„Mit dem Wind kommen die Pestizide“

„Es gibt kein Entkommen: Der Wind trägt Pflanzenschutzmittel in den tiefsten Bayerischen Wald ebenso wie auf die Spitze des Brockens im Harz“, titelte und schrieb Erik Stecher von den Nürnberger Nachrichten am 10.10.2020 auf Seite 23.

Unsere Partner, das Umwelt Institut München e.V. und das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V. hatten die bisher umfangreichste Studie zur Frage, wie stark sich die Ackergifte über die Luft verbreiten, in Auftrag gegeben, weil Bio-Erzeuger oftmals ihre Produkte nicht als Bio verkaufen können, wenn sie Spuren von Pestiziden enthalten. Ergebnis der Studie: Pestizide sind überall in der Luft. Dem Ergebnis wurde, das war vorauszusehen, von der chemischen Industrie widersprochen. Es sei ja alles nicht so schlimm, weil es sich ja nur um sehr geringe Konzentration von Giften in der Luft handele, die gesundheitlich unbedenklich seien. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V. antwortete auf einen Offenen Brief von Peter R. Müller, Geschäftsführer der Bayer CropScience Deutschland GmbH am 23. Oktober mit einem mehrseitigen Schreiben von dem wir hier den ersten Absatz wiedergeben.

Die Studie »Pestizid-Belastung der Luft« hat für 138 Pestizid-Wirkstoffe aus landwirtschaftlichen Quellen, darunter auch den Feststoff Glyphosat, einen Ferntransport über weite Strecken vom Ausbringungsort hinweg nachgewiesen. An 163 Messpunkten in ganz Deutschland fanden sich Cocktails von im Mittel 17 Pestizid-Wirkstoffen pro Standort. Zwar erscheinen die gemessenen Konzentrationen der einzelnen Wirkstoffe in absoluten Zahlen gering. Doch die gesundheitlichen Langzeit- und Kombinationswirkungen beim Einatmen niedriger Dosierungen jener Pestizid-Cocktails in der Atemluft an praktisch jedem Ort in Deutschland sind gänzlich unerforscht. Die von Peter R. Müller vorgenommene Gleichsetzung dieser Forschungsfragen mit der Aufnahme bestimmter Konzentrationen von einzelnen Pestiziden über den Magen-Darm-Trakt ist fachlich falsch und irreführend. Dennoch nimmt das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft Herrn Müllers Gesprächsangebot an. Das Bündnis möchte den Dialog öffentlich führen – auf Grundlage der Fakten, die sich aus der Studie »Pestizid-Belastung der Luft« ergeben. Quelle: Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, Mitglieder-Rundbrief Oktober 2020, www.enkeltauglich.bio, johanna.baer@enkeltauglich.bio, +49 (0) 170 7756656

Ernährungspolitik auf vollwertiges Bio-Essen ausrichten / NutriScore unzureichend

BÖLW zum NutriScore: „Gesund und nachhaltig essen muss einfach werden“

Mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Verordnung, besteht seit November die rechtliche Grundlage, die Nährwertkennzeichnung nach dem französischen NutriScore-System freiwillig zu verwenden. Volker Krause, Vorstand für Lebensmittelverarbeitung des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), kommentiert: „Wir begrüßen grundsätzlich Maßnahmen, die nachhaltig und gesund zu essen für die Menschen einfacher machen. Damit das klappt, ist es aber wichtig, dass Bundesernährungsministerin Julia Klöckner darauf drängt, dass die Schwächen des NutriScore-Systems dringend behoben werden.

Fatal ist die Benachteiligung von Bio-Lebensmitteln. Wie kann es etwa sein, dass ein Bio-Orangensaft im NutriScore schlechter wegkommt, als ein hoch verarbeiteter Saft mit Zuckerersatz? Der NutriScore honoriert das Schöntricksen von Lebensmitteln mit kritischen Inhaltsstoffen. Ernährungsphysiologische Vorteile, die beispielsweise nachweislich in Vollkornprodukten stecken, honoriert das Label nicht. Auch der Verarbeitungsgrad, eine sehr wichtige Eigenschaft für die gesundheitliche Wirkung von Produkten, wird nicht berücksichtigt.

