So klimafreundlich is(s)t Deutschland

Beitrag von Wolfgang Ritter.

Das Institut Allensbach hatte für Nestlé im März 2500 Konsumenten nach dem Zusammenhang von Ernährung und Klimabelastung befragt und die Ergebnisse der Umfrage nun unter dem Titel „So klimafreundlich is(s)t Deutschland“ veröffentlicht. Etwa zwei Drittel der Befragten sahen keinen Zusammenhang! Das gibt dem Bio-Verbraucher e.V. die Daseinsberechtigung; es gibt noch viel zu tun. Wenn wir bio und regional erzeugte Nahrungsmittel und Getränke kaufen und auch auf das saisonale Angebot achten, tun wir unser Möglichstes, um die Umweltbelastung zu minimieren, weil nachhaltig gewirtschaftet wird, lange Transportwege entfallen, Ressourcen gespart werden.

Saulus wird zum Paulus

Nestlé, ein Großkonzern, der das Klima allein in Deutschland mit zwei Millionen Tonnen CO2 jährlich belastet, will seine Produktpalette neu ausrichten und eine regenerative Landwirtschaft unterstützen. Ausgewählte Marken sollen schon nächstes Jahr klimaneutral sein und die gesamte Nestlé-Lieferkette ohne Abholungen auskommen. Die eigenen Produktionsstätten sollen bis 2025 ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt werden und in fünf Jahren sollen alle Verpackungen recycelbar oder wiederverwendbar sein. Und warum setzt man innerhalb der nächsten fünf Jahre 3,2 Milliarden Schweizer Franken dafür ein: „Wir machen das, um weiter wirtschaftlich erfolgreich sein zu können.“ Die Konkurrenz setze ja auch auf den Klimaschutz. Hier scheint sich doch unser wettbewerbswirtschaftliches System zum Vorteil der Umwelt auszuwirken.

Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 2. Juni 2021

 

Die positiven Wirkungen u.a. der Corona-Krise

Liebe Leserinnen und Leser,

Bayern ist ein Bundesland mit Vorreiterfunktion: Nach dem neuen bayerischen Naturschutzgesetz soll ein Drittel der Felder und Wiesen in Bayern bis 2030 ökologisch bewirtschaftet werden. Wir meinen: Dieses Ziel muss von der Politik nachhaltig unterstützt werden, denn bisher arbeiten erst etwa 10 Prozent der Bauern hier ökologisch. Es bedarf also weiterer und besserer Förderungen, damit noch viele konventionell arbeitende Betriebe zu Bio konvertieren, denn in den ersten Jahren nach der Umstellung hat man weniger Ertrag und darf seine Produkte noch nicht mit dem Bio-Label verkaufen.

Quelle: Nürnberger Nachrichten, 12.02.2021

Mit dem geplanten Lieferkettengesetz übernimmt Deutschland eine Vorreiterrolle. Wenn das Gesetz ab 2023 in Kraft tritt, stehen deutsche Unternehmen bei Verstößen gegen Mensch und Umwelt stärker in der Verantwortung – weltweit, entlang der gesamten Lieferkette. Man kann ein deutsches Unternehmen also dann verklagen, wenn einer seiner Zulieferer gegen die Menschenrechte verstößt oder Umweltsünden begeht. Zunächst soll dieses Gesetz nur für die etwa 600 Großbetriebe gelten, die mehr als 3000 Mitarbeiter beschäftigen; ab 2024 gilt es dann auch für Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter. Das stelle viele Betriebe vor große Herausforderungen, meinte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Wir sagen: Gut so, dann wird das Gesetz auch Wirkung zeigen.

