Interview mit Johannes Ehrnsperger, Chef der Neumarkter Lammsbräu

Die Neumarkter Lammsbräu pflegt mit dem Bio-Verbraucher e.V. seit dessen Gründung im Jahr 2004 eine ausgezeichnete Zusammenarbeit. Für viele Veranstaltungen des Vereins sponsert die Firma Getränke aus ihrem Lieferprogramm. Die Fragen stellte Wolfgang Ritter, Vorstandsvorsitzender des Bio-Verbraucher e.V., im Rahmen der eBioFach 2021.

Herr Ehrnsperger, Sie pflegen in Ihrem Unternehmen eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik. Dafür wurden Sie mit dem Felix Burda Award und von Great Place to Work als einer der besten Arbeitgeber Bayerns ausgezeichnet. Wie sieht eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik aus?

Einer der Unternehmenswerte der Neumarkter Lammsbräu ist der Wert „fürsorglich“. Von diesem Anspruch als fürsorglicher Arbeitgeber ist das Miteinander bei der Neumarkter Lammsbräu geprägt. Das bedeutet für uns, jeden als Menschen zu sehen und wertzuschätzen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „Lammsbräu-Familie“. Die Fürsorge und Verantwortung hört dabei für uns nicht an der Firmenpforte auf, sondern reicht auch bis in die Familien unserer Mitarbeiter/innen hinein. Neben unserem umfangreichen betrieblichen Gesundheitsmanagement haben wir beispielsweise auch für jede/n unserer Mitarbeiter/innen eine Unfallversicherung abgeschlossen, damit sie im Privaten ähnlich gut abgesichert sind wie im Beruf.

Neben der gesundheitlichen Fürsorge versuchen wir auch unsere Mitarbeiter/innen in ihrer jeweiligen Lebensphase ideal zu unterstützen, z. B. durch Unterstützung junger Familien bei der Kinderbetreuung oder bei der Vorbereitung des Renteneintritts für ältere Mitarbeiter, worauf wir in diesem Jahr besonders den Fokus legen. Um die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeiter für diese Unterstützungen zu kennen, finden regelmäßige Feedback-Gespräche statt, die auch die persönliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden zum Ziel haben.

Sie unterstützen durch Ihren Betrieb eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Welche Argumente könnten Sie anführen, um konventionell arbeitende Bauern und verarbeitende Betriebe zur Umstellung zu bewegen?

Die konventionelle Landwirtschaft wird derzeit häufig zum Buhmann der Nation auserkoren. Dabei trifft die einzelnen Landwirte meiner Ansicht nach tatsächlich nur wenig Schuld. Über Jahrzehnte hinweg wurde Ihnen von der vorgelagerten Agro-Industrie eingetrichtert, dass die Menschheit nur mit Hilfe chemisch-synthetischer Dünge- und Spritzmittel ernährbar sei und die Landwirte zugleich mehr wirtschaftlichen Ertrag und damit Unabhängigkeit erzielen könnten.

Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Abhängigkeit der Landwirtschaft von Agro-Chemie-Konzernen ist teils enorm, die Böden intensiv bewirtschafteter Flächen sind ausgezehrt und Rückstände von Dünge- und Spritzmitteln finden sich teils in erheblichem Ausmaß in unserem Grundwasser. Das alles nur, um unsere Lebensmittel hier in Deutschland so billig wie nur möglich zu produzieren. Den „wahren Preis“ dafür bezahlen andere bzw. er fällt an anderer Stelle an, durch z. B. erhöhte Kosten für die Wasseraufbereitung.

Das ist keine Wertschätzung, weder für unsere „Lebens-Mittel“ noch für diejenigen, die mit deren Erzeugung zu tun haben. Eine Strategie, die auch noch unseren Enkeln und deren Kindern eine lebenswerte Erde ermöglicht muss anders aussehen. Und dabei spielt der ökologische Landbau eine entscheidende Rolle.

Gesunde und humusreiche Böden sind das wichtigste Kapital eines jeden Öko-Landwirts und gleichzeitig die Grundlage für gesunde Pflanzen und damit gesunde Lebensmittel. Durch die mit dem Ökolandbau verbundene extensive Bodenbewirtschaftung werden aktiv Wasser, Klima, Artenvielfalt und Umwelt geschützt. So werden unser aller Lebensgrundlagen bewahrt und den Öko-Landwirten wird die Souveränität und Wertschätzung zurückgegeben, die sie als Stütze und „Ernährer“ unserer Gesellschaft verdient haben.