Der NutriScore zeigt nicht, ob ein Lebensmittel gesund oder ungesund ist. Das Label gibt lediglich an, ob etwa die eine Eiscreme eine günstigere Nährwertzusammensetzung hat als eine andere Eiscreme. Trotzdem suggeriert die Gestaltung des Labels dem Kunden unterschwellig eine ‚gesunde‘ Wahl. Wenn man drüber nachdenkt, muss aber jedem klar sein, dass viel ‚dunkelgrün‘ bewertete Eiscreme, Tiefkühl-Pizza oder Pommes frites nicht gesund sind. Die Produktkategorie-Logik des NutriScore ist deshalb für die Kundinnen und Kunden irreführend.

Damit sich eine Ernährung, die für Mensch und Umwelt gesund ist, in der Breite der Gesellschaft durchsetzt, muss noch viel passieren. Beim NutriScore und auch, was eine ganzheitliche Ernährungspolitik angeht. Halbgare, freiwillige Kennzeichnungen genügen nicht. Vielmehr braucht es eine Ernährungspolitik, die auf wirksame Ernährungsbildung setzt, auf einen hohen Bio-Anteil und frisch gekochtes Essen in Schulen, Kitas, Krankenhäusern oder Kantinen sowie Regeln, die dazu führen, dass Lebensmittel gesund sind.“

Der BÖLW fordert für die Überarbeitung des NutriScore…:
…den bestehenden NutriScore-Algorithmus zu korrigieren, vor allem bezüglich seiner Defizite in den Bereichen Vollkornanteil/Ballaststoffe, hochwertige essentielle Fette/Öle, und Kerne/Saaten.
…in die NutriScore-Bewertung den Verarbeitungsgrad und die verwendete Art und Anzahl an Zusatz- und Ersatzstoffen einzubeziehen.
…die Voraussetzungen für eine bessere Transparenz und Überprüfbarkeit des NutriScore zu schaffen.
…Fach-Persönlichkeiten mit Expertise zu den speziellen Produktionsregeln in der Herstellung von Bio-Lebensmitteln im wissenschaftlichen Beirat einzubeziehen, der die Weiterentwicklung des NutriScore-Algorithmus vorbereitet und begleitet.
…Bio als eigenständigem Qualitätskriterium im Algorithmus anzuerkennen.
BÖLW-Pressemitteilung vom 03.11.2020, presse@boelw.de

Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft 2

(Teil 1 in Info-Brief 64)
Eine alte Idee und neue Entwicklungen

Auch eine Ausbildungsfrage
Einen tieferliegenden Grund für unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem findet Eisenhut (Aufsatz im Heft 5 der Zeitschrift Die Drei, die Red.) im Denken der bestimmenden Führungseliten: „Ein Denken, das sich nur auf das Äußere konzentriert, wird für die Gestaltung von Wirtschaftsprozessen im Allgemeinen als sehr praktisch angesehen. Daß es schleichend korrumpierend wirkt, wird nicht bemerkt. Genau diese Art des Denkens gibt Steiner . . . als Grund dafür an, warum es so schwer ist, Menschen zu finden, die einen Assoziations-Bildungsprozeß in Gang setzen können: Solche Leute sind heute außerordentlich schwer zu finden, aus dem einfachen Grunde, weil aus dem wirtschaftlichen Leben heraus sich die Usance gebildet hat, daß der junge Mensch sich eigentlich von außen her trainieren läßt. Er läßt sich irgendwo hineinbringen in ein Geschäft, und indem er eigentlich mit seinen Gedanken irgendwo anders bei einem geistigen Leben ist, manchmal bei einem sehr guten, trägt er aber den Geist nicht in sein Geschäft hinein. Da ist er mit seiner Seele nicht dabei, da läßt er sich trainieren von außen, da läßt er sich geschäftlich routiniert machen; dann läßt er sich schicken irgendwohin, nach Amerika oder London, und da wird er weiter trainiert. Nachher weiß er, wie man es macht, und dann geht er zurück, und dann treibt er dies oder jenes.“(GA 337b, S. 206). Eine eigentlich geniale Formulierung, die Steiner hier für das Ergebnis der Ausbildung findet: „Er treibt diese oder jenes“, das ist die Unverbindlichkeit, die Beliebigkeit, die heute angesichts der bevorstehenden globalen Katastrophen zur Verantwortungslosigkeit angeschwollen ist.