Quelle: Nürnberger Nachrichten, 13.02.2021

Während der Corona-Krise waren viele Haushalte, die sonst auf Gemeinschaftsverpflegung angewiesen waren oder öfter essen gingen, genötigt, selber zu kochen. Das führte zu einer vermehrten Nachfrage nach Bio-Produkten. Erstaunlich? Eigentlich nicht! Wenn man selber einkauft und selber kocht, wählt man gern das Beste: Bio! So konnte die Bio-Branche im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz von fast 15 Milliarden Euro verzeichnen, ein Zuwachs von 20 Prozent. 35.000 Höfe arbeiteten in Deutschland biologisch auf einer Fläche von 1,7 Millionen Hektar. Der Bio-Verbraucher e. V. arbeitet daran, das bewusste Einkaufen zu fördern.

Quelle: Nürnberger Nachrichten, 18.02.2021

Anstatt konkret zu benennen, woher angebotene Früchte und Gemüse stammen, hatte Amazon bis zu 13 (!) mögliche Herkunftsländer angegeben. Foodwatch hat nun vor dem Münchner Oberlandesgericht erwirkt, dass auch Amazon Fresh das Herkunftsland im Online-Handel konkret anzugeben hat – wie jeder andere Einzelhändler auch. Ein gerechtes Urteil!

Quelle: aktuell@foodwatch.de vom 19.02.2021

Weil in Deutschlands größtem Schlachtbetrieb im vergangenen Jahr Corona ausbrach, ist auch die Massentierhaltung in den Blick der Öffentlichkeit gerückt worden, mit der Folge, dass Überlegungen angestellt wurden, wie das Tierwohl auf breiter Front verbessert werden kann. Jetzt gibt es einen Vorschlag der Borchert-Kommission, der gangbar erscheint. Danach zahlt für das Tierwohl, wer Fleisch essen will. Die Kommission empfiehlt eine Fleischabgabe, die beim Kauf von Fleisch und Wurstwaren fällig ist. Die Teuerung durch die Fleischabgabe würde 40 Cent/kg Fleisch oder Wurst ausmachen, damit die Mehrkosten für artgemäße Tierhaltung bezahlt werden können. Wer Tiere so hält, wie es ihren Bedürfnissen entspricht, mit viel Platz, frischer Luft, auf Stroh statt Betonspalten, und wer ausreichend Zeit für die Betreuung aufbringt, die Umwelt schont und bäuerlich wirtschaftet, hat deutlich höhere Kosten als jemand, der nach gesetzlichem Mindeststandard billigst auf Kosten von Tieren, Umwelt und Klima produziert. Mit der Fleischabgabe könnten Bäuerinnen und Bauern ihre Ställe artgerecht einrichten; die tierquälerische Massentierhaltung könnte so in einer überschaubaren Zeit zu einem Ende kommen.

Quelle: presse@boelw.de vom 29.01.2021 und Nürnberger Nachrichten vom 03.03.2021

Mit herzlichen Grüßen

Wolfgang Ritter/ Vorstand Bio-Verbraucher e.V.

Interview mit Johannes Ehrnsperger, Chef der Neumarkter Lammsbräu

Die Neumarkter Lammsbräu pflegt mit dem Bio-Verbraucher e.V. seit dessen Gründung im Jahr 2004 eine ausgezeichnete Zusammenarbeit. Für viele Veranstaltungen des Vereins sponsert die Firma Getränke aus ihrem Lieferprogramm. Die Fragen stellte Wolfgang Ritter, Vorstandsvorsitzender des Bio-Verbraucher e.V., im Rahmen der eBioFach 2021.

Herr Ehrnsperger, Sie pflegen in Ihrem Unternehmen eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik. Dafür wurden Sie mit dem Felix Burda Award und von Great Place to Work als einer der besten Arbeitgeber Bayerns ausgezeichnet. Wie sieht eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik aus?

Einer der Unternehmenswerte der Neumarkter Lammsbräu ist der Wert „fürsorglich“. Von diesem Anspruch als fürsorglicher Arbeitgeber ist das Miteinander bei der Neumarkter Lammsbräu geprägt. Das bedeutet für uns, jeden als Menschen zu sehen und wertzuschätzen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „Lammsbräu-Familie“. Die Fürsorge und Verantwortung hört dabei für uns nicht an der Firmenpforte auf, sondern reicht auch bis in die Familien unserer Mitarbeiter/innen hinein. Neben unserem umfangreichen betrieblichen Gesundheitsmanagement haben wir beispielsweise auch für jede/n unserer Mitarbeiter/innen eine Unfallversicherung abgeschlossen, damit sie im Privaten ähnlich gut abgesichert sind wie im Beruf.