Was ist Ihnen in Bezug auf eine gerechtere und grünere Zukunft besonders wichtig?

Mir ist besonders wichtig, dass den Menschen bewusster wird, wie wichtig es ist, auf welche Art und Weise unsere „Mittel zum Leben“ hergestellt werden und dass jeder von uns täglich mit seinem Konsum das Heft des Handelns in der Hand hält, ob die Welt für unsere Enkel in Zukunft noch lebenswert sein wird oder nicht. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Bewusstsein durchaus angestiegen, es gibt aber noch viel zu tun.

Auf die Umwelt hören: Podcasts

Podcasts, also Audiobeiträge, sind optimal, um sich ganz nebenbei über interessante Themen zu informieren. Egal ob zu Hause, im Auto, im Zug oder an vielen anderen Orten. Auch zum Thema Nachhaltigkeit ist das Angebot riesig. Unser Mitglied Neumarkter Lammsbräu ist ein gutes Beispiel hierfür.

„Im Sudhaus“ heißt die Reihe, die ganz bequem über die Homepage des Unternehmens abgerufen werden kann. Themen sind etwa „Wasser ist nicht gleich Wasser“, „Erfolgreicher Artenschutz im Ökolandbau“ oder „Gesunder Boden ist wichtig fürs Wasser“. Ihr seht, es geht nicht – oder nur am Rande – ums Bier. Einfach mal reinhören, es lohnt sich. Die Beiträge dauern in der Regel 15 Minuten oder weniger.

Hier geht es direkt zur Übersicht:

https://www.lammsbraeu.de/im-sudhaus-podcast?hsCtaTracking=a94eab91-3094-4175-b4cf-06b78c794317%7C25dbab4f-e89d-4b30-8cbb-6b31b8742c1e

Leckeres Bio-Essen in Italien

Essen spielt in Italien eine größere Rolle als gewöhnlich in Deutschland. Ein Cena (Abendessen) ist ein Ereignis, besteht immer aus mehreren Gängen und zieht sich mindestens über zwei Stunden hin. Wer etwas ganz Ursprüngliches und mit Liebe Zubereitetes genießen möchte, sollte einmal im Leben ein Cena in einem Agriturismo-Betrieb buchen - Bauernhöfe oder Winzereien mit angeschlossenem Restaurant.

Wir waren zu viert bei Agriturismo Bel di Bertussi in Raffa bei San Felice am Gardasee, einem Bio-Betrieb. Nach einem Aperitivo mit herrlichem Blick über den Gardasee ging es zum Schmaus ins Restaurant. Zuerst werden Wein aus eigenem Anbau oder andere Getränke serviert. Dann gibt es Antipasti: Schinken, Salami, Käse, Gedünstetes und gebratenes Gemüse, es folgen vier verschiedene Sorten Pasta, danach mehrere Sorten Fleisch und Fisch und schließlich das Dessert: selbst gebackener Kuchen, Tiramisu, Panna cota, Eistorte. Zum Abschluss ein Café.

Vieles kommt aus der eigenen Produktion (Wein, Fleisch, Wurst, Käse, Gemüse) und wird meisterlich frisch verarbeitet und serviert. "Barbaren" können natürlich auch nur Nudeln bestellen.

Bio-Restaurant

Der Bio-Gemüsegarten

Die Bio-Weingärten

Unterwegs zum Aperitif

Blick auf den Gardasee

Mit Maske und Visier auf der Grünen Lust

Die Publikumsmesse Grüne Lust, der Markt für grüne Produkte und Ideen, fand/findet am 03.+ 04. und 10.+11. Oktober 2020 statt. Sie ist für den Bio-Verbraucher e.V. besonders deswegen interessant, weil man dort auch immer einige Firmenmitglieder trifft. So auch diesmal. Bei Peter Dobrick z.B. gab's Ziegenbraten in der Semmel . - Muss gegessen werden, damit die aussterbende Haustierrasse überlebt. Bei Willibald Schmidt gab's Federweißen. - Muss getrunken werden, weil er sonst vergärt. Kontaktdaten bei: www.netz.bio/ Bio-Adressen.