Die Landwirtschaft trägt alles
Zum Abschluss entwickelt Eisenhut als Gegenentwurf zum bestehenden Dreisektorenmodell der Wirtschaft ein Fünfsektorenmodell, wo diesmal die Landwirtschaft in der Mitte des Wirtschaftslebens steht. Dies erscheint zunächst als völlig realitätsfern und aussichtslos, ist es aber nicht. Bei den intensiven Verhandlungen am Runden Tisch in Bayern nach dem überwältigenden Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ konnten alle Beteiligten einschließlich des bayerischen Bauernverbandes es vor Augen sehen: Die Landwirtschaft steht hier mitten in der relevanten Verantwortung, nicht einige verschrobene Steingartenbesitzer, Kreuzfahrtteilnehmer oder Rasenmähroboterfetischisten, wie es der Bauernverband zunächst propagierte. Diese deutliche Wahrnehmung gilt es festzuhalten, diese erkannte Verantwortung in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext und Konsens einzubauen, so auch die Worte des Ministerpräsidenten, aber noch viel weiter darüber hinaus mit der entscheidenden Relevanz im Wirtschaftlichen, die dazukommen muss.
Quelle: Engelhard Troll in: Demeter Bayern, Rundbrief Juni 2019

2021 – DIE ERSTE BUNDESWEITE VOLKSABSTIMMUNG

„ALLE STAATSGEWALT GEHT VOM VOLKE AUS. SIE WIRD VOM VOLKE IN WAHLEN UND ABSTIMMUNGEN […] AUSGEÜBT.“ GRUNDGESETZ ARTIKEL 20,2. Es gilt, das Grundgesetz auf Bundesebene zu verwirklichen.

Liebe Leserinnen und Leser,

gemeinsam mit anderen Initiativen will unser Partner, der Omnibus für direkte Demokratie e.V., in diesem Jahr (2021) eine erste bundesweite Volksabstimmung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland organisieren. Bürger*innen sollen über gesellschaftlich relevante Themen (z.B. Klimawandel, Freihandelsabkommen, Bienensterben, Plastik, Seenotrettung, Tierwohl, Altenpflege oder Wohnen) abstimmen können. Dafür bekommen die Bürger*innen neben den Wahlunterlagen auch ein Abstimmungsheft zugeschickt. Dieses informiert im Detail über die Themen und ermöglicht eine direkte Abstimmung. Die bewährte repräsentative Demokratie soll natürlich erhalten bleiben, aber durch Volksabstimmungen ergänzt werden. Das Instrument hat auf Länderebene bereits viele Nagelproben bestanden und gute Erfolge erzielt, wie beispielsweise das sensationell erfolgreiche Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern.

Um herauszufinden, ob so eine bundesweite Volksabstimmung für die Initiative machbar ist, wurde im Herbst 2020 eine Probeabstimmung durchgeführt. Mit durchschlagendem Erfolg. Warum also nicht auch bundesweit?

Ergebnisse der Probeabstimmung
An der Probeabstimmung haben 45.974 Bürger teilgenommen. Hier die acht Themen, die zur Abstimmung standen, und die Abstimmungsergebnisse:

1. Stimmen Sie einer gesetzlichen Verpflichtung zur Klimaneutralität bis 2035, zum Kohleausstieg bis 2030 und zur vollständigen Versorgung mit erneuerbarer Energie bis 2035 zu?
Ja = 81,47%
2. Stimmen Sie der Einführung eines deutschlandweiten Mindestlohns von 12 Euro brutto pro Zeitstunde zu?
Ja = 84,26%
3. Stimmen Sie für ein gesetzlich verpflichtendes Lobbyregister?
Ja = 93,72%
4. Stimmen Sie einer Grundgesetzänderung zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens zu?
Ja = 59,82%
5. Stimmen Sie einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung zu, das Supermärkte verpflichtet, ihre unverkäuflichen Nahrungsmittel zu spenden?
Ja = 92,23%
6. Stimmen Sie für umfassende gesetzliche Förderungen der ökologischen Landwirtschaft in Deutschland und Europa?
Ja = 92,42%
7. Stimmen Sie der Aufnahme eines Frackingverbots ohne Ausnahmen in das Wasserhaushaltsgesetz zu?
Ja = 88,54%
8. Stimmen Sie der Einführung von bundesweiten Volksabstimmungen zu?
Ja = 88,54%