Neben der gesundheitlichen Fürsorge versuchen wir auch unsere Mitarbeiter/innen in ihrer jeweiligen Lebensphase ideal zu unterstützen, z. B. durch Unterstützung junger Familien bei der Kinderbetreuung oder bei der Vorbereitung des Renteneintritts für ältere Mitarbeiter, worauf wir in diesem Jahr besonders den Fokus legen. Um die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeiter für diese Unterstützungen zu kennen, finden regelmäßige Feedback-Gespräche statt, die auch die persönliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden zum Ziel haben.

Sie unterstützen durch Ihren Betrieb eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Welche Argumente könnten Sie anführen, um konventionell arbeitende Bauern und verarbeitende Betriebe zur Umstellung zu bewegen?

Die konventionelle Landwirtschaft wird derzeit häufig zum Buhmann der Nation auserkoren. Dabei trifft die einzelnen Landwirte meiner Ansicht nach tatsächlich nur wenig Schuld. Über Jahrzehnte hinweg wurde Ihnen von der vorgelagerten Agro-Industrie eingetrichtert, dass die Menschheit nur mit Hilfe chemisch-synthetischer Dünge- und Spritzmittel ernährbar sei und die Landwirte zugleich mehr wirtschaftlichen Ertrag und damit Unabhängigkeit erzielen könnten.

Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Abhängigkeit der Landwirtschaft von Agro-Chemie-Konzernen ist teils enorm, die Böden intensiv bewirtschafteter Flächen sind ausgezehrt und Rückstände von Dünge- und Spritzmitteln finden sich teils in erheblichem Ausmaß in unserem Grundwasser. Das alles nur, um unsere Lebensmittel hier in Deutschland so billig wie nur möglich zu produzieren. Den „wahren Preis“ dafür bezahlen andere bzw. er fällt an anderer Stelle an, durch z. B. erhöhte Kosten für die Wasseraufbereitung.

Das ist keine Wertschätzung, weder für unsere „Lebens-Mittel“ noch für diejenigen, die mit deren Erzeugung zu tun haben. Eine Strategie, die auch noch unseren Enkeln und deren Kindern eine lebenswerte Erde ermöglicht muss anders aussehen. Und dabei spielt der ökologische Landbau eine entscheidende Rolle.

Gesunde und humusreiche Böden sind das wichtigste Kapital eines jeden Öko-Landwirts und gleichzeitig die Grundlage für gesunde Pflanzen und damit gesunde Lebensmittel. Durch die mit dem Ökolandbau verbundene extensive Bodenbewirtschaftung werden aktiv Wasser, Klima, Artenvielfalt und Umwelt geschützt. So werden unser aller Lebensgrundlagen bewahrt und den Öko-Landwirten wird die Souveränität und Wertschätzung zurückgegeben, die sie als Stütze und „Ernährer“ unserer Gesellschaft verdient haben.

Was ist Ihnen in Bezug auf eine gerechtere und grünere Zukunft besonders wichtig?

Mir ist besonders wichtig, dass den Menschen bewusster wird, wie wichtig es ist, auf welche Art und Weise unsere „Mittel zum Leben“ hergestellt werden und dass jeder von uns täglich mit seinem Konsum das Heft des Handelns in der Hand hält, ob die Welt für unsere Enkel in Zukunft noch lebenswert sein wird oder nicht. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Bewusstsein durchaus angestiegen, es gibt aber noch viel zu tun.

