Live-Diskussion zur eBioFach 2021

Die BioMetropole Nürnberg hatte auch dieses Jahr den Bio-Verbraucher e.V. als Mitaussteller zur BioFach eingeladen, die diesmal wegen Corona nur im Internet stattfand. Wir beteiligten uns mit einer Live-Diskussion mit Experten. Das Thema lautete: „The Great Reset“ – Wie könnte ein Neustart unserer Gesellschaft aussehen? Was ist uns wichtig? Wie kann die Zukunft gerechter und grüner gestaltet werden?

Unsere Experten waren Prof. Karl-Dieter Bodack, Fachmann für Sozialgestaltungen, Johannes Ehrnsperger, Chef der Neumarkter Lammsbräu, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft), Richard Mergner, Vorsitzender Bund Naturschutz in Bayern und Dr. Peter Pluschke, Umweltreferent der Stadt Nürnberg von 2010-2020. Nach der Diskussion bat ich unsere Experten, mir in wenigen Sätzen für diesen Info-Brief zu schreiben, was jetzt dringend nötig ist, damit wir wirklich einer gerechteren und grüneren Zukunft entgegen gehen. Hier die eingegangenen Antworten und meine Meinung.

Johannes Ehrnsperger
Mir ist besonders wichtig, dass den Menschen bewusster wird, wie wichtig es ist, auf welche Art und Weise unsere „Mittel zum Leben“ hergestellt werden und dass jeder von uns täglich mit seinem Konsum das Heft des Handelns in der Hand hält, ob die Welt für unsere Enkel in Zukunft noch lebenswert sein wird oder nicht. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Bewusstsein durchaus angestiegen, es gibt aber noch viel zu tun.

Dr. Felix zu Löwenstein
Wir sind in einem Wahljahr im Bund und etlichen Ländern und erste Eindrücke lassen hoffen, dass die Themen um Klimawandel und Biodiversität, Lebensstile, Ernährung und Landwirtschaft enorme Bedeutung gewonnen haben. Wenn wir wollen, dass die nächste Bundesregierung die auf diesen Feldern notwendige Transformation einläutet, dann müssen jetzt, wenn die Wahlprogramme erstellt werden, die Telefone bei den Abgeordneten klingeln. Sie müssen erfahren, dass sie sowohl Erwartungsdruck als auch Unterstützung für eine zukunftsfähige Agrar-, Energie-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik bekommen.

Dr. Peter Pluschke
Zentraler Baustein für eine gesunde, moderne Ernährungspolitik ist die Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Dazu können Bund, Länder und Gemeinden durch Verstärkung ihrer Förderansätze beitragen. In Bayern sollte das Konzept der Ökomodellregion zu einem Regelförderrahmen für die gesamte Fläche des Freistaats werden und durch spezifische Programme zur Lösung besonderer Fachaufgaben (z.B. für eine verbesserte Praxis der Tierhaltung, Entwicklung des Futtermittelanbaus zum Ersatz von importierten Soja etc.) ergänzt werden. Der Ausbau des Netzwerks der Bio-Städte und -Gemeinden (ggfs. ergänzt durch die Formierung von Ernährungsräten) kann dazu beitragen, auch die Bürgerinnen und Bürger des Landes intensiver in diese Entwicklung einzubeziehen.

Wolfgang Ritter
Es kommt darauf an, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Wen wollen wir mit unseren Einkäufen unterstützen: die Agrarindustrie mit Massentierhaltung, die Konzerne und Handelsketten oder die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die mittelständischen Verarbeitungsbetriebe, den Fachhandel? Wenn wir biologisch erzeugte Lebensmittel und Getränke möglichst aus der Region, oder fair gehandelte Produkte – auch Kleidung – aus fernen Ländern kaufen, tun wir etwas gegen den verhängnisvollen Klimawandel, für die Erhaltung der Artenvielfalt und für gerechte Preise für die Erzeuger im In- und Ausland. Über eine gerechtere, grünere Zukunft entscheidet der Verbraucher!

Interview mit Johannes Ehrnsperger, Chef der Neumarkter Lammsbräu

Die Neumarkter Lammsbräu pflegt mit dem Bio-Verbraucher e.V. seit dessen Gründung im Jahr 2004 eine ausgezeichnete Zusammenarbeit. Für viele Veranstaltungen des Vereins sponsert die Firma Getränke aus ihrem Lieferprogramm. Die Fragen stellte Wolfgang Ritter, Vorstandsvorsitzender des Bio-Verbraucher e.V., im Rahmen der eBioFach 2021.

Herr Ehrnsperger, Sie pflegen in Ihrem Unternehmen eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik. Dafür wurden Sie mit dem Felix Burda Award und von Great Place to Work als einer der besten Arbeitgeber Bayerns ausgezeichnet. Wie sieht eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik aus?

Einer der Unternehmenswerte der Neumarkter Lammsbräu ist der Wert „fürsorglich“. Von diesem Anspruch als fürsorglicher Arbeitgeber ist das Miteinander bei der Neumarkter Lammsbräu geprägt. Das bedeutet für uns, jeden als Menschen zu sehen und wertzuschätzen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „Lammsbräu-Familie“. Die Fürsorge und Verantwortung hört dabei für uns nicht an der Firmenpforte auf, sondern reicht auch bis in die Familien unserer Mitarbeiter/innen hinein. Neben unserem umfangreichen betrieblichen Gesundheitsmanagement haben wir beispielsweise auch für jede/n unserer Mitarbeiter/innen eine Unfallversicherung abgeschlossen, damit sie im Privaten ähnlich gut abgesichert sind wie im Beruf.

Neben der gesundheitlichen Fürsorge versuchen wir auch unsere Mitarbeiter/innen in ihrer jeweiligen Lebensphase ideal zu unterstützen, z. B. durch Unterstützung junger Familien bei der Kinderbetreuung oder bei der Vorbereitung des Renteneintritts für ältere Mitarbeiter, worauf wir in diesem Jahr besonders den Fokus legen. Um die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeiter für diese Unterstützungen zu kennen, finden regelmäßige Feedback-Gespräche statt, die auch die persönliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden zum Ziel haben.

Sie unterstützen durch Ihren Betrieb eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Welche Argumente könnten Sie anführen, um konventionell arbeitende Bauern und verarbeitende Betriebe zur Umstellung zu bewegen?

Die konventionelle Landwirtschaft wird derzeit häufig zum Buhmann der Nation auserkoren. Dabei trifft die einzelnen Landwirte meiner Ansicht nach tatsächlich nur wenig Schuld. Über Jahrzehnte hinweg wurde Ihnen von der vorgelagerten Agro-Industrie eingetrichtert, dass die Menschheit nur mit Hilfe chemisch-synthetischer Dünge- und Spritzmittel ernährbar sei und die Landwirte zugleich mehr wirtschaftlichen Ertrag und damit Unabhängigkeit erzielen könnten.

Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Abhängigkeit der Landwirtschaft von Agro-Chemie-Konzernen ist teils enorm, die Böden intensiv bewirtschafteter Flächen sind ausgezehrt und Rückstände von Dünge- und Spritzmitteln finden sich teils in erheblichem Ausmaß in unserem Grundwasser. Das alles nur, um unsere Lebensmittel hier in Deutschland so billig wie nur möglich zu produzieren. Den „wahren Preis“ dafür bezahlen andere bzw. er fällt an anderer Stelle an, durch z. B. erhöhte Kosten für die Wasseraufbereitung.

Das ist keine Wertschätzung, weder für unsere „Lebens-Mittel“ noch für diejenigen, die mit deren Erzeugung zu tun haben. Eine Strategie, die auch noch unseren Enkeln und deren Kindern eine lebenswerte Erde ermöglicht muss anders aussehen. Und dabei spielt der ökologische Landbau eine entscheidende Rolle.

Gesunde und humusreiche Böden sind das wichtigste Kapital eines jeden Öko-Landwirts und gleichzeitig die Grundlage für gesunde Pflanzen und damit gesunde Lebensmittel. Durch die mit dem Ökolandbau verbundene extensive Bodenbewirtschaftung werden aktiv Wasser, Klima, Artenvielfalt und Umwelt geschützt. So werden unser aller Lebensgrundlagen bewahrt und den Öko-Landwirten wird die Souveränität und Wertschätzung zurückgegeben, die sie als Stütze und „Ernährer“ unserer Gesellschaft verdient haben.

Was ist Ihnen in Bezug auf eine gerechtere und grünere Zukunft besonders wichtig?