Fazit: Hätten wir das Instrument der direkten Demokratie auf Bundesebene, könnte also der Souverän wichtige Fragen selbst entscheiden, würde das Leben in Deutschland ganz anders aussehen als es die gewählten Abgeordneten unter dem Druck der Lobbyisten derzeit für uns gestalten. In 15 Jahren wären wir klimaneutral, Lebensmittelverschwendung würde drastisch reduziert, ein Grundeinkommen würde die Sorge um das tägliche Brot auslöschen, ein Lohndumping wäre nicht mehr möglich, denn jeder Arbeitnehmer bekäme mindestens 12 Euro Stundenlohn und der ökologische Landbau würde stärker gefördert als bisher. Letzteres ist seit langem auch die Forderung des Bio-Verbraucher e.V. Jetzt erhält viel Geld, wer viel Fläche hat, fast egal, wie er darauf wirtschaftet. Machen Sie mit bei der bundesweiten Abstimmung in diesem Jahr: https://abstimmung21.de/

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Ritter

Eine Gemüsemahlzeit: Blumenkohl mit Möhren überbacken

Ein Rezept aus der schnellen, regionalen, saisonalen Bio-Küche

Zutaten (für 2 Personen)
1 Blumenkohl, je nach Größe 2–4 Möhren, 2 Zwiebeln, 1 Knoblauch, 2 Eier, Paprika- und Muskatnusspulver, Kümmel, Semmelbrösel, Brat-Öl

Zubereitung
Blumenkohlröschen, halbierte Möhren, Zwiebeln und Knoblauch putzen, waschen und etwa 10 Minuten in kochendem Wasser blanchieren. Blumenkohlröschen nun erst in den verquirlten Eiern, gewürzt mit Paprika, Muskatnusspulver und Kümmel, dann in Semmelbröseln wälzen und anschließend alles Gemüse etwa 10 Minuten in der Pfanne in Öl braten. Alle Teile etwa nach 5 Minuten wenden. Dazu braucht es keine Kartoffeln oder Nudeln.

Guten Appetit wünscht Wolfgang Ritter

Krankes System Billigfleisch

Offener Brief von Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand Greenpeace

Das System Billigfleisch ist krank: Der Corona-Ausbruch bei Tönnies und anderen Schlachtbetrieben liefert erneut Belege für die verantwortungslose Ausbeutung von Arbeiter*innen, die Qual der Tiere, das leichtfertige Spiel mit unserer Gesundheit und die gefährlichen Folgen für die Umwelt. Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand Greenpeace, schrieb folgenden offenen Brief an Bundesernährungsministerin Julia Klöckner, den der Bio-Verbraucher e.V. unterstützt.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

die erschreckenden Nachrichten über die massive Ausbreitung von Covid-19 in deutschen Schlachthöfen rücken die rechtswidrigen, menschenverachtenden und tierquälerischen Zustände in der Fleischproduktion erneut ins öffentliche Bewusstsein. Für die Produktion und den Export von Billigfleisch setzen Fleischbarone wie Tönnies ohne jeden Skrupel die Gesundheit von Menschen aufs Spiel.

Es ist skandalös, dass diese seit langem bekannten Missstände von der Politik und den Aufsichtsbehörden geduldet wurden. Sie tragen als Ministerin Verantwortung für die sichere Versorgung mit gesunden Lebensmitteln. Wie kann es sein, dass im größten Schlachthof Deutschlands tausende von Mitarbeitern Tag für Tag ihre Gesundheit riskieren? Warum haben Sie dem unverantwortlichen Treiben des Tönnies-Konzerns so lange untätig zugesehen?

