EU-Agrarpolitik nach 2020: Geld mit Gemeinwohlleistungen verdienen, anstatt durch Landbesitz

Liebe Leserinnen und Leser,

der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Deutschland. Die 19 unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machen in ihrer jüngsten Stellungnahme deutlich, dass das Steuergeld Umwelt-, Klima- und Tierschutz statt Flächenbesitz belohnen muss und zeigen auf, wie das umgesetzt werden kann.

Mit jährlich 60 Mrd. € bestimmt die EU-Agrarpolitik (GAP), welche Landwirtschaft sich in Europa lohnt. Alle sieben Jahre wird die GAP reformiert, derzeit verhandeln Mitgliedsstaaten und EU-Parlament über die Agrarförderung nach 2020. Eine Forsa-Umfrage zeigt: Zwei Drittel der Landwirte wünschen sich eine andere EU-Agrarpolitik. Aktuell durchkreuzt die EU mit der EU-Agrarpolitik ihre eigenen Ziele, zu denen sich die Staatengemeinschaft mit Blick auf das Klima, die Umwelt, Artenvielfalt oder lebendige Dörfer verpflichtet haben.

Was entscheidend ist für eine zukunftsfähige GAP:

1. Statt 70 % Pauschalzahlungen nach Fläche brauchen wir 70 % der gesamten EU-Fördermittel für die Honorierung von freiwilligen Leistungen für den Umwelt-, Klima- und Tierschutz.
2. Verbindliche Umwelt-, Klima- und Tierschutzziele für alle Mitgliedsstaaten sind nötig, um einen Dumpingwettbewerb zu verhindern.
3. Ein großer Teil der Direktzahlungen der ersten Säule müssen für freiwillige Umweltmaßnahmen (Ecoscheme) genutzt werden.
4. Mittel aus der ersten Säule müssen in die finanziell geschwächte zweite Säule umgeschichtet werden, um dort Agrarumweltmaßnahmen, den ökologischen Landbau und Maßnahmen zur flächengebundenen artgerechten Tierhaltung finanzieren zu können.
5. Die Vorgaben für die künftige Investitionsförderung für Stallbauten müssen sich an den baulichen Vorgaben der EU-Öko-Verordnung orientieren. Nur so kann für konventionell wirtschaftende Betriebe sichergestellt werden, dass sie später auf ökologischen Landbau umstellen können.

Nach Übergabe der Empfehlungen des WBAE an das BMEL kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):

„Es besteht ein sehr hoher Veränderungsdruck in Landwirtschaft und Gesellschaft, da können wir uns keine unwirksamen teuren Politikmaßnahmen mehr leisten. Die Wissenschaftler stellen erneut fest, dass die bisherige GAP keinen hinreichenden Beitrag zur Reduzierung von Umweltbelastungen leistet. Das ist Rückenwind für Bundesministerin Klöckner durch ihren wissenschaftlichen Beirat, wenn sie eine ambitionierte Agrarpolitik für mehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz in Brüssel einfordern will.“
Quelle: BÖLW-PM vom 17.07.2019: Die Gemeinsame Agrarpolitik kann jetzt zu einem Veränderungsmotor werden!

Wie der BÖLW begrüßt auch der Bio-Verbraucher e.V. die Empfehlungen des WBAE und drängt Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, sie als Richtschnur für ihre Verhandlungen in Brüssel einzusetzen, um die kleinbäuerliche Bio-Landwirtschaft in Europa bei ihren Maßnahmen für Umwelt-, Klima- und Tierschutz angemessen zu unterstützen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter

Mikroplastik – die unsichtbare Gefahr für unsere Umwelt

Unsichtbar, umweltschädlich und weitgehend unerforscht – Mikroplastik hat in der jüngsten Vergangenheit zunehmend für Schlagzeiten gesorgt. Bewusste Verbraucher sind verwirrt und fragen sich: wie kann Mikroplastik vermieden bzw. zunächst überhaupt als solches erkannt werden?

Warum ist Plastik generell problematisch?
Plastik ist aus folgenden Gründen problematisch: erstens, werden die meisten synthetischen Kunststoffe aus Erdöl hergestellt, welches ein nicht nachwachsender Rohstoff ist. Zweitens, sind diese nicht biologisch abbaubar, d.h. sie sind auch nach Jahrhunderten noch nachweisbar. Drittens, wird Plastik oft mit Zusatzstoffen, wie Weichmachern, Stabilisatoren oder Flammschutzmitteln versetzt, um dem Material bestimmte Eigenschaften zu geben.