Mir ist besonders wichtig, dass den Menschen bewusster wird, wie wichtig es ist, auf welche Art und Weise unsere „Mittel zum Leben“ hergestellt werden und dass jeder von uns täglich mit seinem Konsum das Heft des Handelns in der Hand hält, ob die Welt für unsere Enkel in Zukunft noch lebenswert sein wird oder nicht. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Bewusstsein durchaus angestiegen, es gibt aber noch viel zu tun.

Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft 2

(Teil 1 in Info-Brief 64)
Eine alte Idee und neue Entwicklungen

Auch eine Ausbildungsfrage
Einen tieferliegenden Grund für unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem findet Eisenhut (Aufsatz im Heft 5 der Zeitschrift Die Drei, die Red.) im Denken der bestimmenden Führungseliten: „Ein Denken, das sich nur auf das Äußere konzentriert, wird für die Gestaltung von Wirtschaftsprozessen im Allgemeinen als sehr praktisch angesehen. Daß es schleichend korrumpierend wirkt, wird nicht bemerkt. Genau diese Art des Denkens gibt Steiner . . . als Grund dafür an, warum es so schwer ist, Menschen zu finden, die einen Assoziations-Bildungsprozeß in Gang setzen können: Solche Leute sind heute außerordentlich schwer zu finden, aus dem einfachen Grunde, weil aus dem wirtschaftlichen Leben heraus sich die Usance gebildet hat, daß der junge Mensch sich eigentlich von außen her trainieren läßt. Er läßt sich irgendwo hineinbringen in ein Geschäft, und indem er eigentlich mit seinen Gedanken irgendwo anders bei einem geistigen Leben ist, manchmal bei einem sehr guten, trägt er aber den Geist nicht in sein Geschäft hinein. Da ist er mit seiner Seele nicht dabei, da läßt er sich trainieren von außen, da läßt er sich geschäftlich routiniert machen; dann läßt er sich schicken irgendwohin, nach Amerika oder London, und da wird er weiter trainiert. Nachher weiß er, wie man es macht, und dann geht er zurück, und dann treibt er dies oder jenes.“(GA 337b, S. 206). Eine eigentlich geniale Formulierung, die Steiner hier für das Ergebnis der Ausbildung findet: „Er treibt diese oder jenes“, das ist die Unverbindlichkeit, die Beliebigkeit, die heute angesichts der bevorstehenden globalen Katastrophen zur Verantwortungslosigkeit angeschwollen ist.

Die Landwirtschaft trägt alles
Zum Abschluss entwickelt Eisenhut als Gegenentwurf zum bestehenden Dreisektorenmodell der Wirtschaft ein Fünfsektorenmodell, wo diesmal die Landwirtschaft in der Mitte des Wirtschaftslebens steht. Dies erscheint zunächst als völlig realitätsfern und aussichtslos, ist es aber nicht. Bei den intensiven Verhandlungen am Runden Tisch in Bayern nach dem überwältigenden Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ konnten alle Beteiligten einschließlich des bayerischen Bauernverbandes es vor Augen sehen: Die Landwirtschaft steht hier mitten in der relevanten Verantwortung, nicht einige verschrobene Steingartenbesitzer, Kreuzfahrtteilnehmer oder Rasenmähroboterfetischisten, wie es der Bauernverband zunächst propagierte. Diese deutliche Wahrnehmung gilt es festzuhalten, diese erkannte Verantwortung in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext und Konsens einzubauen, so auch die Worte des Ministerpräsidenten, aber noch viel weiter darüber hinaus mit der entscheidenden Relevanz im Wirtschaftlichen, die dazukommen muss.
Quelle: Engelhard Troll in: Demeter Bayern, Rundbrief Juni 2019

In der EU-Landwirtschaft soll alles beim alten bleiben: Agrar-Mogelpackung im EU-Parlament verhindern!

Was aus Brüssel zu uns dringt, macht uns fassungslos. Am Mittwoch, 21. Oktober 2020, wird über die Neuverteilung der Agrar-Subventionen im EU-Parlament abgestimmt. Unterhändler*innen der drei größten Fraktionen – Konservative, Liberale und Sozialdemokratie – haben dafür einen faulen Kompromiss erarbeitet:

Mindestens 60 Prozent der Gelder sollen demnach weiter als pauschale Flächensubventionen ausgezahlt werden. Gleichzeitig wollen sie die Zahlungen deckeln, mit denen die Bäuerinnen und Bauern für Umweltschutz belohnt werden. Wir wenden uns in Appellen an die Politiker.

Hier kannst Du eine Petition unterschreiben: https://act.wemove.eu/campaigns/stop-subventionen-fuer-intensive-landwirtschaft?utm_source=partner_diverse

Mit Maske und Visier auf der Grünen Lust

Die Publikumsmesse Grüne Lust, der Markt für grüne Produkte und Ideen, fand/findet am 03.+ 04. und 10.+11. Oktober 2020 statt. Sie ist für den Bio-Verbraucher e.V. besonders deswegen interessant, weil man dort auch immer einige Firmenmitglieder trifft. So auch diesmal. Bei Peter Dobrick z.B. gab's Ziegenbraten in der Semmel . - Muss gegessen werden, damit die aussterbende Haustierrasse überlebt. Bei Willibald Schmidt gab's Federweißen. - Muss getrunken werden, weil er sonst vergärt. Kontaktdaten bei: www.netz.bio/ Bio-Adressen.

Der Bio-Verbraucher e.V. hatte von Bio-Firmen Warenproben für die Mitgliederversammlung zugeschickt bekommen, die an die Teilnehmer ausgegeben werden sollten. (Außerdem gibt's immer ein Bio-Menü.) Da die MV wegen Corona nicht stattfinden konnte, wurden sie nun auf der Grünen Lust verteilt. Zwei Warenprobenempfänger haben das mit einem spontanen Eintritt in den Verein honoriert. Jahresbeitrag 24 Euro.

Die Grüne Lust auf dem Wolfgangshof in Anwanden bei Zirndorf findet auch am nächsten Wochenende, 10. und 11. Oktober 2020, noch statt. Man muss sich jedoch online anmelden: www.gruenelust.de

Nachhaltige Landwirtschaft braucht Rinder

Ulrich Mück, Berater beim Demeter-Verband, nimmt die vermeintliche Klimaschädlichkeit
der Nutztierhaltung ins Visier

„Esst Bio-Rindfleisch aus regionaler Produktion!“ diesen Slogan würde Ulrich Mück vom Demeter- Erzeugerring Bayern am liebsten überall plakatieren. Denn seine Befürchtung ist: Aufgrund der vielen unbestätigten und irreführenden Zahlen und Statistiken im Kontext von Nutztierhaltung und Klimawandel würden auch eingefleischte Biokunden in eine fleischlose Lebensweise abdriften. Er weiß: Ohne Rinderhaltung gibt es keinen Ökolandbau mit geschlossenen Betriebs-Kreisläufen. Mit seinem Vortrag „Braucht nachhaltiger Ökolandbau Rinder?“ ist er deshalb auf Einladung des Bio-Ring Allgäu und den Ökomodellregionen durchs Allgäu gezogen, um diese Tatsache mit zahlreichen Statistiken und Expertisen erneut ins Bewusstsein zu rufen.

Mück unterstreicht die große Bedeutung der Rinder für die Landschafts- und Bodengeschichte der Erde. „Über Jahrtausende gab es eine Koexistenz unserer Graspflanzen und -tiere mit grasfressenden Rindern“, betont er. Nur durch den Biss der Rinder würden Gras und Kräuter zu neuem Wachstum angeregt. Und das Rind könne aus dem rohfaserreichen Gras für den Menschen wichtige Nahrung erzeugen. In der menschlichen Ernährung haben die „Getreidefresser“, deren Futter sich gutteils daraus zusammensetzt, den weitaus größten Anteil am Fleischverzehr. Seit 1990 hat sich ihr Anteil an der Tierhaltung in Deutschland gewaltig gesteigert: Puten (+121%), Masthähnchen (+182%), Schweine (+6%), Legehennen (+20%). Diese Tierarten machen 82,5% des Fleischkonsums aus und stehen in unmittelbarer Konkurrenz zur menschlichen Ernährung. Rindfleisch macht nur 14,8% des in Deutschland verzehrten Fleisches aus.

Mück entwirft ein Szenario: Hätten wir 100 Prozent Ökolandbau (im Moment etwa 10 Prozent bundesweit), wäre Europa unabhängig vom Futtermittelimport, es gäbe keine Pestizide und keinen synthetischen Dünger mehr. Gesunde Ernährungsformen würden sich verbreiten (weniger tierische Nahrungsmittel, mehr Früchte, mehr Gemüse) Grünlandflächen würden ausgedehnt und extensiviert. Ebenso die Weidehaltung. Es gäbe mehr Biodiversitätsflächen. Bei einem Produktionsrückgang um 35 Prozent im Jahr 2050 würden die Treibhausgase aus der Landwirtschaft um 45 Prozent reduziert, mehr Biodiversität erreicht und natürliche Ressourcen geschützt. Mück: „Bei diesem Szenario hat die Extensivierung und Ausdehnung der Weidehaltung eine Schlüsselrolle. Dies macht die Erhaltung und Neugliederung von Grünland, die Erzeugung von Kleegras und dadurch die Bodenfruchtbarkeit möglich. Sie trägt dazu bei, die Biodiversität zu erhöhen, die Klimaveränderung zu reduzieren und ermöglicht Tierhaltung in hoher Qualität.“ Sein Credo: Rinder sind für den nachhaltigen Ökolandbau unverzichtbar. Sie verwerten Grünland und das für den Öko-Ackerbau notwendige Kleegras. Sie hinterlassen wertvollen hofeigenen Dünger, so dass kein Düngerzukauf nötig ist.

Eine Zuhörerin bei Mücks Vortrag im Allgäu, selbst Biobäuerin, warf ein: „Wir müssen den Verbrauchern klar machen, dass wer Milch möchte, auch Fleisch essen sollte. Nur wenn eine Kuh kalbt, gibt sie Milch. Wo sollen wir sonst mit den männlichen Kälbern hin?“. Das sei im Bewusstsein der Verbraucher nicht so präsent.
Quelle: Demeter Bayern | Rundbrief Nr. 147, Juni 2020| Seite 13

Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft, Teil 1 (Teil 2 in Info-Brief 65)

Eine alte Idee und neue Entwicklungen, Beitrag von Engelhard Troll

Der vorliegende Artikel beschreibt die Schwierigkeiten, die bei der Assoziationsbildung auftreten, und zeigt, dass diese nicht zuletzt in der Form des gewöhnlichen Denkens liegen, mit der meist versucht wird, sogenannte „praktische“ Lösungen zu finden.“

Richtige Preise im falschen System?
„Praktischen Lösungen“ (sind zum Beispiel) auch solche Erzeuger-Verbraucher-Zusammenschlüsse wie die food-coops der späten 68er, das Abokistensystem, Modelle der solidarischen Landwirtschaft, aber auch solche Teillösungen, wie fairer Handel und das Maßnahmenpaket der neuen Demeter-Vertriebsstrategie. Hier sieht Eisenhut es als problematisch an, dass es sich um Insellösungen handelt, sobald ich als Erzeuger meinen durchaus gerechten Preis eingenommen habe, verlasse ich beim Beschaffen von Betriebsmitteln, Maschinen und Gütern des eigenen Bedarfs, z.B. von Kleidung, aber auch bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder dem Zahlen von Steuern diesen „geschützten“ assoziativen Bereich. So stellt er die weitergehende Idee der Assoziation die einer beschränkten Konsumgenossenschaft gegenüber und formuliert provozierend: „Richtige Preise im falschen System?“ „Doch warum müssen solche Initiativen im bestehenden Wirtschaftssystem relativ schnell an ihre Grenzen kommen? . . . Weil hier nur eine einseitige Organisation innerhalb einer Branche vorliegt. Er kommt zu dem Resümee seiner großen Entschuldigung vor den zukünftigen Generationen, wir müssen es machen wie ein Bauer: Der schaut die Wurzeln an, wenn der Baum krank ist, nicht die Zweige, das sind die Regierungen, Politiker und Konzerne.

Deshalb wird man auch innerhalb der Lebensmittelbranche zu keiner wirklichen Assoziationsbildung kommen, wenn nicht daran gearbeitet wird, wie die Preise der Lebensmittel sich zu den Preisen der Erzeugnisse anderer Branchen verhalten. Dieses Preis-Leistungsverhältnis der Branchen untereinander wird nicht zuletzt davon bestimmt, wieviel Menschen in einer Branche beschäftigt sind.

Unsinnige Beschäftigungsstrukturen – „bullshit-jobs“
Nun beschreibt Eisenhut die Rolle der Landwirtschaft im üblichen Drei-Sektorenmodell, im ersten Sektor, der Urproduktion, nimmt sie einen minimalen Randbereich ein mit 0,619 Mio. Erwerbstätigen. Im zweiten Sektor, dem produzierenden Gewerbe, arbeiten in Handwerk und Industrie 10,5 Mio. Erwerbstätige, im tertiären Sektor der Dienstleistungen die restlichen 32,5 Mio. Menschen. Nun verweist Eisenhut auf ein Buch des an der London School of Economics lehrenden David Graeber (Bullshit-Jobs – Vom wahren Sinn der Arbeit, Stuttgart 2018). Graeber beschreibt auf S. 40 „eine Form der bezahlten Anstellung, die so vollkommen sinnlos, unnötig oder gefährlich ist, dass selbst derjenige, der sie ausführt, ihre Existenz nicht rechtfertigen kann, obwohl er sich im Rahmen der Beschäftigungsbedingungen verpflichtet fühlt, so zu tun, als sei das nicht der Fall“. Vor allem in aufgeblähten Verwaltungen größerer Unternehmen und staatlicher Behörden, aber auch besonders bei Finanzdienstleistungen.

Warum hat das eine Auswirkung auf die Landwirtshaft? Weil das Gleichgewicht gestört wird, das Geld als objektiver Maßstab der Leistungsbewertung nicht mehr geeignet ist. Und er zeigt eine andere Möglichkeit auf, um das zu verdeutlichen: „Gesamtwirtschaftlich würde überhaupt keine Verteuerung eintreten, wenn in Deutschland statt 0,6 Millionen Menschen 3,5 Millionen in der Landwirtschaft tätig wären und dafür Sorge trügen, dass der Boden nachhaltig bearbeitet wird, so dass er seine Fruchtbarkeit erhält, dass die Insekten- und Vogelwelt richtig leben kann, dass die Tierhaltung von Achtsamkeit geprägt ist usw. Diese Landwirte könnten alle ein ausreichendes Einkommen haben, und es würde genügend Geld für eine gründliche und Freude bereitende Ausbildung vorhanden sein – wenn es nur gelänge, die „bullshit-Jobs“, die kein Mensch braucht, zu eliminieren. Der Einzelne müsste dann zwar einen größeren Teil seines Einkommens für die Ernährung aufwenden, dies würde jedoch dadurch kompensiert, dass andere Ausgaben niedriger ausfielen. Genau das ist aber das Ziel einer assoziativen Wirtschaft. Denn diese arbeitet darauf hin, den gegenseitigen Wert der menschlichen Arbeitsprodukte herauszufinden“.
Quelle: Demeter Bayern, Rundbrief Nr. 143, Juni 2019

Farmers for Future: Warum wir mitreden sollten

Fridays for Future ist in der Landwirtschaft durchaus umstritten – Farmers for Future auch. Das wissen wir – und sind trotzdem dabei. Wir wollen mitmischen …
Beitrag von Peter Schmidt, Biokreis-Landwirt in Gummersbach, NRW

Eines muss man den Jugendlichen von Fridays for Future lassen: Sie haben es geschafft, dass das Thema Klimaschutz dauerhaft in den Schlagzeilen gelandet ist, dass darüber geredet und diskutiert wird. Unabhängig von jeglicher politischen Meinung. Diese Leistung zählt.

Irgendwann im Zuge der Fridays for Future-Bewegung wurde auch Farmers for Future initiiert. Dahinter standen zunächst einige Bauern und der Demeter-Verband, der sich mit Biokreis, Bioland und Naturland aber schnell Partner suchte – und auch fand. Wir bei uns auf dem Hof haben durchaus länger überlegt, ob wir da mitmachen wollen. Letztlich haben wir entschieden: Ja, wir wollen. Denn wir müssen mitreden.

Zum Beispiel auf einer regionalen Fridays for Future-Demo im November. Nach dem Demonstrationszug gab es einige Redebeiträge, sogar Landrat und Bürgermeister äußerten sich. Aber auch wir als Landwirte von Farmers for Future waren eingeladen vor den Demonstrierenden zu reden. Das ist eigentlich genau die Szene, die sonst gerne die Landwirtschaft an den Pranger stellt: Rinder als Klimakiller, nur vegan rettet die Welt. So schallt es oft von den Bühnen.

Fünf Minuten waren mir gegeben. – ok, es dauerte ein wenig länger. So konnte ich erzählen, dass ohne Bauern kein Klimaschutz geht. Dass Grünland eine bessere CO2-Senke ist als der viel zu hoch gelobte Wald. Dass der Flächenverbrauch für Gewerbe- und Wohngebiete oder Straßen klimaschädlich ist und wir Grünland erhalten, während täglich hektarweise Grünland für Bauzwecke umgebrochen und vernichtet wird. Dass wir regionale Strukturen benötigen, Jugendliche, die ihr Wissen wieder auf dem Lande einbringen, die Bäcker, Sanitär- oder Energie-Experte vor Ort werden – oder eben Metzger.

Das mit dem Metzger hätte ich nicht so sagen sollen, fanden einige. Übrigens fast die Gleichen, die mit Windenergie die Welt retten wollen, aber nichts vom Energiesparen hören wollten. Verzicht und Verhaltensänderungen – nein, die bräuchten wir nicht.

Zurück zum Metzger: Da schallte es gleich aus dem Publikum, dass man doch vegan den Klimawandel aufhalten könne. Irgendwie gehen mir bei diesem Stichwort mittlerweile die Hutschnüre hoch. Denn wir Bio-Bauern wissen: Vegan rettet nicht die Welt. Weltweit sind rund 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Weideland. Also bleiben nur 30 Prozent ackerfähige Fläche. Ein echter veganer Anbau braucht rund ein Drittel der Fläche zur Produktion von Gründünger – wie man dann von 20 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche die Menschheit ernähren soll, das konnte mir bislang kein Veganer erklären. Natürlich gibt es noch andere Argumente, aber dieses kann man schnell und eindrucksvoll rüberbringen. So eindrucksvoll, dass mich der nachfolgende Redner – ein veganer Förster – regelrecht mit einer Lauchstange bedrohte. Was ihm nicht viel gebracht hat – nach der Rede kamen Teilnehmer der Demo zu mir und haben sich für diese Attacke entschuldigt. Die Punkte gingen an die tierhaltenden Bio-Bauern.

Warum ich dies alles erzähle: Zuallererst muss man mal feststellen, dass wir Bauern mit den Waldbesitzern zu den ersten gehören, die die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Zwei trockene Sommer bei uns im Bergischen Land zeigen, dass zumindest neue und besondere Herausforderungen auf uns zukommen. Die müssen wir bewältigen. Die wenigsten von uns gehören zu denen, die oft mit bestem Verdrängungsgeschick mal eben klimaschädlich von A nach B fliegen, den Kurztrip zum Einkaufen nach Paris oder London unternehmen. Stattdessen gießen die Gärtner unter uns den rissigen Boden, damit die Pflanzen den Trockenstress überstehen. Darum sind für uns die zentralen Forderungen von Farmers for Future gut zu unterschreiben.

Die Gefahr aber besteht immer, dass wir Landwirte wieder nur in die Ecke gestellt werden. Und zwar in die Ecke derer, die als Klimasünder markiert werden können. Dass Landwirtschaft auch Klimaschutz bedeutet, dass Grünland auch Weidetierhaltung braucht und vieles mehr, das wird schnell vergessen. Auch dafür ist eine Teilnahme am Netzwerk Farmers for Future sinnvoll – finden zumindest wir vom Klosterhof.

So wird in diesem Jahr bei uns auf dem Hof mindestens eine Veranstaltung zum Thema Klimawandel – Nachhaltigkeit – Landwirtschaft stattfinden. Gerne mit den jungen Menschen von Fridays for Future. Ein erster Lehrer hat sich mit seiner Klasse schon zum Thema angemeldet. Farmers for Future – das ist eben auch ein Weg, unsere Punkte in die Diskussion einzubringen. Denn die Wissenschaft ist ja durchaus auf der Seite der Bio-Bauern.
Kontakt: www.farmers-for-future.de, schmidt@biokreis.de
Quelle: Biokreis e.V., BioNachrichten, Ausgabe 1/ Februar 2020, S. 20 f

