Sekem – Vision (SVG 11): Wirtschaft der Liebe

Ägypten 2057: Die Unternehmen in Ägypten arbeiten auf der Grundlage eines Wirtschaft der Liebe-Standards, der transparent ist und die tatsächlichen Kosten berücksichtigt!

Wenngleich wir berichtet haben wie wir bereits vor Jahrzehnten begonnen haben, eine Wirtschaft der Liebe umzusetzen und diese in vielen Bereichen längst praktizieren, handelt es sich bei dem Anliegen die komplette Wertschöpfung und alle daran Beteiligten sichtbar zu machen und gleichberechtigt zu fördern, um eine Jahrhundertaufgabe. Wir wollen diese bis 2057 gezielt voranbringen und systemrelevant machen. Dazu haben wir gemeinsam mit lokalen und internationalen Kontrollstellen Standards zur Zertifizierung der Wirtschaft der Liebe: „Economy of Love“ (EoL) entwickelt.

Demeter- oder Fairtrade-Standards gelten bei der EoL-Zertifizierung als Mindestvoraussetzungen. Denn in der Wirtschaft der Liebe werden nicht nur die Bauern oder die Händler berücksichtigt, die das Roh- und Verpackungsmaterial für ein Produkt liefern, sondern auch der Waldarbeiter, der den Baum für das Papier fällt, aus dem etwa eine Packung hergestellt ist, oder der Fahrer, der das Papier transportiert. Wir wollen von Anfang bis Ende Transparenz gewährleisten, nicht zuletzt, weil wir davon überzeugt sind, dass KundInnen erst dann eine mündige Kaufentscheidung treffen können. Auf das Wesentliche zusammengefasst wollen wir erreichen, dass KonsumentInnen in der Lage sind, vier grundlegende Fragen in Bezug auf das von ihnen gewählte Produkt zu beantworten, nämlich:

  1. Welche Auswirkungen hat das Produkt und dessen Herstellung auf die soziale und gesellschaftliche Umgebung?
  2. Welche Auswirkungen hat das Produkt und dessen Herstellung auf die Umwelt und Natur?
  3. Welche Auswirkungen hat das Produkt und dessen Herstellung auf die Entwicklung und Potentialentfaltung von Menschen?
  4. Wie ist der wahre Preis des Produktes?

Erst wenn so viel Transparenz geschaffen wurde, dass diese vier Fragen zufriedenstellend beantwortet werden können, kann auch Sorge dafür getragen werden, dass die wirtschaftliche Aktivität weder Umwelt noch Menschen schadet, sondern sie stattdessen fördert.

Die Einbeziehung der vier Dimensionen in die transparente Sichtbarmachung ist einer der größten Unterschiede und Fortschritte im Vergleich zu anderen Standards. Der kulturelle Aspekt, also die Frage danach, wie ein Produkt sowohl die Potentialentfaltung der VerbraucherInnen als auch der ProduzentInnen beeinflusst, wird in der Produktion bislang wenig bis gar nicht berücksichtigt. EoL soll ein multidimensionaler Standard für eine ganzheitlich nachhaltige Entwicklung sein. Das heißt beispielsweise, dass ProduzentInnen immer Zugang zu regelmäßigen kulturellen Aktivitäten und Bildungsangeboten haben müssen, dass die lokale Kultur eingebunden und lebenslanges Lernen garantiert sein müssen. Die EoL-Zertifizierung bietet auch wichtige Erweiterungen zur Bio- oder Fairtrade-Zertifizierung. Denn Wasserverbrauch, CO2-Fußabdruck oder der Einsatz von erneuerbaren Energien sind ebenso wichtig für eine verantwortungsvolle Agrikultur. Und Bewusstseinsbildung, Förderung von menschlichem Potential oder Gemeinschaftsentwicklung sind für ethisches Wirtschaften von vergleichbarer Bedeutung wie ein faires Gehalt oder soziale Absicherung.