Sie haben zum Amtsantritt als Ministerin geschworen, dass Sie das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen werden. Wir verstehen nicht, wie Sie zulassen können, dass für die Erzeugung von Billigfleisch seit Jahren geltendes Tierschutzrecht ausgesetzt und damit das Verfassungsgebot zum Tierschutz massenhaft unterlaufen wird. Sie sind stellvertretende Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union, die sich den christlichen Grundwerten und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet fühlt. Wie verträgt sich dies mit der Unterstützung einer industriellen Fleischerzeugung, für die Tiere in viel zu engen Ställen und Kastenständen gequält werden? Wie ernst nehmen Sie Ihre Pflicht zur Bewahrung der Schöpfung, wenn Sie in Kauf nehmen, dass zum Anbau von Soja, das hier an Mastschweine verfüttert wird, wertvolle Ökosysteme in Südamerika unwiederbringlich zerstört und indigene Bevölkerungsgruppen vertrieben werden?

Sie wissen, dass es nicht einzelne “schwarze Schafe” sind, die unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen oder Tierquälerei in engen Ställen zu verantworten haben. Die industrielle Erzeugung von Billigfleisch ist ein krankes System, das Tiere quält, unsere Gesundheit gefährdet, der Umwelt schadet und die Klimakrise anheizt. Deshalb brauchen wir einen grundlegenden Umbau der Tierhaltung und Fleischproduktion in Deutschland. Bis 2050 müssen wir die Produktion und den Verbrauch von Fleisch um mindestens die Hälfte senken.

Der Deutsche Ethikrat hat erst kürzlich den mangelnden Tierschutz in Deutschland unmissverständlich gerügt und Eckpunkte für eine ethisch verantwortliche Nutztierhaltung vorgelegt. „Ich kenne kein einziges Rechtsgebiet, in dem so heuchlerisch vorgegangen wird wie im Tierschutzrecht“, sagt Steffen Augsberg, Sprecher der Arbeitsgruppe Tierwohl im Deutschen Ethikrat. Er verlangt ein grundsätzliches Umsteuern in der Nutztierhaltung.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wir appellieren daher eindringlich an Sie, noch in dieser Legislaturperiode konkrete Maßnahmen zum Umbau der Tierhaltung und der Fleischproduktion in Deutschland zu ergreifen:

• Setzen Sie konsequent geltendes Tierschutzrecht durch: Mit lange geduldeten Verstößen wie der betäubungslosen Ferkelkastration, dem Kükenschreddern oder der Haltung von Sauen in engen Kastenständen muss endlich Schluss sein. Passen Sie die Nutztierhaltungsverordnungen an das Tierschutzgesetz und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Tierforschung an.
• Schaffen Sie Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher, die nicht länger Fleisch von Tieren kaufen wollen, die in engen Ställen gequält wurden. Führen Sie eine gesetzlich verpflichtenden Haltungskennzeichung für alle Fleischprodukte ein.
• Setzen Sie die Vorschläge der Borchert-Kommission zur Verbesserung des Tierwohls um. Schaffen Sie mit einer zweckgebundenen Tierwohl-Abgabe eine sichere finanzielle Basis für die gezielte Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben, die in mehr Tierwohl investieren.
• Stellen Sie mit der Verabschiedung eines Lieferkettengesetzes sicher, dass Unternehmen in Deutschland entlang der gesamten Wertschöpfungskette soziale und ökologische Standards einhalten, die eine Ausbeutung von Menschen und die Zerstörung wertvoller Ökosysteme wie dem Amazonas verhindern.
• Treten Sie dafür ein, dass die Verteilung von EU-Subventionen nach der Größe der bewirtschafteten Fläche ein Ende hat. Machen Sie sich bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dafür stark, dass mit den Steuergeldern in Milliardenhöhe nur landwirtschaftliche Betriebe gefördert werden, die gesellschaftlich erwünschte Leistungen zum Schutz von Umwelt, Arten und Klima erbringen.