Der Bio-Verbraucher e.V. hatte von Bio-Firmen Warenproben für die Mitgliederversammlung zugeschickt bekommen, die an die Teilnehmer ausgegeben werden sollten. (Außerdem gibt's immer ein Bio-Menü.) Da die MV wegen Corona nicht stattfinden konnte, wurden sie nun auf der Grünen Lust verteilt. Zwei Warenprobenempfänger haben das mit einem spontanen Eintritt in den Verein honoriert. Jahresbeitrag 24 Euro.

Die Grüne Lust auf dem Wolfgangshof in Anwanden bei Zirndorf findet auch am nächsten Wochenende, 10. und 11. Oktober 2020, noch statt. Man muss sich jedoch online anmelden: www.gruenelust.de

Nachhaltige Landwirtschaft braucht Rinder

Ulrich Mück, Berater beim Demeter-Verband, nimmt die vermeintliche Klimaschädlichkeit
der Nutztierhaltung ins Visier

„Esst Bio-Rindfleisch aus regionaler Produktion!“ diesen Slogan würde Ulrich Mück vom Demeter- Erzeugerring Bayern am liebsten überall plakatieren. Denn seine Befürchtung ist: Aufgrund der vielen unbestätigten und irreführenden Zahlen und Statistiken im Kontext von Nutztierhaltung und Klimawandel würden auch eingefleischte Biokunden in eine fleischlose Lebensweise abdriften. Er weiß: Ohne Rinderhaltung gibt es keinen Ökolandbau mit geschlossenen Betriebs-Kreisläufen. Mit seinem Vortrag „Braucht nachhaltiger Ökolandbau Rinder?“ ist er deshalb auf Einladung des Bio-Ring Allgäu und den Ökomodellregionen durchs Allgäu gezogen, um diese Tatsache mit zahlreichen Statistiken und Expertisen erneut ins Bewusstsein zu rufen.

Mück unterstreicht die große Bedeutung der Rinder für die Landschafts- und Bodengeschichte der Erde. „Über Jahrtausende gab es eine Koexistenz unserer Graspflanzen und -tiere mit grasfressenden Rindern“, betont er. Nur durch den Biss der Rinder würden Gras und Kräuter zu neuem Wachstum angeregt. Und das Rind könne aus dem rohfaserreichen Gras für den Menschen wichtige Nahrung erzeugen. In der menschlichen Ernährung haben die „Getreidefresser“, deren Futter sich gutteils daraus zusammensetzt, den weitaus größten Anteil am Fleischverzehr. Seit 1990 hat sich ihr Anteil an der Tierhaltung in Deutschland gewaltig gesteigert: Puten (+121%), Masthähnchen (+182%), Schweine (+6%), Legehennen (+20%). Diese Tierarten machen 82,5% des Fleischkonsums aus und stehen in unmittelbarer Konkurrenz zur menschlichen Ernährung. Rindfleisch macht nur 14,8% des in Deutschland verzehrten Fleisches aus.

Mück entwirft ein Szenario: Hätten wir 100 Prozent Ökolandbau (im Moment etwa 10 Prozent bundesweit), wäre Europa unabhängig vom Futtermittelimport, es gäbe keine Pestizide und keinen synthetischen Dünger mehr. Gesunde Ernährungsformen würden sich verbreiten (weniger tierische Nahrungsmittel, mehr Früchte, mehr Gemüse) Grünlandflächen würden ausgedehnt und extensiviert. Ebenso die Weidehaltung. Es gäbe mehr Biodiversitätsflächen. Bei einem Produktionsrückgang um 35 Prozent im Jahr 2050 würden die Treibhausgase aus der Landwirtschaft um 45 Prozent reduziert, mehr Biodiversität erreicht und natürliche Ressourcen geschützt. Mück: „Bei diesem Szenario hat die Extensivierung und Ausdehnung der Weidehaltung eine Schlüsselrolle. Dies macht die Erhaltung und Neugliederung von Grünland, die Erzeugung von Kleegras und dadurch die Bodenfruchtbarkeit möglich. Sie trägt dazu bei, die Biodiversität zu erhöhen, die Klimaveränderung zu reduzieren und ermöglicht Tierhaltung in hoher Qualität.“ Sein Credo: Rinder sind für den nachhaltigen Ökolandbau unverzichtbar. Sie verwerten Grünland und das für den Öko-Ackerbau notwendige Kleegras. Sie hinterlassen wertvollen hofeigenen Dünger, so dass kein Düngerzukauf nötig ist.

