Tierische Nahrungsmittel – Fluch oder Segen?

Forschungsbericht von Lukas Maschek vom 20.04.2023

Der weltweite Konsum tierischer Nahrungsmittel ist stark abhängig von Geografie, Einkommen und Bildung und kann sich je nach Konsumverhalten und Produktionsverhältnissen unterschiedlich auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auswirken. Tierische Nahrungsmittel wirken sich auf folgende Umweltbereiche aus:

  • Landnutzung: Tierhaltung beansprucht etwa die Hälfte der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Fläche. Etwa 50% dieser Fläche besteht aus Grasland, das für den Ackerbau nicht nutzbar ist. Das Erschließen neuer Flächen geht oft mit Entwaldung und Bodendegradierung einher. Oft besteht eine Konkurrenz zwischen Futter- und Nahrungsmittelproduktion.
  • Boden: Sowohl das Weideverhalten als auch Viehdung leisten einen wichtigen Beitrag zu ökologischen und biogeochemischen Bodenprozessen sowie zur Bodenfruchtbarkeit. Als weltweit am weitesten verbreiteter Dünger ist Viehdung auch für den Ackerbau unverzichtbar. Ein Übermaß führt jedoch zu Nährstoffverlusten und wirkt sich nachteilig auf aquatische Ökosysteme aus.
  • Wasser: Die Viehzucht verbraucht etwa 41% des weltweiten landwirtschaftlichen Wassers. Mehr als 90% dieser Menge ist «grünes Wasser», das aus Regenwasser stammt. Bei einer Weidewirtschaft auf Flächen, die sich nicht für den Ackerbau eignen, besteht demnach keine Konkurrenz ums Wasser.
  • Biodiversität: Die Zerstörung intakter Lebensräume für Weiden und Futtermittel sowie der Einsatz von Medikamenten in der Tierhaltung und Pestiziden im Ackerbau führen zu großen Verlusten der biologischen Vielfalt. Viehwirtschaft kann aber auch dazu beitragen, natürliches Grünland und somit die Artenvielfalt zu bewahren. In Europa gehören
    Grünlandlebensräume zu den Ökosystemen mit der höchsten Artenvielfalt.
  • Klima: Die Viehzucht führt zu einem hohen Ausstoß von Treibhausgasen. Etwa 30% der weltweiten Methanemissionen stammen aus der Viehzucht. Weidelandböden enthalten jedoch auch etwa 20% des globalen Bodenkohlenstoffs. Die Menge ausgestoßener Treibhausgase wird maßgeblich durch die zugrundeliegenden landwirtschaftlichen
    Praktiken beeinflusst.
  • Kreislaufwirtschaft: Die Verwendung von Viehdung als Dünger für Weiden und Ackerpflanzen ist ein wichtiger Aspekt der Kreislaufwirtschaft. Auch die Verwendung von Ernte- und Verarbeitungsresten als Viehfutter trägt dazu bei, Produktionskreisläufe zu schließen. Dies betrifft vor allem Wiederkäuer wie Kühe, da sie faseriges Pflanzenmaterial in hochwertige Proteine umwandeln können.

Bezug zur Biodynamik
Ob die Viehwirtschaft schädlich ist für Mensch und Umwelt, den Klimawandel vorantreibt oder integraler Bestandteil einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft darstellt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Betrachtet man die Viehzucht und insbesondere die Kuhhaltung aus biodynamischer Sicht, so entsteht ein klareres Bild von den ökologischen
Auswirkungen der Kuhhaltung als auch vom Nachhaltigkeitsgedanken der
biodynamischen Landwirtschaft.

Ein zentraler Gedanke der Biodynamik ist der Hoforganismus, also das synergistische Ineinandergreifen aller Teile eines Bauernhofs in einem Kreislaufsystem, das in Harmonie mit der natürlichen Umwelt steht. Kühe spielen in diesem System eine wesentliche Rolle, da sie eine Reihe von wertvollen Leistungen erbringen. Als Wiederkäuer können sie zähe Pflanzenteile und auch Erntereste in hochwertige Proteine und Nährstoffe umwandeln. Wenn Kühe grasen, lockern sie den Boden auf und verbessern den Luft- und Wasserhaushalt des Bodens. Außerdem ist ihr Dung reich an Nährstoffen, fördert das Pflanzenwachstum und verbessert die Bodenfruchtbarkeit. Die Kreislaufwirtschaft erzeugt einen Großteil des Futters selbst. Diese Praxis reduziert die mit dem Import verbundenen
Kohlenstoffemissionen. Zudem bauen biodynamische Landwirte in der Regel eine Vielzahl von Feldfrüchten an, die sie als Futter für ihre Kühe verwenden.

In der biodynamischen Landwirtschaft wird kein Kraftfutter wie Soja benötigt und somit die Entwaldung in tropischen Ländern reduziert. Der Wasserbedarf der Kühe wird fast komplett durch Regenwasser und saftiges Gras gedeckt. Ihr Weideverhalten fördert die Bodenfruchtbarkeit und die Kohlenstoffspeicherung im Boden. Zudem beugen sie der Verbuschung von Weiden vor. Ihr Futter stammt vom Hof und konkurriert nicht mit
menschlicher Ernährung. Ihre Besatzdichte ist niedrig und an die ökologischen Kapazitäten angepasst. Unter diesen Vorzeichen sind Kühe nicht nur ein essenzieller Bestandteil des Hoforganismus, sondern auch Teil einer langfristig nachhaltigen und umweltverträglichen Landwirtschaft.

Quelle: https://www.sektion-landwirtschaft.org/forschung/kuh-und-klima/ea/tierischenahrungsmittel-fluch-oder-segen

Protest mit falschen Argumenten an die verkehrten Adressaten!

Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, PRESSEMITTEILUNG – Brüssel, 26. November 2019/ Stellungnahme zum Bauernprotest am 26. November 2019 in Berlin

„Bei allem Verständnis für den Frust, den viele Landwirte spüren: Diese Form von Demonstrationen geht in die falsche Richtung. Ich habe wenig Verständnis für einen Protest, bei dem eine Masse von Landwirten unreflektiert Leuten hinterherrennt, die ein Immer-weiter-so anstreben. Denn letzteren geht es mit ihren dumpfen Sprüchen nicht um die Zukunft der Bauern und schon gar nicht um eine nachhaltig arbeitende Landwirtschaft.

Statt unbesonnen gegen alles zu wüten, was Landwirte stört, sollte sich der Protest gegen die wahren Ursachen für die Misere der Bauern wenden. Etwa gegen die falsche Verteilung der Agrarsubventionen zugunsten der Großbetriebe, gegen die Übermacht der Discounter und gegen eine seit Jahren auf Zuruf des Bauernverbandes verschleppende und verzögernde Bundesagrarpolitik, die die Probleme der Gegenwart lange ausblendet. Seit Jahren halten CSU- und CDU-Landwirtschaftsminister fest an einer irrwitzigen Exportorientierung und favorisieren einseitig eine Wachstumspolitik, die nur für eine Handvoll Landwirte passt, die aber unübersehbar unserer Umwelt schadet. Hinzukommt, dass die Regierung nichts gegen den Ausverkauf des Landes an Konzerne und außerlandwirtschaftliche Investoren tut.

Ich sage „Ja“ zum Dialog, aber ich verlange von den Landwirten, dass sie ihren Teil zum Klima-, Wasser- und Artenschutz beitragen. Man kann diese Probleme nicht einfach ignorieren oder gar mit Gezeter auslöschen. Die Umweltprobleme sind da und können nur gemeinsam gelöst werden. Wir brauchen einen Konsens für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Zukunft, aber keine populistischen Sprüche.“

Kontakt: Büro Brüssel Tel. +32-2-284-5820, martin.haeusling@europarl.europa.eu, Büro Berlin Tel. +49-(0)30-227-70020, Email: berlin@martin-haeusling.eu

EU-Agrarpolitik nach 2020: Geld mit Gemeinwohlleistungen verdienen, anstatt durch Landbesitz

Liebe Leserinnen und Leser,

der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Deutschland. Die 19 unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machen in ihrer jüngsten Stellungnahme deutlich, dass das Steuergeld Umwelt-, Klima- und Tierschutz statt Flächenbesitz belohnen muss und zeigen auf, wie das umgesetzt werden kann.

