Neue EU-Öko-Verordnung seit 1.1.2022 in Kraft

Liebe Leserinnen und Leser,

seit 1.1.2022 muss die neue EU-Öko-Verordnung angewendet werden. Allein in Deutschland müssen sich über 50.000 Unternehmen sowie Kontrollstellen und Kontrollbehörden auf die neuen gesetzlichen Vorschriften einstellen. In Europa und weltweit sind es Millionen Bäuerinnen und Bauern sowie Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die direkt oder indirekt vom Gesetz-Update betroffen sind.

Das neue Bio-Recht sorgt für eine umweltfreundliche Landwirtschaft und schonende Lebensmittel-Herstellung. Denn die EU-Öko-Verordnung bleibt ihren bewährten Grundsätzen treu – und hat sich dort, wo es wichtig ist, weiterentwickelt. An allen Stellen, an denen die Ernährungswirtschaft in der Breite nachhaltiger werden muss, sorgt die Öko-Verordnung dafür: beim Anbau von Kulturpflanzen, in der Tierhaltung und bei der Herstellung von Lebensmitteln.

Bio bleibt eine Prozessqualität. Das heißt, dass nicht nur die hohe Qualität des Endproduktes im Fokus steht, sondern vor allem der gesamte Produktionsprozess vom Acker bis in den Einzelhandel geregelt und kontrolliert wird. So sichert das Bio-Recht beispielsweise, dass die Tiere Auslauf bekommen oder Gentechnik und chemisch-synthetische Pestizide tabu sind.

Auch mit dem neuen Recht bleibt Bio der strengste und umfassendste gesetzliche Lebensmittelstandard. Die Kontrolle bleibt in staatlicher Hand und überwacht die gesetzlich geschützte Bio-Kennzeichnung: das sehr gut bekannte Bio-Siegel.

Neu im neuen Bio-Recht:

  • Geltungsbereich erweitert: Auch „landwirtschaftsnahe Produkte“ wie z.B. Bienenwachs oder Leder können jetzt in Öko-Qualität zertifiziert werden.
  • Verarbeitung: Nanostoffe sind in der Bio-Lebensmittelherstellung verboten. Die Regeln für den Einsatz von Aromen wurden verschärft: Sie müssen nun wenig verarbeitet und stärker ökologisch sein.
  • Bodengebundener Anbau gesichert: Bio-Pflanzen müssen im gewachsenen Boden wachsen, das gilt jetzt auch für Unterglas-Anbau.
  • Saatgutregeln stärken Prinzip „Bio von Anfang an“: Regeln für heterogenes und öko-gezüchtetes Material und eine Saatgutdatenbank sorgen für mehr Öko-Saatgut und setzen Anreize für die Öko-Züchtung.
  • Neue Regeln in der Tierhaltung: Viele neue Vorschriften gibt es für die Bio-Geflügelhaltung. Elterntier-, Bruderhahn- und Junghennen-Haltung sind erstmals europäisch geregelt. Gänzlich neu sind Vorgaben für Hirsche und Kaninchen.
  • Paradigmenwechsel beim Import: Galt bisher das Prinzip der Gleichwertigkeit, wird künftig Konformität herrschen – die Bio-Regeln müssen eins zu eins angewendet werden.
  • Kontrolle weiter streng: Die Bio-Kontrolle findet weiter mindestens einmal jährlich statt, wird aber risikoorientierter gestaltet.
  • Vorsorgemaßnahmen in allen Betrieben: Auch Landwirte, Händlerinnen und Importeure müssen nachweisen, dass sie gegen nicht erlaubte Stoffe vorsorgen.

Was neu ist, was bleibt beim Bio-Recht nachzulesen auf https://www.boelw.de/news/neues-bio-recht-was-bleibt-was-ist-neu/. Wo genau welche Vorschrift zu finden ist, finden Sie in dieser Übersicht https://www.boelw.de/news/uebersicht-ueber-die-neue-oeko-basisverordnung-eu-2018-48-und-ergaenzende-rechtsakte/. Die Regeln des Bio-Rechts nach Themen geordnet gibt es auf https://www.boelw.de/themen/eu-oeko-verordnung/.

Quelle: www.boelw.de/presse/meldungen/ vom  06.01.2022

 

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Wolfgang Ritter

EU-Agrarpolitik nach 2020: Geld mit Gemeinwohlleistungen verdienen, anstatt durch Landbesitz

Liebe Leserinnen und Leser,

der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Deutschland. Die 19 unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machen in ihrer jüngsten Stellungnahme deutlich, dass das Steuergeld Umwelt-, Klima- und Tierschutz statt Flächenbesitz belohnen muss und zeigen auf, wie das umgesetzt werden kann.

Mit jährlich 60 Mrd. € bestimmt die EU-Agrarpolitik (GAP), welche Landwirtschaft sich in Europa lohnt. Alle sieben Jahre wird die GAP reformiert, derzeit verhandeln Mitgliedsstaaten und EU-Parlament über die Agrarförderung nach 2020. Eine Forsa-Umfrage zeigt: Zwei Drittel der Landwirte wünschen sich eine andere EU-Agrarpolitik. Aktuell durchkreuzt die EU mit der EU-Agrarpolitik ihre eigenen Ziele, zu denen sich die Staatengemeinschaft mit Blick auf das Klima, die Umwelt, Artenvielfalt oder lebendige Dörfer verpflichtet haben.

Was entscheidend ist für eine zukunftsfähige GAP:

1. Statt 70 % Pauschalzahlungen nach Fläche brauchen wir 70 % der gesamten EU-Fördermittel für die Honorierung von freiwilligen Leistungen für den Umwelt-, Klima- und Tierschutz.
2. Verbindliche Umwelt-, Klima- und Tierschutzziele für alle Mitgliedsstaaten sind nötig, um einen Dumpingwettbewerb zu verhindern.
3. Ein großer Teil der Direktzahlungen der ersten Säule müssen für freiwillige Umweltmaßnahmen (Ecoscheme) genutzt werden.
4. Mittel aus der ersten Säule müssen in die finanziell geschwächte zweite Säule umgeschichtet werden, um dort Agrarumweltmaßnahmen, den ökologischen Landbau und Maßnahmen zur flächengebundenen artgerechten Tierhaltung finanzieren zu können.
5. Die Vorgaben für die künftige Investitionsförderung für Stallbauten müssen sich an den baulichen Vorgaben der EU-Öko-Verordnung orientieren. Nur so kann für konventionell wirtschaftende Betriebe sichergestellt werden, dass sie später auf ökologischen Landbau umstellen können.

Nach Übergabe der Empfehlungen des WBAE an das BMEL kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):

„Es besteht ein sehr hoher Veränderungsdruck in Landwirtschaft und Gesellschaft, da können wir uns keine unwirksamen teuren Politikmaßnahmen mehr leisten. Die Wissenschaftler stellen erneut fest, dass die bisherige GAP keinen hinreichenden Beitrag zur Reduzierung von Umweltbelastungen leistet. Das ist Rückenwind für Bundesministerin Klöckner durch ihren wissenschaftlichen Beirat, wenn sie eine ambitionierte Agrarpolitik für mehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz in Brüssel einfordern will.“
Quelle: BÖLW-PM vom 17.07.2019: Die Gemeinsame Agrarpolitik kann jetzt zu einem Veränderungsmotor werden!

Wie der BÖLW begrüßt auch der Bio-Verbraucher e.V. die Empfehlungen des WBAE und drängt Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, sie als Richtschnur für ihre Verhandlungen in Brüssel einzusetzen, um die kleinbäuerliche Bio-Landwirtschaft in Europa bei ihren Maßnahmen für Umwelt-, Klima- und Tierschutz angemessen zu unterstützen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter