Kein Patentschutz auf genetisches Material, das auch durch konventionelle Züchtung entstehen kann oder bereits die Natur hervorgebracht hat

Neuer Ratsvorschlag zu Gesetzgebung neuer Gentechnik ignoriert Stimmen der Praxis, Bioland-Pressemitteilung vom 27. Februar 2025

Vergangene Woche hat Polen in seiner Rolle der EU-Ratspräsidentschaft einen neuen Textentwurf zum Legislativvorschlag zu Neuen Genomischen Techniken (NGTs) vorgelegt. Bioland und der gesamte europäische Biosektor, vertreten durch IFOAM Organics Europe, zeigen sich alarmiert über die Unzulänglichkeiten des Entwurfs. In einem Brief an die Agrarminister verdeutlicht der Dachverband erneut die Problemlage der europäischen Züchter und Landwirte, sollte keine rechtssichere Lösung für den Schutz vor Patentansprüchen, die mit dem vorliegenden Entwurf bis auf konventionelle Züchtung und Wildpflanzen übergreift, gefunden werden.

Dazu ein Kommentar von Barbara Maria Rudolf, Bioland-Züchterin aus Schleswig-Holstein, Sprecherin des Bioland-Fachausschusses Pflanzenzüchtung und Mitglied im Vorstand des Dachverbands Ökologische Pflanzenzüchtung in Deutschland:

“Wir treten auf der Stelle, wenn diejenigen, die am Ende die Zeche zahlen müssen, nicht gehört werden. Daher appellieren wir an die Vernunft und Verantwortung der Ratsmitglieder, im Interesse derer zu handeln, die sie in Brüssel und auf nationaler Ebene vertreten. Patente auf Saatgut, Pflanzen und deren Eigenschaften gefährden den europäischen Züchtungssektor und landwirtschaftliche Betriebe. Profiteure sind am Ende die großen Chemiekonzerne, während insbesondere die mittelständische Agrar- und Lebensmittelwirtschaft in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeschränkt wird und dafür auch noch teuer bezahlen muss. Der Patentschutz darf sich nicht auf genetisches Material erstrecken, das auch durch konventionelle Züchtung entstehen kann oder bereits die Natur hervorgebracht hat.

Neben dem Patentrecht gibt es eine Reihe weiterer offener Fragen, die die politischen Entscheidungsträger dringend klären müssen. Ökolandwirte dürfen erwarten, dass die Mitgliedstaaten im Rat ihr Recht auf Rückverfolgbarkeit und nationale Koexistenzmaßnahmen wahren – für die Wahlfreiheit von Landwirten, Lebensmittelherstellern und Verbrauchern.  Es liegen gute und kluge Ansätze zur neuen Regulierung auf dem Tisch und die Minister täten gut daran, auf die Wissenschaft zu hören.”

Ende Januar haben Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin ein White Paper veröffentlicht. Darin beschreiben die Wissenschaftler eine Abschwächung der Schutzwirkung der Patente auf Pflanzen, die aus NGTs gewonnen wurden und präsentieren konkrete Vorschläge zur Änderung der EU-Patentrichtlinie 98/44, um den Patentumfang einzudämmen.

Quelle: outreach+Pressestelle.Bioland@cisionone.cision.com vom 27.02.2025

„Transparenz und Wahlfreiheit statt Gentechnik durch die Hintertür“

Mit ihrem Fuß- und Handabdruck oder einer Unterschrift betonten mehr als 108.000 Menschen in der Aktion ‚FOODprint‘, dass sie keine Gentechnik auf dem Acker und dem Teller wollen. Heute übergaben Vertreter der Bio-Bewegung die bunt bedruckten Stoffbahnen und Unterschriften an Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Mit dabei war Elke Röder, Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW): „Gentechnik im Essen ist ein Angebot ohne Nachfrage. Mehr als drei Viertel der Deutschen wollen ein Verbot der Gentechnik in der Landwirtschaft. Für eine Lebensmittel-Kennzeichnung sprechen sich über 93 % der Menschen aus und ebenso viele wollen, dass die Auswirkungen der Gentechnik auf die Natur untersucht werden.“
Quelle: presse@boelw.de, Berlin, 17.07.2018 (Ausschnitt)

Auch neue Gentechnik ist Gentechnik

Berlin, 25.07.2018 (Ausschnitt). Heute bestätigt der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass auch gentechnische Verfahren wie CRISPR, ODM und Co. nach dem Europäischen Gentechnikrecht reguliert und gekennzeichnet werden müssen. Das Urteil kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bio-Spitzenverbands Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):

„Jetzt ist es amtlich: Gentechnik ist Gentechnik. Das hat Europas höchstes Gericht heute klar und deutlich bestätigt. Das Gericht bekräftigt damit, was eigentlich schon immer klar war. Dass nämlich auch die tiefen technischen Eingriffe in das Erbgut von Lebewesen mit einer Gentechnik-Schere als Gentechnik eingestuft und reguliert werden müssen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung wissenschaftliche Fakten ebenso berücksichtigt wie europarechtliche Grundlagen, und insbesondere das Vorsorgeprinzip. Was aus dem Urteil folgen muss, ist klar: Die Bundesregierung muss gewährleisten, dass die gesetzlich vorgeschriebene Regulierung und Kennzeichnung für die neuen Gentechniken voll-umfänglich umgesetzt werden. Bundesministerin Julia Klöckner muss in Berlin und in Brüssel auch darauf dringen, dass die Unternehmen für Verfahren wie CRISPR und Co. Referenzmaterial und Nachweisverfahren liefern müssen. Schließlich dürfen die neuen Gentechnik-Organismen Europas Landwirten oder Verbrauchern nicht einfach untergejubelt werden, wenn zum Beispiel Saatgut aus Ländern außerhalb Europas importiert wird. Die europäischen Richter sorgen dafür, dass Bauern und Verbraucher weiter selbst darüber entscheiden können, was sie anbauen und essen.“
Quelle: presse@boelw.de