Ergebnisse Live-Diskussion während der eBioFach

Zwei Ergebnisse unserer Live-Diskussion während der eBioFach 2021 mit dem Thema „The Great Reset“: Jeder kann den großen Umbruch nach der Corona-Pandemie herbeiführen

Wir sind in einem Wahljahr im Bund und etlichen Ländern und erste Eindrücke lassen hoffen, dass die Themen um Klimawandel und Biodiversität, Lebensstile, Ernährung und Landwirtschaft enorme Bedeutung gewonnen haben. Wenn wir wollen, dass die nächste Bundesregierung die auf diesen Feldern notwendige Transformation einläutet, dann müssen jetzt, wenn die Wahlprogramme erstellt werden, die Telefone bei den Abgeordneten klingeln. Sie müssen erfahren, dass sie sowohl Erwartungsdruck als auch Unterstützung für eine zukunftsfähige Agrar-, Energie- Umwelt- und Wirtschaftspolitik bekommen.

Felix Löwenstein, Vorstandsvorsitzender Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)

Durch unsere Einkäufe entscheiden wir, was produziert wird und wen wir damit unterstützen. Sind es die Großkonzerne oder die kleinbäuerliche Landwirtschaft und die mittelständischen Verarbeitungsbetriebe, die Massentierhaltung oder der Fachhandel? Wenn wir biologisch erzeugte Lebensmittel und Getränke, möglichst aus der Region, oder fair gehandelte Produkte – auch Kleidung – aus fernen Ländern kaufen, tun wir etwas gegen den verhängnisvollen Klimawandel und die Ausbeutung und für die Erhaltung der Artenvielfalt. Über eine gerechtere, grünere Zukunft entscheiden wir mit unseren Einkäufen an der Ladenkasse!

Wolfgang Ritter, Vorstandsvorsitzender Bio-Verbraucher e.V.

Toastbrote im Test – ausgerechnet zwei Bio-Sorten fallen durch

Wir Förderer von Bio-Produkten verkünden immer gerne: Bio-Produkte sind besser als die konventionellen. Das wird durch viele Tests immer wieder bestätigt. Selten wird nachgewiesen, dass auch Bio-Produkte mit Schadstoffen belastet sind. Das trifft jetzt leider für zwei Bio-Toastbrot-Sorten zu. Die Hersteller selber ahnten nicht, dass Spuren von Maschinenfett in den Teig gelangt waren …

Öko-Test hat 20 Toastbrote getestet – davon sieben in Bio-Qualität. „Das Backhaus Bioland Vollkorn Toast“ wird mit mangelhaft und das „Ammerländer Bio Vollkorn Sandwich“ von Stöhr-Brot mit ungenügend bewertet. Warum? Der Geschmack und die Sensorik (das Mundgefühl) beider Sorten wurden als  „sehr gut“ empfunden, die Inhaltsstoffe nicht. Beide enthalten erhöhte oder stark erhöhte Mineralölbestandteile. Das Stöhr-Brot ist zusätzlich noch mit Mineralölkohlenwasserstoffspuren und zu viel Salz belastet. Das Backhaus kam nach einer Analyse zu dem Ergebnis, dass technische Weißöle, die als Schmierfett im Teigteiler verwendet werden, Ursache für die Verunreinigung sein müssen. Spuren von Maschinenfett in ihren Produkten wurden allen Toastbrotanbietern nachgewiesen. In den beiden durchgefallenen Produkten wurde der Anteil aber als zu hoch angesehen. Der Testsieger bei den Bio-Produkten, mit der Note „sehr gut“, war „Beumer & Lutum Bio Toastbrot Weizenvollkorn“. Drei der anderen getesten Bio-Toasts erhielten die Note „befriedigend“, eines „ausreichend“.

Quelle: Öko-Test Magazin 1/2021

Für die Höfe, Tiere und das Klima

Unser Partner „Meine Landwirtschaft" gibt ein Feedback von der Protestveranstaltung „Wir haben es satt!" zur Grünen Woche in Berlin.

So viele tolle Fußabdrücke mit Forderungen für gute Landwirtschaft und gutes Essen haben uns erreicht. Tausend Dank an alle, die mitgemacht haben! Der Protest hat unsere Erwartungen übertroffen: Es sind mehr Fußabdrücke angekommen, als wir erwartet hätten. Das Bild im Regierungsviertel war wirklich eindrucksvoll und das Medienecho kann sich sehen lassen, obwohl es dieses Mal keine Großdemo gab. Unser Kampf für Höfe, Tiere und das Klima findet auch zu Pandemiezeiten Gehör – sehr gut!

 

Mehr Fotos in voller Auflösung

Greening the Desert – das SEKEM-Wahat-Projekt

Unser Mitglied und Partner SEKEM in Ägypten macht die Wüste lebendig

Nahe der Oase Bahariyya in der westlichen Wüste Ägyptens geschieht zurzeit Gewaltiges. Mehrere Tausend Hektar Wüste werden belebt und beseelt. Was auf rund 200 Hektar mit der Pflanzung von Sträuchern und kleinen Bäumen begann, weitet sich jetzt durch die Initiative „Greening the Desert“ auf bald 600 Hektar aus. Neue Bewässerungsanlagen (Schwenkbewässerungssysteme) und solargetriebene Pumpen helfen, Wüstenland zurückzugewinnen. Bisher wurde eine Vielzahl von Kulturen angebaut: Kamille, Baumwolle, Zitronengras, Majoran und Knoblauch.

Seit dem Graben des ersten Brunnens auf der Hofanlage im SEKEM-Wahat stand die Betreuung der Menschen und deren Wohlbefinden an erster Stelle. Als der erste Arbeiter in Sicht war, dachten wir darüber nach, wie wir eine notwendige Gesundheitsversorgung anbieten können. Wir suchten Ärzte und Krankenschwestern aus der Umgebung für regelmäßige Kontrollen. Jetzt freuen wir uns, unsere hauptamtliche Bewohnerin Daniela zu haben, die die Einrichtung des SEKEM-Wahat-Basiszentrums leitet. Daniela bietet den Arbeitern nicht nur eine notwendige medizinische Versorgung an, sondern fördert auch ein gesundes Ernährungskonzept und kümmert sich um einen ganzheitlichen Gesundheitsansatz.

Wir sind gerade dabei, unser "Desert Research Center" in SEKEM-Wahat zu etablieren. Mit einem derart lebendigen Lernzentrum sind wir nicht nur eine „Demonstrationsstätte“ für ökologische und biologische Aktivitäten, sondern wir engagieren auch Studenten unseres Partners, der Heliopolis University of Sustainable Development, für echt gemeinschaftsbasierte Lernaktivitäten. Sie haben jetzt die Chance, sich an der ökologischen Landwirtschaft, der nachhaltigen Energie- oder Heilpflanzenforschung und Feldforschung zu beteiligen.

Mehr Info und mehr Bilder: https://pivot.sekem.com/updates/

Neuerscheinung „The Great Reset“

Neuerscheinung: Klaus Schwab und Thierry Malleret „The Great Reset“, deutscher Titel  „Covid-19: Der große Umbruch“,  ISBN 978-2-940631-19-3, 2020

Zusammenfassung auf einer Seite durch Wolfgang Ritter, Januar 2021

 