Mit jährlich 60 Mrd. € bestimmt die EU-Agrarpolitik (GAP), welche Landwirtschaft sich in Europa lohnt. Alle sieben Jahre wird die GAP reformiert, derzeit verhandeln Mitgliedsstaaten und EU-Parlament über die Agrarförderung nach 2020. Eine Forsa-Umfrage zeigt: Zwei Drittel der Landwirte wünschen sich eine andere EU-Agrarpolitik. Aktuell durchkreuzt die EU mit der EU-Agrarpolitik ihre eigenen Ziele, zu denen sich die Staatengemeinschaft mit Blick auf das Klima, die Umwelt, Artenvielfalt oder lebendige Dörfer verpflichtet haben.

Was entscheidend ist für eine zukunftsfähige GAP:

1. Statt 70 % Pauschalzahlungen nach Fläche brauchen wir 70 % der gesamten EU-Fördermittel für die Honorierung von freiwilligen Leistungen für den Umwelt-, Klima- und Tierschutz.
2. Verbindliche Umwelt-, Klima- und Tierschutzziele für alle Mitgliedsstaaten sind nötig, um einen Dumpingwettbewerb zu verhindern.
3. Ein großer Teil der Direktzahlungen der ersten Säule müssen für freiwillige Umweltmaßnahmen (Ecoscheme) genutzt werden.
4. Mittel aus der ersten Säule müssen in die finanziell geschwächte zweite Säule umgeschichtet werden, um dort Agrarumweltmaßnahmen, den ökologischen Landbau und Maßnahmen zur flächengebundenen artgerechten Tierhaltung finanzieren zu können.
5. Die Vorgaben für die künftige Investitionsförderung für Stallbauten müssen sich an den baulichen Vorgaben der EU-Öko-Verordnung orientieren. Nur so kann für konventionell wirtschaftende Betriebe sichergestellt werden, dass sie später auf ökologischen Landbau umstellen können.

Nach Übergabe der Empfehlungen des WBAE an das BMEL kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):

„Es besteht ein sehr hoher Veränderungsdruck in Landwirtschaft und Gesellschaft, da können wir uns keine unwirksamen teuren Politikmaßnahmen mehr leisten. Die Wissenschaftler stellen erneut fest, dass die bisherige GAP keinen hinreichenden Beitrag zur Reduzierung von Umweltbelastungen leistet. Das ist Rückenwind für Bundesministerin Klöckner durch ihren wissenschaftlichen Beirat, wenn sie eine ambitionierte Agrarpolitik für mehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz in Brüssel einfordern will.“
Quelle: BÖLW-PM vom 17.07.2019: Die Gemeinsame Agrarpolitik kann jetzt zu einem Veränderungsmotor werden!

Wie der BÖLW begrüßt auch der Bio-Verbraucher e.V. die Empfehlungen des WBAE und drängt Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, sie als Richtschnur für ihre Verhandlungen in Brüssel einzusetzen, um die kleinbäuerliche Bio-Landwirtschaft in Europa bei ihren Maßnahmen für Umwelt-, Klima- und Tierschutz angemessen zu unterstützen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter

Fridays for Future

Ist Schülern Bio wichtig?

Demonstranten der „Fridays for Future“-Bewegung fordern nicht nur klimafreundliche Taten, sie gehen selber mit gutem Beispiel voran und schränken sich aus ethischen, politischen oder ökologischen Gründen in ihrem Konsumverhalten ein.  Mehr als zwei Drittel (68%) haben ihre Ernährung angepasst und rund 40% verzichten auf Flugreisen. Befragt wurden 343 Demonstranten. Außerdem wurden Demo-Teilnehmer gebeten, einen Online-Fragebogen auszufüllen (Quelle: der Blitz vom 30.03.2019).

Wie sieht’s bei dir aus? Ist dir Bio wichtig?