Was ist Mikroplastik?
Wie bereits der Name impliziert, handelt es sich bei Mikroplastik um mikroskopisch kleine Kunststoffpartikel. Der BUND definiert Mikroplastik als „feste und unlösliche synthetische Polymere (Kunststoffe), die kleiner als fünf Millimeter sind“. Diese sind mit dem bloßen Auge gerade noch erkennbar. Dabei unterscheidet man zwischen primärem Mikroplastik, welches sogenannte Basispellets, das Grundmaterial zur Plastikproduktion (z.B. von Zahnpasta), sowie Fasern (z.B. Fleece in Kleidungsstücken) umfasst. Sekundäres Mikroplastik hingegen entsteht durch die Zersetzung oder den Zerfall von Makroplastikteilen, d.h. größeren Kunststoffteilen, beispielsweise durch Sonne oder Wasser.

Welche Auswirkungen hat (Mikro-)Plastik auf Mensch und Tier?
Die oben erwähnten Zusatzstoffe, wie z.B. Weichmacher (Phthalate), können ausdünsten oder auf andere Materialien, wie z.B. Öle, übergehen. Folglich gelangen sie in die Umwelt und somit auch in den menschlichen Körper. Unter anderem gibt es bereits jetzt eindeutige Hinweise darauf, dass Weichmacher mit Diabeteserkrankungen oder ADHS in Verbindung stehen. Aber nicht nur für den Menschen, auch für die Tierwelt ist Plastik nicht nur schädlich, sondern gar lebensbedrohend. Beispielsweise nehmen Fische und Meeresvögel Mikroplastik mit der Nahrung auf und sterben daran. Weiterhin können sich biologisch schwer abbaubare organische Schadstoffe (z.B. das als krebserregend geltende DDT) aus dem umgebenden Wasser in hoher Konzentration an Mikroplastikpartikel binden und in die Nahrungskette gelangen.

Wo kommen die kleinen Partikel vor?
Während herkömmliches Plastik relativ einfach als solches erkannt, und als Konsequenz gegebenenfalls gemieden werden kann, ist dies bei Mikroplastik nicht so leicht: zum einen aufgrund der Größe der Partikel, zum anderen aufgrund der mangelnden Transparenz in Bezug auf die Kennzeichnung der Produkte. Mikroplastik ist zunächst in ganz alltäglichen Pflegeprodukten, wie Zahnpasta, Duschgele, Sonnencreme, sowie vielen weiteren Kosmetika enthalten. Außerdem ist Mikroplastik in Kleidung, wie Fleecejacken und Sportbekleidung, sowie generell Kleidung aus synthetischen Fasern (wie z.B. Polyester oder Polyacryl) zu finden.

Wie gelangt Mikroplastik in Gewässer?
Das Mikroplastik aus Kosmetikprodukten gelangt ungehindert ins Abwasser, während synthetische Kleidung bei jedem Waschgang Kunststoffpartikel abgibt, die dann ebenfalls ins Abwasser gelangen. Leider ist es den Kläranlagen nicht möglich, Mikroplastik vollständig aus dem Abwasser herauszufiltern: ein Teil wird im Klärschlamm zurückgehalten, der Rest gelangt in Meere und Flüsse.

Welche alternativen Stoffe gibt es?
Während bei der Kosmetikherstellung relativ leicht auf Mikroplastik verzichtet werden kann, ist die Sache bei Bekleidung etwas schwieriger. Aber auch hier existieren bereits Alternativen: So findet Tencel in Bekleidung zunehmend Verwendung. Laut VAUDE weist die zu 100 % aus nachhaltig gewonnenem Eukalyptus- und Buchenholz hergestellte Faser nicht nur hervorragende Funktionseigenschaften auf, sondern ist zudem vollständig biologisch abbaubar. So konnte das Unternehmen bereits alternatives Fleece-Material entwickeln.

Was kann der Verbraucher tun?
Viele Hersteller – auch von konventionellen Kosmetikprodukten – verzichten bereits auf Mikroplastik. Sicher kann der Verbraucher bei zertifizierter Naturkosmetik sein, die ohne Mikroplastik auskommt. Einen Einkaufsratgeber für Kosmetikprodukte stellt beispielsweise der BUND auf seiner Homepage (www.bund.net, „Mikroplastik – Die unsichtbare Gefahr“) zum Download zur Verfügung. Außerdem informiert die Internet-Plattform Utopia regelmäßig über das Thema (z.B. www.utopia.de/ratgeber/mikroplastik-kosmetik-produkte/) und zeigt konkrete Alternativen zu Produkten mit Mikroplastik auf.

Bericht von Daniela Mayr

Quellen: www.bund.net, www.umweltbundesamt.de, www.nabu.de, www.vaude.de, www.textilemission.bsi-sport.de, www.aerzteblatt.de, www.aerztezeitung.de