Wir hoffen auf Ihre Verantwortung für eine grundlegende Reform der Nutztierhaltung und stehen Ihnen jederzeit für einen persönlichen Austausch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Kaiser/ Geschäftsführender Vorstand Greenpeace

Hier können Sie die Forderungen unterstützen: https://act.greenpeace.de/krankes-system-billigfleisch?utm_campaign=agriculture&utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_content=button&utm_term=20200908-zukunftskommission

GemueseWert

Kooperation zur Stärkung von Wertschöpfungsketten für Gemüse aus dem Nürnberger Knoblauchsland und der Öko-Modellregion Nürnberg, Nürnberger Land, Roth
Bericht von Dr. Werner Ebert, Stadt Nürnberg/ Referat für Umwelt und Gesundheit

Projektpartner
Frankengemüse eG (verantwortlich), Gemüseerzeugerverband Knoblauchsland e.V., TH Nürnberg/ Studiengang „Management in der Bio-Branche, Stadt Nürnberg/ Biometropole Nürnberg. Das Projekt begann am 01.08.2020 und läuft bis 31.07.2023

Ziele des Projektes
1. Neue Vermarktungs-Kooperationen, Vertriebswege und neue Biowertschöpfungsketten-Partnerschaften erschließen.
2. Ausmaß der regionalen Wertschöpfung steigern, d.h. bessere Preise, höhere eigene Verarbeitungsanteile, Ausweitung des Bio-Anbaus, Abbau von Umstellungshemmnissen.
3. Wissen zu Möglichkeiten und Anforderungen der regionalen Wertschöpfung bei allen beteiligten Anspruchsgruppen steigern

Wesentliche Maßnahmen
Neu eingesetzt und speziell durch das Bundesprogramm Ökolandbau gefördert wird ein/e Bio-Wertschöpfungsketten-Manager*in. Diese/r hat die Aufgabe, die Kooperation zwischen den Bio-Betrieben und auch umstellungsinteressierten Betrieben im Knoblauchsland und in der Öko-Modellregion Nürnberg, Nürnberger Land, Roth insgesamt zu intensivieren, aber auch die Zusammenarbeit und Positionierung bei Einzelhandel und Außerhausverpflegung (Großküchen) zu verbessern. Die Frankengemüse strebt dabei an, den Anteil der genossenschaftlichen Vermarktung durch Frankengemüse im Biobereich idealerweise zu verdoppeln. Um dies zu erreichen, findet eine fundierte Analyse der Marktsituation statt. Dies übernehmen Prof. Jan Niessen und Studierende der TH Nürnberg. Dabei werden Absatz- und Bezugssituation und -engpässe ermittelt, relevante (potenzielle) Marktpartner identifiziert sowie Hemmnisse und Erfolgsfaktoren für eine tragfähige, kooperative Vermarktung von Bio-Gemüse herausgearbeitet. Die Projektpartner führen zudem Weiterbildungen für Betriebe der Wertschöpfungskette und Kooperationspartner durch. Es wird im Laufe des Projektes Veranstaltungen und Fachinformationen für die interessierte Öffentlichkeit auf der Internetseite der Biometropole geben.

Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). Falls es Gemüsebetriebe gibt, die noch Interesse an einer Beteiligung haben, können sie sich bei Dr. Werner Ebert, Tel. 0911 231 4189, werner.ebert@stadt.nuernberg.de oder Franziska Distler, Tel. 0911 231 10624, franziska.distler@stadt.nuernberg.de melden.

Glyphosatklage: Bayer verliert in der Berufung

Im ersten großen Glyphosat-Musterprozess hat die Bayer-Tochter Monsanto auch die Berufung verloren. Zwar reduzierte der Richter den in der ersten Instanz verhängten Schadenersatz. Doch er bestätigte: Glyphosat ist krebserregend und Monsanto hat das verschwiegen.

Der unheilbar an Lymphdrüsenkrebs erkrankte Platzwart Dewayne Johnson war das erste Glyphosat-Opfer, das vor Gericht Recht bekam. Zu 289 Millionen US-Dollar Schadenersatz verurteilte eine Jury in San Francisco im August 2018 die Bayer-Tochter Monsanto. Später reduzierte die Richterin die Strafzahlung auf 78 Millionen Dollar. Dennoch legte Monsanto Berufung ein.

Darüber hat nun der California Court of Appeal entschieden. Das Gericht reduzierte die Strafe aus formalen Gründen noch einmal auf 20,5 Millionen Dollar (17,9 Millionen Euro). Die Summe setzt sich zu gleichen Teilen zusammen aus dem Schadenersatz, der Dewayne Johnson zugesprochen wird, und einer Strafzahlung. Denn auch das Berufungsgericht sah es als erwiesen an, dass das Pestizid Roundup die Krebserkrankung Johnsons verursacht hat und dass Monsanto die Krebsgefahr absichtlich verschwieg.

„Unserer Ansicht nach hat Johnson zahlreiche und auch belastbare Beweise dafür vorgelegt, dass Glyphosat zusammen mit den anderen Inhaltsstoffen in Roundup seinen Krebs verursacht hat“, stellte das Gericht fest. Es sah auch „substanzielle Beweise dafür, dass Monsanto vorsätzlich und bewusst ohne Rücksicht auf die Sicherheit Anderer handelte“. Aufgrund dieser Beweise hätten die Geschworenen in der ersten Instanz zurecht „böswillige Absicht“ auf Seiten Monsantos festgestellt und damit die Strafzahlung begründet.

Für Bayer ist die Entscheidung eine herbe Niederlage. Der Konzern hatte darauf gebaut, dass eine nur aus Berufsrichtern zusammengesetzte Beschwerdekammer anders urteilen würde als eine aus juristischen Laien bestehende Geschworenen-Jury. Bayer bezeichnete die Entscheidung wegen der gekürzten Zahlung als „Schritt in die richtige Richtung“; wiederholte, dass es sich bei Roundup um ein sicheres Produkt handele und kündigte an, Rechtsmittel zu prüfen. Die Klage von Dewayne Johnson und zwei weitere Musterprozesse, bei denen Bayer Berufung einlegte, sind nicht in dem Vergleich enthalten, den der Konzern Ende Juni vorstellte.
Quelle: Informationsdienst Gentechnik, www.keine-gentechnik.de, Info vom 23.07.2020

Tomatensaft, Apfelmark, Apfelmus und Radler getestet

Tomatendirektsäfte und Säfte aus Konzentrat
Öko-Test hat 20 Tomatensäfte testen lassen. Es gibt große Unterschiede in Qualität und Preis. Sechs der 14 ökologischen Säfte sind „sehr gut“ (Alnatura, Beutelsbacher, Heirler, Rossmann, Voelkel) oder „gut“ (DM). Das sind alles Direktsäfte. Fast alle anderen Säfte sind aus Konzentrat hergestellt und erreichen in der Bewertung nur „befriedigend“ (Netto, Norma, Aldi, Dohrn & Timm) oder „ausreichend“ (Amecke = Direktsaft, Dennree, Lidl). Die Direktsäfte sind teurer. Die Preise pro Liter reichen von 1,70 (DM) bis 3,99 Euro (Beutelsbacher und Heirler).

Apfelmark und Apfelmus
Alle sieben getesteten Bio-Apfelmarkprodukte schneiden „sehr gut“ ab. Die Preise liegen zwischen 1,45 Euro (DM) und 1,93 Euro je 700 Gramm (Rossmann). Ausgerechnet das konventionelle Eden Apfelmark von Heirler mit Spuren von drei Pestiziden und einem Wachstumsregulator (Bewertung „gut“) ist das teuerste getestete Produkt: 4,63 Euro pro 700–Gramm-Glas. Die drei getesteten Bio-Apfelmussorten von Aldi Süd, Aldi Nord und Lidl sind „gut“ und kosten 1,93 bzw. 1,95 Euro je 700 g. Kaufen Sie nicht die konventionellen Sorten Odenwald Apfelmus („mangelhaft“) oder Globus Apfelmus 100% Golden Delicious („ungenügend“). Beide weisen erhöhte Pestizidspuren und/oder Wachstumsregulatoren auf.

Radler
50 Biermischgetränke (üblicherweise etwa ½ Bier/ ½ Limo) wurden getestet. Kein Radler erhält die Note „sehr gut“, weil sie alle zu viel Zucker enthalten. Die vier getesteten Bio-Produkte sind „gut“ (Neumarkter Lammsbräu und Vogelsberger Landbrauereien) oder „befriedigend“ (Neumarkter Glossnerbräu und Störtebeker Braumanufaktur). Die 46 konventionellen Produkte sind mit „gut, befriedigend“ oder „ausrechend“ bewertet worden.
Quelle: ÖKO-Test, Magazin 8/2020

Fakten zu Cholesterin – sollte man aufs Frühstücksei verzichten?

Cholesterin ist eine fettähnliche Substanz, die überwiegend vom Körper selbst, der Leber, produziert wird. Es wird zur Schutzhülle für unsere Zellen gebraucht und bildet Hormone und die Gallensäure, die für gute (Fett-)Verdauung sorgt. Ein Viertel des Cholesterins nehmen wir über die Nahrung auf. Man spricht von „gutem“ und „bösem“ Cholesterin. Zum Transport des Cholesterins von der Leber in die Körperzellen durch das Blut und zurück zur Leber, muss es an Eiweiße (Lipoproteine) gebunden sein. Den Hintransport besorgt das Low Density Lipoprotein (LDL), den Rücktransport das High Density Lipoprotein (HDL). Das LDL ist das „böse“, weil es Cholesterin in die Arterienwände einbaut. Zuviel davon kann zu Verkalkung (Arteriosklerose) führen. Das „gute“ HDL kann das nur bedingt ausgleichen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Verhältnis von LDL und HDL. Liegt der LDL-Wert dreifach über dem HDL-Wert, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen an. Als gesund gelten Werte unter 130 mg/dl LDL und Werte über 45 mg/dl HDL.

Wie kommt es zu erhöhten Cholesterinwerten und welche Folgen hat das?
Wenn eine genetische Fettstoffwechselstörung vorliegt oder wenn man sich zu wenig bewegt, führt das oft zu einem erhöhten Cholesterinspiegel. Aber auch fettreiche Ernährung und zu viel Alkoholkonsum sowie bestimmte Arzneien (Kortison) oder Vorerkrankungen wie Diabetes oder Schilddrüsenunterfunktion. Auch Stress kann den Cholesterinspiegel steigen lassen. Leider merkt man erhöhte Cholesterinwerte nicht; erst eine Blutuntersuchung fördern sie zu Tage. Die Ablagerungen verengen die Blutgefäße. Das wiederum kann zu Durchblutungsstörungen, Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.

Was kann man gegen hohe Cholesterinwerte tun?
Der Arzt kann Cholesterinsenker (Statine) verordnen. Das wird er aber nur tun, wenn Risikofaktoren, wie Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck bestehen, die die Gefahr für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöhen. Statine sollen dem vorbeugen, haben aber Nebenwirkungen wie Muskelschmerzen, erhöhte Blutzucker- und Leberwerte oder Magen-Darm-Beschwerden. Besser ist eine gesündere Lebensweise: Übergewicht abbauen, auf Alkohol und Nikotin weitgehend verzichten, für regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung sorgen. Als besonders gesund gelten Omega-3- und -6-Fettsäuren, die reichlich in Fisch und kalt gepressten nativen Oliven-, Raps-, Hanf-, Walnuss- und Leinölen vorkommen. Nach verschiedenen Studien wirken sich auch günstig auf den Abbau von überflüssigem Cholesterin der Verzehr von Äpfeln, Floh- und Leinsamen, Ingwer, Walnüssen, Knoblauch, Hülsenfrüchten, Avocado und Tofu aus. Über 38 internationale Studien belegen, dass fünf bis sechs Tassen ungesüßter Grüner Tee täglich das LDL-Cholesterin herunterfahren.

Muss ich auf das Frühstücksei verzichten?
Ein Eigelb liefert 185 mg Cholesterin, doch es beeinflusst den ungünstigen LDL-Wert im Blut nicht so gravierend wie lange angenommen. Bleiben wir unter der Gesamtmenge von 300 mg Cholesterin am Tag, brauchen wir auf das Frühstücksei nicht zu verzichten.
Quelle: vital August/September 2020