Originelle Rapunzel-Werbung
„Danke, liebe Rewe, Edeka, Lidl, Aldi, dm und Co, dass ihr so viel Werbung für Bio-Produkte macht. Wenn ihr Eure Bioprodukte mit der gleichen Begeisterung verkauft wie die 95 Prozent eures konventionellen Sortimentes, freut das unsere Umwelt sehr. Danke, dass ihr verstanden habt, dass Bio-Landwirtschaft die bessere und einzige zukunftsfähige Alternative ist.“ Echte Rapunzel-Bioprodukte finden Sie bei ebl-naturkost.
Wir machen Bio aus Liebe – seit 1974.
Quelle: ganzseitige Anzeige in der „ebl-Woche“ vom 19.-25. Februar 2020

Öko-Modellregionen werden ausgebaut – Nürnberg, Nürnberger Land, Roth bereiten Verlängerung ab 2020 vor

Die Einrichtung der Öko-Modellregionen ist ein wichtiger Teil des Landesprogramms BioRegio Bayern 2020, welches im Jahr 2012 unter dem damaligen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner ins Leben gerufen wurde, um den bayerischen Ökolandbau neben weiteren Maßnahmen in Bereich Bildung, Beratung, Förderung, Vermarktung und Forschung auszubauen.

Seit 2014 wurde die Auszeichnung dieser Sonderregionen, die auch in anderen Bundesländern nach bayerischem Vorbild Nachahmung gefunden haben, ausgeweitet: Die Landwirtschaftsressort-Chefin Michaela Kaniber stellte bereits im Sommer letzten Jahres in Aussicht, dass es neben den mittlerweile 12 Regionen ab 2019 weitere Fördermittel für mindestens sechs weitere Öko-Modellregionen im Rahmen eines neuen Wettbewerbs bereitgestellt werden, deren Bewerbungskonzept durch eine unabhängige Jury bewertet werden wird. 27 bayerische Landkreise, Allianzen und Gemeindeverbünde hatten bis Ende August 2018 Ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet.

Bestehende Öko-Modellregionen sind aufgefordert eine Verlängerung der Förderung zu beantragen. In Nürnberg, dem Nürnberger Land und Roth ist man seitens der Projektverantwortlichen bereits darüber übereingekommen, dass eine solche Verlängerung angestrebt und entsprechend vorbereitet wird.

Eine Verlängerung der größten bayerischen Öko-Modellregion bietet die Möglichkeit, einerseits die ursprünglichen Zielsetzungen (z.B. Ausbau der Stadt-Land-Kooperationen, Schaffung bio-regionaler Wertschöpfungsketten und Ausweitung des Absatzmarkts für regionale Bio-Lebensmittel) weiter zu vertiefen, andererseits neue und aktuelle Themenfelder (z.B. Herausforderungen des Klimawandels für Ernährung und Landwirtschaft) zu erschließen.

Dabei kann die Region auf die Begleitung erfolgreicher Projekte und Entwicklungen zurückblicken: z.B. haben sich drei solidarische Landwirtschaften gegründet, 30 Erzeuger- und Verarbeiterbetriebe haben auf Bio umgestellt, mit „Pomme200“ (ehem. „Pom200“) hat die Streuobstinitiative Hersbrucker Alb e.V. ein köstliches Bioland-zertifiziertes Saftschorlen-Sortiment etabliert, die Schwabacher Bäckerei Dr. Karg hat ihren Erzeugervertrag mit regionalen Bio-Dinkelbauern aufs Neue verlängert, der Landkreis Roth hat 2018 beschlossen, dass Kreisflächen aus Gründen des Artenschutzes nur noch mit im Ökolandbau zugelassenen Mitteln behandelt werden dürfen, die Stadt Nürnberg baut sukzessive den Bio-Anteil in der Kita- und Schulverpflegung aus u.v.m..
Interessierte Akteurinnen und Akteure sowie Verbraucherinnen und Verbraucher aus der Region sind daher herzlich eingeladen, diese großen und kleinen Erfolge fortzuschreiben, indem sie ihre Projektideen für eine Verlängerung der Öko-Modellregion beim Projektmanagement einbringen.
Daniel Mettke für die Öko-Modellregion Nürnberg, Nürnberger Land, Roth, Stadt Nürnberg, Tel: 0911 /231-10624, daniel.mettke@stadt.nuernberg.de,

Nürnberg, Nürnberger Land, Roth