1 Makro-Umbruch

Die Pandemie bietet die Chance, die Volkswirtschaft in eine gerechtere, grüne Zukunft zu führen. Geht die Tyrannei des ständigen BIP-Wachstums zu Ende? Werden andere Kommunen und Länder dem Beispiel Amsterdams folgen? Die Stadt hat sich verpflichtet, nach der Pandemie die Wirtschaft auf einem Niveau zu halten, das die Bedürfnisse deckt, aber auch die planetarischen Grenzen achtet (Doughnut-Vorstellung: innerer Ring = notwendige Produktion zur Deckung der Bedürfnisse, äußerer Ring = mögliche Produktion unter Beachtung der ökologischen Grenzen). Grüne Wirtschaft bedeutet z. B. umweltfreundliche Energien, Kreislaufwirtschaft, Ökotourismus, längere Nutzungsdauer, Reparatur, Recycling, Degrowth, Downscaling. Die Pandemie bedeutet wahrscheinlich den Tod des Neo-Liberalismus, eine Umverteilung von Reich zu Arm, Abnahme des BIP um 20–30 Prozent, Anstieg der Arbeitslosigkeit um 20–30 Prozent, soziale Unruhen, zerstörerisches Handeln. Wohlfahrtsstaaten werden sich an die Herausforderungen von heute anpassen müssen und einen faireren Gesellschaftsvertrag zu erarbeiten haben. Für alle Staaten gilt: 1. einen breiteren Zugang zu Sozialhilfe, Sozialversicherung, Gesundheitsversorgung und hochwertiger Grundversorgung zu ermöglichen und 2. für einen besseren Arbeitnehmerschutz zu sorgen. Die beiden bedeutendsten Umweltrisiken sind Klimawandel und Zusammenbruch des Ökosystems. Ein Neustart bringt klimapolitisch nur etwas, wenn wir Gewohnheiten ändern, z. B. mehr Homeoffice statt Pendeln, mehr Rad fahren und zu Fuß gehen, mehr Urlaub in der Nähe. Staaten dürfen nicht durch Wirtschaftsförderung aufholen wollen, was an Produktion versäumt wurde, sondern müssen, wenn überhaupt, neue, umweltfreundliche Produktionsmethoden unterstützen. Maßnahmen wie Green Deal, Green Recovery, Green New Deal müssen konsequent umgesetzt werden. Kurzfristig könnte der Einsatz von 250 Mrd. Dollar an Fördermitteln 37 Millionen umweltfreundliche Arbeitsplätze schaffen.

 

2 Mikro-Umbruch

Umwelt-, Sozial- und Governance (ESG)-Kriterien werden für eine nachhaltige Wertschöpfung im Stakeholder-Kapitalismus immer relevanter werden. (Stakeholder-Kapitalismus berücksichtigt alle am Wertschöpfungsprozess Beteiligten.) Eine Ausrichtung nur auf Gewinnmaximierung, um die Kapitalgeber zu befriedigen, wird künftig von Verbrauchern, Mitarbeitern und Aktivisten zunehmend bestraft werden. Bildung und andere Branchen werden teilweise virtuell werden. Homeoffice und Resilienz (das Durchstehen von Krisensituationen) wird zum „Muss“. Big Tech, Gesundheit und Wellness sind Branchen, die durch den Covid-19-Schock begünstigt wurden. Banken, Versicherungen und der Automobilbereich müssen größere Resilienz aufbauen. Die Reisebranche, der Flugzeugbau, die Autovermieter, das Hotel- und Gaststättengewerbe wurden hart getroffen. Themen, wie Luftverschmutzung, Wassermanagement, Wahrung der Artenvielfalt werden an erster Stelle stehen. „Sauber“ zu produzieren wird das Gebot der Industrie sein, weil es der Verbraucher erzwingen wird. „In der Welt nach Corona werden präzise Informationen über unsere CO2-Fußabdrücke, unsere Auswirkungen auf die Biodiversität, die Toxizität aller Inhaltsstoffe, die wir konsumieren, und die Umgebungen oder räumlichen Kontexte, in denen wir uns bewegen, bedeutende Fortschritte unseres Bewusstseins für das kollektive und individuelle Wohlbefinden bewirken. Die Industrie wird dies zur Kenntnis nehmen müssen.“ (S. 244) Der Energiesektor zeigt sich in der Krise resilient, kann nach der Krise die Energiewende beschleunigen. Eine fortschrittliche Energie-Infrastruktur hat das Potential den wirtschaftlichen Aufschwung zu unterstützen und die Resilienz zu erhöhen.

 

3 Persönlicher Neustart

Wird in Zukunft mehr auf das Gemeinwohl geachtet? Wird die Preistreiberei für notwendige Güter aufhören? Werden wir die Engel in uns ans Licht holen? Wir haben keine andere Wahl! Introspektion, Selbstreflexion, Fragen, wie „Was zählt wirklich? Was wollen wir als Individuum und als Gesellschaft?“ werden zu einer Prioritätenverschiebung, zu neuen Formen der individuellen und gesellschaftlichen Organisation führen. Wir werden in den nächsten Jahren eine Explosion der Kreativität, auch von Start-ups erleben. Wir werden uns der Folgen unserer Entscheidungen und Gewohnheiten stärker bewusst werden. Werden wir beschließen, unseren Konsum zu reduzieren oder „Rachekonsum“ (Rückkehr zum Konsum vor der Pandemie) üben? Auffälliger Konsum könnte in Ungnade fallen,  von nicht mehr angesagt bis obszön. Die Japaner pflegen seit dem Platzen einer Spekulationsblase in den späten 1980er Jahren einen genügsamen Lebensstil. Die Natur wird während der Pandemie als essentiell für das Wohlbefinden erfahren. Das könnte dazu führen, sie erhalten zu wollen, umweltschonend zu produzieren und zu konsumieren. Bewegung, Natur, unverarbeitete Nahrungsmittel stärken das Immunsystem, hemmen Entzündungen. Der Trend scheint klar: weniger Umweltzerstörung, mehr Nachhaltigkeit.

Unser Weihnachtsbaum ist bio

Auch Christbäume gibt’s in Bio-Qualität. Wir haben unseren bei unserem Nürnberger Partner und Firmenmitglied noris inklusion erworben. Es gibt unregelmäßig gewachsene günstiger. Wie kommt man hin? Man fährt von der Kilianstraße in die Großreuther Straße und dann rechts in die Braillestraße. Links kommt dann bald die Erlebnisgärtnerei von noris inklusion mit dem Christbaumverkauf. Wir wünschen Euch frohe Feiertage.

https://www.noris-inklusion.de/

Buchtipp: „Agrarwende? Lieber heute als morgen!“

Unsere Mitglieder lesen gerne. Vor kurzem hat unser Vorstandsvorsitzender Wolfgang Ritter das Buch „Agrarwende? Lieber heute als morgen!“ von Sebastian Leinert unter die Lupe genommen.  Sein Urteil: absolut lesenswert!

Unglaubliche Missstände in der Massentierhaltung

Wir wissen von der Verschwendung von Lebensmitteln (siehe z. B. die Aktion „Zu gut für die Tonne“, unser Blog vom 30.09.2020). Wusstest Du auch, dass Millionen von Tieren in der Massentierhaltung verenden oder notgeschlachtet werden müssen, weil sie erkranken oder den Transport zum Schlachthof nicht überstehen? Sebastian Leinert trägt in seinem Buch zusammen, worüber die Presse in den letzten Jahren berichtete – allerdings ohne Folgen für das System. Zum Beispiel verenden vor dem Schlachttermin alleine in Deutschland 13,7 Millionen Schweine jährlich (S. 122). Regelmäßige Kontrolle? Fehlanzeige! „In Bayern kommt nur alle 48 Jahre ein Kontrolleur vorbei.“ (S. 119). Tierärzte und Veterinäre, die Missstände aufzeigen, bekommen Morddrohungen oder werden versetzt: „Wer Ärger macht, bekommt Ärger“ (S. 121). Urteile zu gemeldeten Missständen? In Niedersachsen gab es nur ein einziges Urteil in den letzten 40 Jahren (S.119). Leinert zeigt auch Auswege auf. Zwei Beispiele: Würde die Tierhaltung per Gesetz an die zur Verfügung stehende Agrarfläche gebunden, so wie es die Vorschriften der Bio-Verbände vorsehen, würde die Massentierhaltung schlagartig zu einem Ende kommen (S. 88). Oder: Mehrwertsteuersatz für Produkte aus Massentierhaltung erhöhen von 7 % auf 19 % (S. 132).