bayer Berufung einlegte, sind nicht in dem Vergleich enthalten, den der Konzern Ende Juni vorstellte.
Quelle: Informationsdienst Gentechnik, www.keine-gentechnik.de, Info vom 23.07.2020

Verbände: Nulltoleranz bei Gentech-Saatgut statt Grenzwerten

Deutsches Saatgut scheint weiterhin kaum mit gentechnisch veränderten (gv) Samen verunreinigt. Im Kontrollzeitraum 2018/19 fanden die Behörden in 785 Stichproben dreimal gv-Mais und einmal gv-Raps. Verbände fordern, das geltende Nulltoleranz-Prinzip zu erhalten und häufiger zu kontrollieren. Sie befürchten, dass die europäischen Mitgliedsstaaten auf Druck der Saatgutindustrie Grenzwerte für einen erlaubten Anteil von gv-Samen in konventionellem Saatgut einführen könnten.

„Eine konsequente Umsetzung der Nulltoleranz für Gentechnik im Saatgut ist für die Sicherung einer gentechnikfreien Landwirtschaft existentiell“, sagte Jan Plagge, Präsident von Bioland e.V. Die mehr als 2000 Hektar gentechnisch verunreinigter Winterrapsfelder in der Saison 2018/19 zeigten, dass bei Kulturarten wie Mais oder Raps, wo das Risiko einer Kontamination groß ist, stichprobenartige Prüfungen des Saatguts nicht mehr ausreichten. „Um unsere Nahrung gentechnikfrei zu halten, ist es bei diesen Risikokulturen leider notwendig geworden, alle Saatgutpartien zu überprüfen“, so Plagge. „Hier sollten die Bundesländer ihr Monitoring verstärken.“ Die gentechnischen Verunreinigungen in einer Charge Monsanto-Winterraps aus Frankreich waren im Dezember 2018 erst auf einen Hinweis aus dem Nachbarland entdeckt worden. Die bereits ausgesäten Chargen mussten gefunden und vor der Blüte vernichtet werden. Denn sind auch nur wenige gentechnisch veränderte Samen einmal in die Umwelt gelangt, können sie sich vermehren und kreuzen und nicht wieder zurückgeholt werden.
Quelle: Informationsdienst Gentechnik vom 6.11.2019, www.keine-gentechnik.de

Neue Gentechnikverfahren führen zu Schäden im Erbgut

„Die Gentechnik-Schere CRISPR/Cas verursacht Schäden beim Schneiden“ überschreibt unser Partner Informationsdienst Gentechnik einen Bericht zu neuen Verfahren der Gentechnik, zu denen der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2018 geurteilt hat, dass auch sie nach dem Europäischen Gentechnikrecht reguliert und gekennzeichnet werden müssen. Verbraucher wollen weder Gentechnik noch neue Gentechnik (siehe auch Rubrik 5/ Grüne Gentechnik und andere Angriffe auf die Bio-Landwirtschaft in Info-Brief 56/ Oktober 2018).

Das gentechnische Verfahren CRISPR/Cas verursacht bei Eingriffen ins Erbgut mehr Schäden als bislang vermutet. Das zeigt eine Studie von Wissenschaftlern des renommierten britischen Wellcome Trust Sanger Institute. Sie hatten systematisch das Erbgut verschiedener Zelllinien von Mäusen und Menschen untersucht, nachdem mit dem CRISPR/Cas-Verfahren einzelne Gen-Sequenzen aus dem Erbgut entfernt worden waren. Dabei stießen die Forscher darauf, dass der Eingriff in bis zu 20 Prozent der Fälle zu unerwarteten Defekten im Erbgut geführt hatte. Mal gingen größere Stücke DNA verloren, andere Erbgutschnipsel wurden umgedreht oder an einer falschen Stelle eingebaut.

Dies sei die erste systematische Suche nach unerwarteten Nebeneffekten von CRISPR/Cas in therapeutisch relevanten Zelllinien gewesen, sagte Professor Allan Bradley, einer der Autoren der Studie. Er riet dazu, beim Einsatz der Gentechnik-Schere in der Gentherapie beim Menschen vorsichtig vorzugehen und sehr sorgfältig nach möglichen schädlichen Effekten zu suchen. Bereits vor einigen Wochen hatte ein schwedisches Forscherteam gemeldet, dass CRISPR/Cas indirekt die Entstehung von Krebs fördern könnte. Die Wissenschaftler waren darauf gestoßen, dass CRISPR/Cas besonders gut in Zellen funktioniert, denen ein bestimmtes Protein für die DNA-Reparatur fehlt. Gerade solche Zellen neigen aber dazu, unkontrolliert zu wachsen und sich zu Tumorzellen zu entwickeln. „Transplantieren wir solche Zellen einem Patienten, könnten wir demnach versehentlich die Entstehung von Krebs fördern“, zitierte das Wissenschaftsmagazin Scinexx einen der Studienautoren.

In beiden Fällen handelte es sich um den Einsatz gentechnisch veränderter Zellen zu therapeutischen Zwecken bei Menschen. Offen bleibt die Frage, was sich aus den Studienergebnissen für die Anwendung von CRISPR/Cas und anderen Genome Editing Verfahren bei Tieren und Pflanzen folgern lässt. Die Süddeutsche Zeitung zitierte einen bekannten Gentechniker mit dem Argument, dass große DNA-Abschnitte nur verloren gehen könnten, „wenn die Crispr-Technologie zum Schneiden der DNA eingesetzt werde. Zahlreiche Anwendungen zielten jedoch darauf ab, lediglich einzelne Bausteine in Genen zu verändern oder Gene stumm zu schalten.“ Doch auch dabei wurden immer wieder unerwünschte Nebeneffekte nachgewiesen, wie die Organisation Testbiotech in einem Bericht zusammenstellte. Der Londoner Molekularbiologe Michael Antoniou argumentierte auf dem Portal GMWatch, dass für die beobachteten Effekte der Reparaturmechanismus der Zelle verantwortlich sei. Es helfe deshalb nichts, CRISPR noch zielgenauer oder effektiver zu machen, die Effekte blieben die gleichen.
W.R./Quelle: https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/33310/#gsc.tab=0 vom 24.08.2018