Über ein Rückverfolgungs-Tool wird die komplette Wertschöpfungskette für alle sichtbar gemacht. So gibt das Tool Auskunft über die Bauern und VerarbeiterInnen, aber auch zu Transport, dem ökologischen Fußabdruck, oder den tatsächlichen Kosten der Produktion (also Kosten, die für Wasserverbrauch, Wasseraufbereitung, Luftsäuberung, Energie oder CO2 Ausstoß anfallen, siehe dazu SVG 5). Diese tatsächlichen Produktionskosten werden im EoL-Standard erstmalig in Form einer Zertifizierung berücksichtigt.

Bis 2027 sollen alle unsere eigenen Produkte EoL-zertifiziert sein und möglichst viele unser Partnerunternehmen, die wir mit Rohstoffen beliefern. Außerdem soll EoL langfristig nicht nur Lebensmittel, sondern alle Produkte und Dienstleistungen zertifizieren. Wir wollen damit zeigen, dass eine nachhaltige Wirtschaft, die Umwelt und Menschen fördert anstelle sie auszubeuten, ebenso erfolgreich und finanziell lohnend sein kann wie ausbeuterische Modelle.

Inspiration: Wirtschaft der Liebe ist effizient und kostengünstig

Mit der Economy of Love-Zertifizierung wollen wir es VerbraucherInnen ermöglichen, Produkte vollkommen transparent zurückzuverfolgen und den tatsächlichen Preis zu kennen. KundInnen werden so ermächtigt, die richtige Kaufentscheidung zu treffen. Denn die aktuellen Preise spiegeln meist eine Illusion wieder. Dazu gibt es einen Barcode auf jedem Produkt, der zu unserer Website führt, wo umfangreiche Hintergrundinformationen zur Verfügung stehen. Über den EoL-Standard wird deutlich, dass die Preise in den Regalen nicht die realen Preise darstellen.

Als Beispiel sei unser Anis-Tee genannt. Vergleichen wir die Kosten von einer Schachtel SEKEM-Anis-Tee mit einem konventionellen Konkurrenzprodukt in Ägypten, können wir folgendes feststellen: Der konventionelle Tee kostet die VerbraucherInnen zwar rund 20 Prozent weniger (16 Ägyptische Pfund) als die gleiche Menge unseres Bio-Tees (20 Ägyptische Pfund); aber: Bei der Produktion kommt der Bio-Tee mit 25 Liter weniger Wasser aus und verunreinigt das Grundwasser nicht. Die Aufbereitung verschmutzten Wassers kann mit 5 Ägyptischen Pfund pro Packung kalkuliert werden. Außerdem werden bei dem Anis-Anbau für eine Schachtel Anistee in der Bio-Landwirtschaft rund 75 Gramm CO2 gebunden, während bei der konventionellen Landwirtschaft gar kein CO2 gebunden wird. Wenn die CO2-Emissionen bepreist würden, wie von der FAO vorgeschlagen, etwa mit einem Ägyptischen Pfund, würde dies das konventionelle Produkt um ein weiteres Pfund pro Schachtel teurer machen. Damit läge der Anis-Tee der konventionellen Konkurrenz bereits bei 22 Ägyptischen Pfund und wäre 10% teurer als unser EoL-zertifiziertes Produkt.

Quelle: Helmy Abouleish mit Christine Arlt: SEKEM, Inspirationen – Impulse für einen zukünftigen Wandel, ISBN 978-5-95779-165-8, Frankfurt am Main 2022, Kapitel „Vision (SVG 11): Wirtschaft der Liebe“