Eine Zuhörerin bei Mücks Vortrag im Allgäu, selbst Biobäuerin, warf ein: „Wir müssen den Verbrauchern klar machen, dass wer Milch möchte, auch Fleisch essen sollte. Nur wenn eine Kuh kalbt, gibt sie Milch. Wo sollen wir sonst mit den männlichen Kälbern hin?“. Das sei im Bewusstsein der Verbraucher nicht so präsent.
Quelle: Demeter Bayern | Rundbrief Nr. 147, Juni 2020| Seite 13

Wir brauchen Deine Unterstützung – jetzt!

Machst Du Dir Gedanken über die Zukunft? Lebst Du bewusst? Möchtest Du Dich gesund und frei von Gentechnik ernähren? Liebst Du Bio? Forderst Du artgerechte Tierhaltung? Kaufst Du gerne regional und fair ein? Bei uns findest Du Gleichgesinnte. Wir vertreten Deine Interessen. Lerne über uns Bio-Erzeuger, Bio-Händler und Bio-Dienstleister kennen, die so denken wie Du. Schließe Dich uns an, sei ein Teil der Zukunft, die schon begonnen hat. Durch uns hast Du eine Stimme!

Jahresbeitrag nur 12 Euro (Fördermitglied) bzw. 24 Euro (ordentliches Mitglied mit Stimmberechtigung) Euro. Hier kannst Du Mitglied werden.

Was wir leisten:
• Wir beraten Privathaushalte und Großküchen (Kita, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime)
• Wir laden ein zu Vorträgen, gemeinsamem Kochen und Besuchen bei Bio-Erzeugern
• Wir vertreten deine Interessen gegenüber Politikern
• Wir bieten bei unserer jährlichen Mitgliederversammlung ein Bio-Menü, Bio-Proben und Kontakt zu Bio-Erzeugern, -Dienstleistern und –Händlern
• Wir helfen bei Ernährungsumstellungen, Bio-Einkäufen und beim Kochen oder Bio-Essen-Gehen

Unter netz.bio und sei.bio findest Du:
• Bio-Adressen (Bio-Verkäufer, Bio-Dienstleister mit Angebot und Verkaufszeiten)
• Info-Brief (Wissenswertes aus der Bio-Welt) mit interessanten aktuellen Berichten
• Bio-Erlebnistage, Hoffeste, Reisen, Angebote und Gesuche
• mehr über uns/ Beitrittserklärungen

Noch mehr gute Gründe für unsere Arbeit:

• Warum Bio-Beratung? Viele Haushalte und Einrichtungen bedürfen der Beratung, wenn der Gedanke zu nachhaltigerem Konsum aufkommt.
• Warum Vernetzung von allen am Bio-Wirtschaftsprozess Beteiligten (Erzeugern, Händlern, Dienstleistern, Verbrauchern)? Wir wollen die Anonymität des Marktes ein Stück weit durchbrechen. Bewusste Verbraucher kennen gerne ihre Lieferanten. Und manche Unternehmer auch gerne ihre Abnehmer.
• Warum Lobby-Arbeit? Politiker handeln oft im Sinne großer Konzerne und deren Interessen. Die sind oft konträr zu denen der Verbraucher und zu einer nachhaltigen Land- und Viehwirtschaft. Wir sagen Politikern, was wir wollen und was wir nicht wollen. Und arbeiten auf diesem Felde zusammen mit gleichgesinnten Organisationen.

 

Landwirtschaft 4.0 im Ökolandbau – Digitalisierung auf dem Acker

Wie kann digitale Technik im Ökolandbau zum Einsatz kommen? Ein Besuch beim Biokreis-Betrieb der Familie Großmann-Neuhäusler in Pasenbach zeigt Möglichkeiten und Grenzen von GPS, Kameraerkennung und Gerätesteuerung. Ausschnitte aus einem Bericht von Stephanie Lehmann in bioNachrichten, Zeitschrift des Anbauverbandes Bio-Kreis, Ausgabe 2/ 2019

Autonom arbeitende Roboter, die Unkraut beseitigen, Sensoren, die bei Schädlingsbefall Meldung erstatten und Mähdrescher, die selbständig den Traktor zur Kornaufnahme anfordern – diese Technologie ist längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern erreicht nach und nach immer mehr landwirtschaftliche Betriebe. Und die Entwicklung schreitet weiter voran: Die Agrarwirtschaft steckt mitten in einer Revolution.

Für die rasanten technischen Entwicklungen, die derzeit in der Landwirtschaft zu beobachten sind, gibt es viele Schlagwörter: Precision Farming, Smart Farming, Digital Farming oder eben Landwirtschaft 4.0. Letztlich meinen sie alle das gleiche: Die Automatisierung von Prozessen und Entscheidungen in der Landwirtschaft auf Basis von Daten und Informationen.

„Ohne GPS fahren wir nicht mehr aufs Feld“
Auf dem Biokreis-Betrieb der Familie Großmann-Neuhäusler ist nicht auf den ersten Blick zu sehen, wie selbstverständlich hier bereits neue Technologien zum Einsatz kommen. In der Maschinenhalle stehen mehrere große Schlepper neben Sämaschinen und Striegeln. Erst bei genauerem Hinsehen fallen die GPS-Steuerungen auf allen Traktoren auf. „Ohne GPS fahren wir eigentlich nicht mehr aufs Feld raus“, stellt Matthias Großmann-Neuhäusler fest. Die komplette Bodenbearbeitung im Betrieb ist mittlerweile über die Satellitentechnik optimiert.

Peter Nehäusler-Großmann und seine zwei Söhnen Georg und Matthias leiten den Familienbetrieb. In Pasenbach bewirtschaften sie seit mehr als 25 Jahren etwa 500 Hektar ökologisch. Schwerpunkt der Erzeugung ist das Feldgemüse: Karotten, Sellerie, Zwiebeln, Rote Bete, Weißkraut und Blaukraut wachsen auf den Feldern. Aber auch Getreide und Kleegras werden im Betrieb angebaut.

Vor acht oder neun Jahren haben sie ihr erstes GPS angeschafft. Seitdem ist das Navigationssystem aus den Betriebsabläufen nicht mehr wegzudenken. Vor allem die Schlepperfahrer sind dankbar für die Entlastung durch die technische Unterstützung. „Wenn man den ganzen Tag grubbert, ist es einfach entspannter, wenn man nicht die ganze Zeit lenken muss“, erklärt Matthias Großmann-Neuhäusler. „Man kann nicht den ganzen Tag exakt geradeaus fahren. Da schlenkert die Spur schon mal. Beim GPS geht es einfach darum, genau auf Anschluss zu fahren und gerade Linien zu haben.“

Je genauer die Technik, desto teurer ist sie
Auch die Grundausstattung hat ihren Preis. Vom Hersteller müssen die Schlepper so vorgerüstet sein, dass sie mit dem GPS-System zurechtkommen. Das Lenkrad zum Beispiel muss über die Computersteuerung zu bedienen sein. Schafft man einen neuen Schlepper an, kostet die Vorrüstung etwa 5.000 Euro und das GPS dann noch einmal extra. Anbieter gibt es inzwischen viele am Markt und langfristig werden die Preise wohl noch weiter sinken.

Dafür lässt sich durch die technische Unterstützung auch Geld einsparen. Weil der Schlepper eine Spur präzise neben der anderen zieht, spart sich der Betrieb Zeit und auch Geld, zum Beispiel bei der Aussaat. Etwa fünf bis zehn Prozent der Kosten lassen sich so nach Schätzung von Matthias Großmann-Neuhäusler einsparen – bei einem großen Betrieb keine unerhebliche Summe. Im Vergleich mit der konventionellen Landwirtschaft, wo es darum geht durch präzisen Einsatz deutlich weniger Pflanzenschutzmittel und Dünger auszubringen, ist das Einsparungspotential im Ökolandbau jedoch verhältnismäßig gering.

Mit Gerätesteuerung und Kamera noch effektiver hacken
Eine weitere Technik, die der Familienbetrieb seit etwa fünf Jahren zum Einsatz bringt, ist die Kameraerkennung von Reihen in den Gemüsefeldern. Dabei sorgt eine zusätzlich an der Hacke installierte Kamera dafür, dass das Gerät seine Spur beim Fahren eigenständig nach links oder rechts ausgleicht. Bis auf vier oder fünf Zentimeter genau arbeitet das Hackgerät damit und kann so noch effektiver gegen unerwünschte Beikräuter vorgehen.

Ein Blick in die Zukunft: Einsatz autonomer Hackroboter
Während diese automatischen Hackgeräte auf Schlepper und exakte Reihenführung angewiesen sind, soll der Feldroboter der Zukunft völlig autonom und eigenständig auf dem Feld gegen Unkräuter vorgehen. Die mobilen Geräte sind mit anspruchsvoller Bilderkennungssoftware ausgestattet und sollen eigenständig zwischen erwünschter und unerwünschter Pflanze unterscheiden können. „Da wären wir sofort dabei!“, bekennt Matthias Großmann-Neuhäusler. „Wir beschäftigen bis zu 60 Saisonarbeitskräfte auf dem Hof, die Unkraut im Gemüse hacken. Wenn es dafür einen Roboter gäbe, das wäre super.“ Hier sieht der Betriebsleiter das größte Einsparungspotential für den Ökolandbau: Die Arbeitskräfte, die bisher per Hand das Unkraut entfernen, sind teuer. Außerdem muss man für deren Unterbringung und Verpflegung sorgen – ein erheblicher Kostenfaktor.

100 Prozent „bio“ ist machbar

Ein neuer Bericht zeigt auf, dass die europäische Bevölkerung im Jahr 2050 durch eine rein ökologische Landwirtschaft bzw. die Umstellung auf agrarökologische Methoden ernährt werden kann. Doch dafür müssen sich endlich die Agrarstrukturen in Europa und unsere Ernährungsweisen ändern.

Die Liste der negativen Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft in Europa ist lang: Die Biodiversität ist massiv geschrumpft, viele Tier- und Pflanzenarten sind bereits ausgestorben. Die Treibhausgasemissionen tragen zum fortschreitenden Klimawandel bei und Europa hat sich abhängig gemacht von der Lebens- und Futtermittelproduktion in der restlichen Welt. Der massenhafte Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngemitteln wird mit der hohen Produktivität unserer Landwirtschaft gerechtfertigt. Doch dies geschieht auf Kosten unserer Bauern und Bäuerinnen, deren Gesundheit darunter leidet, sowie zum Schaden gesunder Lebensmittel, sauberem Wasser und der Artenvielfalt. Dabei zeigt nun eine weitere Studie, dass es auch anders geht und eine nachhaltige Agrarwende möglich ist. Sie bestätigt damit eine Untersuchung von November 2017, die besagt, dass die ökologische Landwirtschaft sogar unsere gesamte und auch noch wachsende Weltbevölkerung ernähren kann.

Was wurde in der Studie untersucht?
Das Forscherteam rund um das TYFA Projekt (Ten Years for Agroecology in Europe) hat untersucht, wie viele Lebensmittel, Futtermittel, Kraftstoffe und anderes Material der landwirtschaftliche Sektor ökologisch nachhaltig produzieren müsste und könnte, ohne die globale Ernährungssicherheit zu gefährden. Die ForscherInnen entwickelten hierfür ein Szenario für das Jahr 2050 und 530 Millionen EinwohnerInnen in Europa.
Wie soll das funktionieren?

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine komplette Umstellung der Landwirtschaft auf agrarökologische Methoden umsetzbar ist. Allerdings müsse sich hierfür die Ernährungsweise der EuropäerInnen ändern – hin zu weniger Zucker und weniger Fleisch, dafür mehr Obst und Gemüse.