Neuer Standard: „Wirtschaft der Liebe“

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Foto: SEKEM

„Economy of Love“ (EoL), deutsch „Wirtschaft der Liebe“, wurde von der EBDA (Egyptian Biodynamic Association) entwickelt, wird vom COAE (Center for Organic Agriculture in Egypt) zertifiziert und ist stark von der ganzheitlichen Vision SEKEMs inspiriert. Das ist auch der erste Unterschied zu anderen Standards. Während die einen den Umgang mit der Umwelt beurteilen, konzentrieren sich andere auf faire Vergütung und Arbeitsbedingungen. EoL will beides abdecken und noch mehr: „Der kulturelle Aspekt, also die Frage danach, wie ein Produkt sowohl die Potentialentfaltung der Verbraucher als auch der Produzenten beeinflusst, berücksichtigt bisher kein anderes Label“, weiß Helmy Abouleish, der als Geschäftsführer der SEKEM Initiative die Entwicklung der Standards eng begleitet hat. „EoL soll ein multidimensionaler Standard für eine ganzheitliche nachhaltige Entwicklung sein.“ So müssen die Produzenten beispielsweise immer Zugang zu regelmäßigen kulturellen Aktivitäten und Bildungsangeboten haben, die lokale Kultur muss berücksichtigt und eingebunden werden und lebenslanges Lernen garantiert sein. Des weiteren gilt bei den Kultur-Kriterien, dass nur solche Produkte EoL-zertifiziert werden, die auch zur Potentialentwicklung der Verbraucher sinnvoll beitragen. Die Zertifizierten müssen also nicht nur den Anforderungen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft oder des fairen Handelns nachkommen, sondern weitaus mehr: Die insgesamt 20 Grundkriterien betreffen die vier Dimensionen Kultur, Soziales, Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen.

Die Notwendigkeit eines weiteren Standards sehen die Entwickler auch

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Foto: SEKEM

darin, dass keines der momentan vorhandenen Labels die gesamte Wertschöpfungskette abdecken und transparent darstellen kann. „Wenn die Verbraucher die Möglichkeit hätten, die Herkunft und den Weg eines Produktes nachzuvollziehen, würden sie ein anderes Kaufverhalten an den Tag legen, davon sind wir überzeugt“, so Justus Harm, der das Label mit der EBDA hauptverantwortlich entwickelt hat. „Wir wollen den gesamten Wertschöpfungskreislauf darstellen, um die Anonymität zwischen Konsumenten und Produzenten aufzuheben. Die verlorengegangene Beziehung zum Ursprung eines Produkts hat stark zu dem enormen Wertverlust von Waren und Arbeit beigetragen.“ Und zu dieser Transparenz gehört viel mehr als ausschließlich die Rückverfolgung der Haupt-Rohware, die nur einen bestimmten Teil des gesamten Produkts ausmacht; EoL berücksichtigt auch die Herkunft der Verpackungsmaterialien, die Transportwege, die Verarbeitung und die tatsächlichen Kosten, die bei der Produktion verursacht werden. Dabei wird auf Studien und praktische Erfahrung mit der „True Cost Accounting Methode“ zurückgegriffen, in denen die externalisierten Kosten der Herstellung wie beispielsweise Wasser-Verbrauch, Umweltbelastungen oder CO2-Ausstoß in den Produktpreis mit einkalkuliert werden. Zertifizierte müssen diese Kosten offenlegen, um Teil des EoL-Netzwerkes zu sein.

Das „impacTrace“-Tool ermöglicht die komplette Rückverfolgung eines Produktes. Hier können Verbraucher Informationen über die Bauern, über Transport, Verpackung, Verarbeitung oder den ökologischen Fußabdruck einholen.

Die „Economy of Love“-Zertifizierung kann ab sofort von Bauern und Verarbeitern in Ägypten bei der COAE beantragt werden. Unterstützt wird das neue EoL-Label auch auf internationaler Ebene von Akteuren aus der Bio- und Fairtrade-Branche. „Nicht nur SEKEM hat erkannt, dass Bio-Zertifizierungen oder faire Wirtschaftssiegel nicht mehr ausreichen. Wir müssen ganzheitlich denken und agieren, um die Branche wirklich nachhaltig verändern zu können“, so Helmy Abouleish. „Deshalb sind wir dabei unsere SEKEM-Farmen und alle unsere über 400 Vertragsbauern im Land EoL zertifizieren zu lassen. Wir sehen in dem Ansatz einen grundlegenden Schritt für die Entwicklung der Landwirtschaft als auch der Menschen entlang der Wertschöpfungskette.“

Quelle: SEKEMNews-40Years-2, SEKEMs Newsletter für nachhaltige Wirtschaft, Ökologie, Kultur und Gesellschaft in Ägypten!, Kairo, den 26. Juni 2020; siehe auch: Wolfgang Ritter, Wirtschaft der Liebe – Elemente einer künftigen Wirtschaftsordnung, Borchen, 2. Auflage 2016