Häufig werden in der Agrarökolologie neben umweltbezogenen Aspekten auch soziale, ökonomische, ethische und entwicklungsbezogene Aspekte berücksichtigt. Die Agrarökologie geht also noch weiter als der Ökolandbau. Konkret hieße das laut der Studie, dass Agrarstrukturen vielfältiger werden müssen: Mehr Hecken, Teiche, Bäume und extensiv genutztes Grünland müssten unser Landschaftsbild prägen. Dadurch werden Lebensräume für Tiere und andere Insekten geschaffen, die Gegenspieler von Schädlingen sind. Außerdem dürfen weniger biologische Kraftstoffe produziert werden – Energie einsparen ist also das Motto.
W.R./ Quelle: www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen vom 04.10.2018

Ökolandbau hat Werkzeuge, dem Klimawandel zu begegnen

Liebe Leserinnen und Leser,

diesen Sommer werden wir nicht vergessen; die Rekordhitze führte zu einem Dürresommer mit besonders hohen Ernteausfällen. Nach Expertenmeinung wird die Heftigkeit von Wetterextremen in Zukunft noch zunehmen.

Die Landwirtschaft ist aber nicht nur Opfer, sondern auch mitverantwortlich für einen wichtigen Teil der Treibhausgas-Emissionen. Um die Folgen des Klimawandels zu minimieren und die Ernährungssicherheit langfristig zu sichern, muss sie jetzt die Treibhausgase reduzieren. Die Klima-Allianz Deutschland fordert eine Umkehr. (Die Klima-Allianz Deutschland ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis mit 115 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Verbraucherschutz, Jugend und Gewerkschaften. Es setzt sich für eine ambitionierte Klimapolitik und eine erfolgreiche Energiewende auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein. Ihre Mitgliedsorganisationen repräsentieren zusammen rund 20 Millionen Menschen.) Landwirte müssen aktiv auf den unvermeidbaren Klimawandel vorbereitet werden. Der Ökolandbau hat Werkzeuge dafür; er ist ein Modell für den Ausbau einer klimafreundlichen und anpassungsfähigen Landwirtschaft.

Was kann die Landwirtschaft tun?
Gerald Wehde, Leiter Agrarpolitik von Bioland e.V.: „Der ökologische Landbau muss vorangetrieben werden. Je mehr Betriebe auf nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden zurückgreifen, desto besser ist das für unser Klima. Maßnahmen sind hier eine an die Fläche angepasste Zahl von Tieren und vielfältige Fruchtfolgen auf dem Acker. Denn durch einen häufigen Wechsel der angebauten Pflanzen bleibt die Fruchtbarkeit der Böden besser erhalten. Es geht außerdem um die Rückbindung von CO2 in den Böden, das gelingt über den Humusaufbau. All dies hat den positiven Nebeneffekt, dass die Böden aufnahmefähiger für Wasser sind und dieses entsprechend länger speichern können. So sind die Pflanzen besser versorgt und es kommt zu weniger Überschwemmungen in Folge von Starkregen.“

Die Politik muss endlich handeln
“Nicht nur wegen der Dürre wird immer deutlicher, dass wir dringend eine Agrarwende brauchen. Weg von instabilen und anfälligen Hochleistungssystemen hin zu agrarökologischen Anbaumethoden, die Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft bieten und unsere Ernährung sichern“, sagt Antje von Broock vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). „Die Bundesregierung ist jetzt dringend gefordert, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und der Landwirtschaft zu helfen, ihre Bewirtschaftungssysteme nachhaltig und grundlegend zu verändern. Der Ruf nach kurzfristigen Finanzhilfen darf nicht davon ablenken, dass wir einen mittelfristigen Umbau benötigen. Mit den Milliarden der EU-Agrarpolitik könnte bereits ab 2021 mit dem Umbau begonnen werden.“

Industrielle Tierhaltung größtes Problem für Klima und Regenwald
„Die industrielle Tierhaltung ist für den Großteil der Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich“, ergänzt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Sie setzt die Treibhausgase einerseits direkt frei, aber vor allem indirekt über Regenwaldabholzungen für Sojaimporte aus Südamerika. Es ist unverantwortlich, wie viel Landfläche Deutschland in Entwicklungsländern für solche Futtermittelimporte belegt. Die deutsche Landwirtschaftspolitik sollte aufhören, auf Exporte von Fleisch und Milchprodukten in alle Welt zu setzen. Sie schädigt damit das Klima und setzt die bäuerlichen Betriebe hier einem ruinösen Preiswettbewerb gegen Billiganbieter in aller Welt aus.“
Quelle: Presseabteilung Bioland e.V. vom 16.08.18

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter